Hartls One-Man-Show

„Eine Bürgerversammlung ist nicht eine Versammlung der Bürger, sondern eine Versammlung des Bürgermeisters.“ Mit diesen Worten stellte Waakirchens Rathauschef Sepp Hartl gestern klar, dass nur einer reden durfte: er selbst.

Bürgermeister Sepp Hartl bei der gestrigen Bürgerversammlung in der Waakirchner Turnhalle.

„Jeder hat Rederecht, aber kein Vortragsrecht.“ So wies Waakirchens Bürgermeister Sepp Hartl bei der gestrigen Bürgerversammlung die beantragten Redebeiträge der Waakirchner Bürger ab. Alle gestellten Anträge werde man in der nächsten Gemeinderatssitzung behandeln, versprach er dafür.

Rund 150 Bürger hatten sich gestern Abend in der Waakirchner Turnhalle versammelt. Im Vergleich zum Vorjahr „erstaunlich leer“, wie einer der Anwesenden bemerkte. Erstmals gab es etwas zu essen. (Anmerk. der Red.: Richtigstellung: Auch die Jahre zuvor gab es Kleinigkeiten wie beispielsweise Wiener und Wurstsemmeln, allerdings musste man sich das Essen selbst holen. In diesem Jahr konnte man das Essen an den Tischen bestellen und wurde bedient.)

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Zusammen mit seiner Frau hatte der neue Pächter des Kegelstüberls, Christian Wieser gleich die Chance genutzt, sich den Waakirchnern vorzustellen. Und Bürgermeister Sepp Hartl erklärte gleich zu Beginn:

Eine Bürgerversammlung ist nicht eine Versammlung der Bürger, sondern eine Versammlung des Bürgermeisters, in der er seinen Rechenschaftsbericht ablegt.

Und das tat Hartl zunächst auch. Der Haushalt der insgesamt 5.750 einwohnerstarken Gemeinde habe – mit Stand vom 31. Dezember 2016 – ein Gesamtvolumen von knapp 18,2 Millionen Euro vorzuweisen. „Eine ordentliche Summe“, wie er erklärte.

Besonders deutlich sei der Sprung bei der Gewerbesteuer-Einnahme gewesen. Im Vergleich zum Jahr 2008 mit Gewerbesteuereinnahmen in Höhe von 630.000 Euro sei man jetzt bei 3,1 Millionen Euro angelangt. „Daran sieht man, wir haben sehr gut gearbeitet. Auch wenn wir nicht alle Firmen halten konnten.“ Damit sprach er auf den Wegfall von Biolink an und fügte hinzu: „Futsch ist futsch. Tut mir leid, wenn ich das so sage.“

Der Schuldenstand von 4,4 Millionen Euro schränke die Gemeinde in ihrer Leistungsfähigkeit zwar ein, so Hartl weiter, sei aber durch den Kauf des Hochbehälters für 2,5 Millionen Euro erklärbar. Im Jahresrückblick verwies der Rathauschef mit Stolz auf die Verschönerung und Erweiterung des Löwendenkmals, das nun auch beleuchtet ist. „Jetzt haben wir wirklich ein Denkmal, auch für die Menschen, die ihr Leben gelassen haben.“

Den Tunnel im Fokus

Nach einer kurzen Pause verlas Hartl dann die Anträge der Bürger und ließ lediglich Fragen zu. Lars Hülsmann, Vorsitzender des Vereins „Entlastung B472“, nutzte dennoch die Gelegenheit, in einer mehrminütigen Rede einen Appell an die Bürger zu richten.

Das Thema „Ortsumfahrung“ wird uns noch die nächsten Jahre beschäftigen. Mit der Unterschriftenliste für einen Tunnel als Alternative zur geplanten Ortsumfahrung haben wir eine bestmögliche Lösung in Gang gesetzt. Wir glauben an einen Tunnel.

Ohne Einigung hätte man jedoch keine Chance auf Durchsetzung des Tunnel-Projekts, da man offiziell kein Mitspracherecht habe, so Hülsmann weiter. Das Dümmste wäre jetzt, sich über „37 Alternativen“ zu streiten. „Wir alle haben nur einen Schuss“.

Knapp 150 Bürger versammelten sich gestern in der Turnhalle. Einige Tische blieben unbesetzt.

Landwirt Xaver März, der ebenfalls einen Redeantrag gestellt hatte, ließ den Bürgermeister wissen: „Im letzten Jahr war das Reden noch erlaubt. Das ist ja lachhaft, wenn ich jetzt nichts mehr sagen darf.“ Er zählte die Nachteile der geplanten Südumfahrung sowie einer möglichen Nordumfahrung auf und schlug einen neuen Trassenverlauf vor. „Am besten gibst Du den Vorschlag so ans Straßenbauamt weiter“, empfahl ihm Hartl und fügte hinzu: „Wir sind keine Experten.“

Auch Wolfgang Eckerer bat den Bürgermeister in seinem Antrag um eine aktuelle Einschätzung des Projekts „Ortsumfahrung“. Hartl hielt sich jedoch mit konkreten Aussagen und Vorschlägen zurück, plädierte aber für Zusammenhalt.

„Eine Analyse ist in Arbeit und kommt im Juni oder Juli. Die Gemeinde hat die Angebote zweier Experten eingeholt, von denen entweder einer oder beide mit ins Boot geholt werden. Auf alle Fälle sollten wir so weiterkämpfen wie bisher. 3.500 Unterschriften sind ein Beweis dafür, dass wir zusammenhalten.“

Die in diesem Zusammenhang von der Bürgerinitiative Verkehr (BI) schriftlich eingereichte Frage, ob die Gemeinde bereit sei – ähnlich wie die Gemeinde Warngau – Lärmschutzmaßnahmen eventuell selbst zu finanzieren, beantwortete Hartl damit, dass er dafür keine Zusage geben könne. „Das Projekt geht ja über Generationen hinaus. Wir wissen zudem noch gar nicht, welche Maßnahmen letztendlich nötig sind.“

Sepp Hartl im Gespräch.

Er wolle die bestmögliche Lösung für Waakirchen, so der Bürgermeister. „Das kann ein Tunnel sein, aber auch zwei oder drei oder auch eine Umgehungsstraße.“ Deshalb lasse man sich bei diesem „sensiblen Thema“ von Fachleuten beraten. Die Gemeinde bleibe bei ihrer Haltung, diesbezüglich keine Vorschläge zu machen.

Manche Bürger gaben sich am Ende der Veranstaltung damit nicht zufrieden. Sie vermissten eine Vision. „Auf der einen Seite sollen wir aktiv mithelfen, auf der anderen Seite stad sein.”

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