Sag mir was Du trinkst, und ich sage Dir, wer Du bist. Nein, so arg ist es nicht – dennoch scheinen sich so manches heimische Bier und manche Gestalt des öffentlichen Landkreislebens einfach gesucht und gefunden zu haben. Pünktlich zum Fünfhundertsten des Reinheitsgebots stellen wir Ihnen also in einer launigen Serie die Biere der Region und ihre „gschleckerten“ Paten vor.
„Alkohol in meinem Büro – das gab’s bislang auch noch nicht“, empfängt uns Kruschwitz scherzend, erinnert sich aber dann doch – „gut, mal einen Schnaps mit dem ehemaligen Bürgermeister Janssen.“
Das Tegernseer Spezial ist ein Bier mit Ansage. Der reife, würzige Bruder im dekorierten Gebinde, dessen Wesen im Gegensatz zum gelegentlich als „noch grün“ und „unverbindlich im Geschmack“ gescholtenen Hellen des Herzoglichen Brauhauses von einer stolzen Fülle ist, die lange nachklingt.
Ein Tegernseer Original. Ein gutes Bier, das, wenn überhaupt, nur wegen des Dogmas der lockeren Führerscheine aus der Zeit gefallen sein könnte.
Zum Ende seiner mehr als zwanzigjährigen Amtszeit als Vorstand des Tegernseer E-Werks schließt sich für den Reinheitsgebot-Paten Kruschwitz ein weiterer Kreis. Er erinnert sich:
1969 diente ich an der Münchner Offiziersschule. Nach einem Eilmarsch unter Waffen habe ich in Weihenstephan einen Vortrag über das Reinheitsgebot gehalten. Ein Thema, das mich jetzt scheinbar in diesem Moment wieder einholt. Das Marschieren und Referieren haben mich und meine Kameraden seinerzeit recht durstig gemacht. Man sagt, wir wurden spät abends auf LKW wieder zurück nach Engelschalking verbracht.
Unsere Gläser sind noch halb voll, und wie der Tegernseer Trunk umfangen uns die Anekdoten, Standpunkte und gelegentlich beinahe „Straußschen Hintersinnigkeiten“ des gebürtigen Prieners. Instantly, wie er vielleicht sagen würde – hat er doch bei aller altbayrischer Jovialität nie verlernt, virtuos auf der Klaviatur der Internationalität zu spielen.
Obwohl Dr. Kruschwitz, wie er es zu sagen pflegt, „sein Pensionsalter schon etwas überzogen“ habe, klingt er wie ein klassischer Unruheständler, spricht von der Freude auf neue Aufgaben und neue Begegnungen rund ums Thema Energie in der Welt.
Nach erfolgtem Ringschluss und Gebietserweiterung nach Gmund sei es in Tegernsee jedoch nun der optimale Zeitpunkt, das Zepter zu übergeben:
Ich bin zufrieden jetzt und der Meinung, ein Unternehmen zu hinterlassen, das sehr gut dasteht. Personell, technisch, marktwirtschaftlich.
Nachdem man mit der zweiten Halbe Spezial der Luft im Glase beigekommen ist, dürfen wir Publikum eines beredten wie beherzten Streifzuges durch die regionale Energiepolitik sein: Von den Fischen im Weißachwerk über die Diskussion über eine Windkraftbeteiligung im Hofoldiger Forst bis hin zur Wärmepumpe im See bei St. Moritz, von Hackschnitzelheizungen und heilklimatischen Prädikaten, vom Supplement Solarenergie, weil zu volatil, von Strategien, die wirtschaftlich sind und Strategien, die es nicht sind:
Frei nach Max Weber bin ich Verantwortungsethiker und kein Gesinnungsethiker. Ich bin kein Ideologe. Ideologen sind bekanntermaßen Leute, die glauben, es aber nicht wissen.
Das Primat der Kruschwitzschen Unternehmensführung darf auf ein unumwundenes Bekenntnis zu marktwirtschaftlichen Prinzipien verdichtet werden. Eine Pflicht zur Verantwortung.
Was nützen Blütenträume, wenn man danach einen Laden wegen horrender Verluste zusperren muss.
Die Luft im Glas ist zurückgekehrt, das „Spezial“ ist ausgetrunken, das Bier ist alle. Das Tegernseer Bier ist auch ein bisschen das Bier des Paten Dr. Kruschwitz – er hat mit dem würzigen Spezial nicht nur einiges gemeinsam, es ist sogar mit seiner Energie gebraut.
Alle bisherigen Bierpatenschaften der Stimme hier im Überblick:
Teil 1: Martin Calsow und das Holzkirchner Gold
Teil 2: Elisabeth Schwojer und das Hoppebräu
Teil 3: Olaf von Löwis und die Holzkirchner Weiße
Teil 4: Kathi Ziegler und das Graf Arco Hell
Teil 5: Wolfgang Rzehak und die Hopf Weiße
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