Vieles hätte Bürgermeister Peter Höß (Wiesser Block) seinem Gemeinderat und den zusehends ermattenden Zuhörern an diesem Donnerstagabend ersparen können, hätte er sein Finanzierungskonzept gleich zu Beginn der Sondersitzung auf den Tisch gelegt. So redete man sich annähernd vier Stunden die Köpfe heiß, wie denn das Vorzeigeprojekt von Architekt Matteo Thun finanziell zu stemmen sei.
Bald wurde klar, dass das „kleine aber feine“ Badehaus keine 4 Millionen Euro kosten würde, wie sie im Haushaltplan für dieses Jahr eingestellt sind. Die Katze aus dem Sack ließ CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter. Er bezifferte die Gesamtkosten auf 6,7 Millionen Euro, einschließlich der Quellensanierung mit 1,2 Millionen, und niemand widersprach. Das eigentliche Bad wird inzwischen mit 5,5 Millionen Euro ausgewiesen. Angesichts der neuerlichen Kostensteigerung bekamen einige am Tisch kalte Füße.
„Hier ist der Punkt für mich erledigt, wenn ich bei dieser Verschuldung an meine Kinder denke“, klagte Georg Erlacher (CSU). Und Erlachers Parteifreundin Ingrid Versen erklärte: “Ich bin draußen. Keine Klinik arbeitet mit dem Jodbad zusammen. Auch nicht die Sports Medicin Excellence (SME)“, die das neue Luxushotel auf dem Jodbad-Areal errichten will.
Am Tropf der Zuschüsse
Dreh- und Angelpunkt der erregten Diskussion war die erhoffte Finanzspritze aus den Fördermitteln des Freistaats. Wie hoch diese ausfallen könnte, die Antwort blieb auch Ortsplaner Eberhard von Angerer schuldig, obwohl er deswegen schon mit der Regierung von Oberbayern im Gespräch sei. Mal machten am Ratstisch Zuschüsse von 2 Millionen Euro die Runde, es könnten aber auch weniger sein. Zunächst einmal müsse ein Antrag mit der erstellten Kostenrechnung eingereicht werden.
Doch zu diesem Zeitpunkt hielt Höß sein „geschätztes Finanzierungskonzept“ noch zurück und ließ den Spekulationen freien Lauf, obwohl klar wurde, dass es ohne eine „finanzielle Unterstützung“ für das Badehaus bei der abschließenden Abstimmung eng werden könnte. „Unabhängig von den Zuschüssen muss es weitergehen und von diesem Tisch muss ein Signal der Kraft ausgehen“, warb Bernd Kuntze-Fechner (SPD) für das neue Jodbad.
„Das Badehaus ist Teil einer Marketing-Strategie. Auch wenn die Zuschüsse nicht so ausfallen, wie wir uns das wünschen, so brauchen wir dieses, wir sind ein Kurort“, schlug Markus Trinkl (Wiesseer Block) in die gleiche Kerbe. Es wäre eine Katastrophe, wenn es dieses Bad nicht mehr geben würde, hieß es noch im Rathaussaal zu vorgerückter Stunde. Dann zog Höß sein Finanzierungskonzept aus dem Hut. Seine geschätzte Rechnung: den Verkaufserlös des Jodbad-Areal an SME setzte er mit 6,7 Millionen Euro an, die Anfang kommenden Jahres fällig würden.
Hass aus den Foren
Die Baukosten netto des Badehauses mit den erhofften Zuschüssen von etwa 1,3 Millionen rechnete der Rathaushaus-Chef auf nur noch 3,4 Millionen Euro an Gesamtausgaben herunter. Dies ergebe immer noch „verbleibende Einnahmen“ aus dem Verkauf des 10.000 Quadratmeter großen Grundstücks von 3,3 Millionen Euro. Ursprünglich hoffte man, mit dem Verkaufserlös den Schuldenberg der Gemeinde von 28,5 Millionen Euro entscheidend abtragen zu können.
Am Dienstag sagte Kämmerer Franz Ströbel an gleicher Stelle noch, wegen der Schuldentilgung sei der Haushalt für größere Investitionen „zu eng“. Nun könnte es noch enger werden, wenn die Fördermittel nicht in der erhofften Höhe fließen. Gleichwohl hatte Klaudia Martini (SPD) die Schuldigen für die angespannte Lage in Wiesse bereits ausgemacht:
Was in den Internetforen an Hass auf die Westbank abgelassen wird, sollte unsere Entscheidung nicht beeinflussen. Wir müssen eine klare Linie vorgeben.
„Hören sie doch mal auf“, fiel ihr Versen erregt ins Wort, „das ist ja nicht auszuhalten“. Letztlich unterlagen die Kritiker denkbar knapp. Mit 9:6 Stimmen wurde dem Neubau des Badehauses zugestimmt.
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