„Playboybilder schaden dem Frauenfußball!“

Lucia Holzner trägt seit 2008 das Trikot des FC Bayern München
Lucia Holzner (links) trägt seit 2008 das Trikot des FC Bayern München

Lucia Holzner aus Gmund ist 17. Sie ist jung, sportlich, attraktiv und athletisch. Und Sie spielt Fußball bei Bayern München.

Aber? Fußballerinnen haben immer noch ein Imageproblem im größtenteils von Männern dominierten Fußballsport. „Können nicht kicken“, „haben keinen Fußballverstand“ und sind alles „Mannsweiber.“ Das sind unter anderem Vorurteile, mit denen der Frauenfußball zu kämpfen hat.

Gegenwärtig steht die Frauen-WM im eigenen Land vor der Tür. Ein Sommermärchen Reloaded, wie bei der Männer-WM 2006 ist zwar nicht zu erwarten. Denn dafür ist die Entwicklung des Frauenfußballs noch nicht weit genug vorangeschritten. Dass die WM dem Frauenfußball, nicht zuletzt in Deutschland, durch eine vier Wochen lang andauernde mediale Aufmerksamkeit einen enormen Schub geben wird, ist hingegen unbestritten.

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Zweimal in Folge (2003 und 2007) ist die Deutsche Frauen-Nationalmannschaft Weltmeister geworden und gehört auch bei diesem Turnier wieder zum engsten Favoritenkreis um den WM-Titel. Ein vorzeitiges Ausscheiden ist daher nicht zu erwarten, was gut ist. Gut für den Sport sind auch Vorzeigespielerinnen wie Lira Bajramay, Alex Popp oder Nadine Angerer. In einigen Jahren wird in diesen Kreis vielleicht auch eine Spielerin aus dem Tegernseer Tal aufgenommen.

Gmunderin Lucia Holzner im Interview: “Es kann auch mal krachen”

Lucia Holzner begann mit drei Jahren mit dem Kicken und kam von der Jungenmannschaft des SV Warngau über die Zwischenstation SF Gmund-Dürnbach, mit 14 Jahren zu den Juniorinnen des FC Bayern München. Dort ist Luci, wie sie von ihren Freunden gerufen wird, zur Spielführerin der U17-Reserve sowie zur Auswahlspielerin aufgestiegen.

Auch neben dem Platz macht Lucia Holzner eine gute Figur.
Auch neben dem Platz macht Lucia Holzner eine gute Figur.

Zur neuen Saison wechselt die 17-jährige, die neben dem Fußball eine Lehre zur Industriekauffrau begonnen hat, dann zum FFC Wacker München, um dort im Erwachsenenbereich Fuß zu fassen.

Im Interview mit der Tegernseer Stimme spricht Sie über ihre sportlichen Ziele, das Playboy-Shooting ihrer Vereinskolleginnen vom FC Bayern München und über die Frauen-WM, die am kommenden Sonntag beginnt.

Tegernseer Stimme: Toll eine Frauenfußball-Expertin wie dich für ein Interview gewonnen zu haben. Am Sonntag in Berlin gegen Kanada startet das Unternehmen Titelverteidigung für die Frauen-Nationalmannschaft. Das Triple ist möglich. Wird es das Team von Bundestrainerin Silvia Neid bis in das Finale nach Frankfurt schaffen und dort den Pokal zum dritten Mal in Folge in die Höhe strecken?

Lucia: Ich hoffe es. Ein Selbstläufer wird es aber nicht. Vor allem die USA und Brasilien haben da mit Sicherheit etwas dagegen. Und außerdem: Wäre blöd wenn sie es nicht bis mindestens ins Finale schaffen. Ich habe Karten für das Endspiel am 17. Juli in der Frankfurter Arena. Die werden das schon schaukeln.

Der Titel wird von der Öffentlichkeit ja beinahe erwartet. Was passiert, wenn unsere Nationalmannschaft vorzeitig ausscheidet? Kannst du dir das vorstellen? Von Stimmung im eigenen Land ist, nicht nur im Tegernseer Tal, kaum etwas zu spüren. Emotionen kämen dann gar nicht erst auf. Oder wie siehst du das?

Lucia: Leider ist eine Vorfreude auf die WM, wie damals 2006 bei den Männern, noch nicht wahrzunehmen. Ein vorzeitiges Ausscheiden – das wäre ein riesiges Problem. Für Frauenfußball interessiert sich doch eh niemand und es gibt nur sehr wenige „echte“ Fans. Viele „Fans“ springen sicher erst ab der K.O.-Phase oder im Erfolgsfall auf den emotionalen Zug auf.

„Vorurteile gibt es nicht ganz zu Unrecht“

Man würde eine echte Chance, das Image des Frauenfußballs ins rechte Licht zu rücken, verpassen. Wie stehst du zu den vielen Vorurteilen?

Lucia: Also ganz ehrlich. Die Vorurteile gibt es teilweise nicht ganz zu unrecht. Es gibt viele „Mannsweiber“. Aber es gibt andererseits sehr viele ganz hübsche Spielerinnen. Klar. Auch das Tempo und die Athletik des Frauenfußballs sind bei weitem nicht so, wie im Männerfußball. Werden es aber auch nie sein. Da gibt es einen Unterschied wie Tag und Nacht.

Technisch und taktisch hat sich im Frauenfußball in letzter Zeit aber sehr viel getan. Da kann eine Frauenmannschaft mit den Männern durchaus mithalten und deswegen haben Frauen auch das eine oder andere Spiel gegen Männerteams bis hoch in die Kreisliga gewonnen.

Und das wir nur lieb und nett auf dem Fußballplatz miteinander umgehen, kann ich aus eigener Erfahrung verneinen. Ich habe zum Beispiel ein Tussi Image. Trotzdem kann es in Zweikämpfen schon mal ordentlich krachen. Man wird beleidigt und es fliegen auch ab und zu mal ordentlich die Fetzen.

Voller Körpereinsatz von Lucia. Den Respekt bei den Gegenspielerinnen muss man sich erarbeiteten.
Voller Körpereinsatz - den Respekt bei den Gegenspielerinnen muss man sich erarbeiteten.

Vereinswechsel zu FFC Wacker München für die sportliche Weiterentwicklung

Für dich kommt die WM im eigenen Land leider etwas zu früh. Wann sehen wir dich im Trikot der Nationalmannschaft auflaufen? Was sind deine sportlichen Ziele? Du wechselst von Bayern zu Wacker. Warum?

Lucia (lacht): An Nationalmannschaft ist zum jetzigen Zeitpunkt nicht mal im Entferntesten zu denken. Erstmal muss ich schauen, dass ich den Sprung vom Nachwuchsbereich in den Frauenfußball schaffe. Bei Bayern hätte ich, auch wegen Differenzen mit dem Trainerstab, kaum eine Chance gehabt, mich durchzusetzen und hätte wahrscheinlich kaum Spielpraxis bekommen.

Aber auch bei Wacker muss ich erst einmal einen Fuß auf den Platz bekommen. Ich werde zu Beginn wohl in der Reservemannschaft auflaufen. Natürlich will ich sobald wie möglich in die erste Mannschaft, die sich für die neue Saison das Ziel Wiederaufstieg in die 2. Bundesliga gesetzt hat.

Du hast neben dem Fußball eine berufliche Ausbildung zur Industriekauffrau begonnen. Was verdient man eigentlich als Fußballerin? Könntest du alleine vom Fußballspielen leben?

Lucia: Bei den Juniorinnen habe ich kein Geld verdient. Die Ausrüstung, also Trainingsklamotten, Schuhe und ähnliches, wurden dafür komplett gestellt. Um als Fußballerin alleine vom Sport leben zu können, musst man mindestens in der 1. Bundesliga spielen und am besten noch in der Nationalmannschaft. Fast jede Spielerin geht einem Beruf nach und spielt nebenbei Fußball.

Playboy-Shooting hat ganz klar die falschen Beweggründe

Deine noch Vereinskolleginnen haben sich jüngst vom Playboy ablichten lassen? Wie stehst du dazu?

Lucia: Das habe ich zu diesem Zeitpunkt, so kurz vor der WM, für sehr unpassend gehalten. Bei den A-Nationalspielerinnen, wie Lira Bajramay und Co., hat der Playboy auch angefragt. Mal abgesehen von den muslimischen Wurzeln, weswegen Lira das sowieso nicht machen konnte, haben alle abgesagt.

Die fotografierten Spielerinnen sind U-20 Nationalspielerinnen, die in dem Glauben gehandelt haben, dem Frauenfußball dadurch helfen zu können und ein anderes, besseres Bild von uns Frauenfußballerinnen zu vermitteln: Das haben die fünf meiner Meinung nach absolut nicht geschafft.

Es entsteht nur ein weiteres, nicht auf den Fußball und die sportliche Qualität bezogenes Image. Bilder in durchsichtigen Dressen oder komplett nackt und mit einem Ball in der Hand, vermittelt nur wieder ein anderes, aber ganz sicher nicht das richtige Bild des Frauenfußballs.

Vielen Dank für das Interview. Weiterhin viel Erfolg bei deinem sportlichen und beruflichen Werdegang.

P.S.: Public Viewing zur Frauen-WM gibt es bei den Spielen mit Deutscher Beteiligung auf Großleinwand im Rottach Feuerwehrhaus…Eintritt frei.

Die genauen Daten:
Sonntag, 26.06. 18:00 Uhr
Donnerstag, 30.06. 20:45 Uhr
Dienstag, 05.07., 20:45 Uhr

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