“Heimatidylle nicht nur verkaufen”

Die Szene wäre tauglich für einen Heimatfilm über raffgierige Baulöwen. Der Kreistag genehmigte gestern das Projekt „Filmregion Tegernsee – Schliersee“. Rottachs Bürgermeister Christian Köck nutzte in diesem Zusammenhang die Gelegenheit: Er übte klare Kritik an Landrat Wolfgang Rzehak.

Gestern kam es bei der Kreistagssitzung zu einem Disput zwischen Christian Köck und Wolfgang Rzehak.

Jetzt geraten Rottach und Landratsamt aneinander: Auslöser für den Disput war die Genehmigung von 10.000 Euro Gesamtkosten, um den Landkreis bei Filmschaffenden werbewirksam zu vermarkten. Denn Produktionsteams und Zuschauer sollen den Landkreis ab sofort als „Filmregion Tegernsee-Schliersee“ erleben. Dazu sollen Datenbanken mit entsprechenden „Locations“ als Drehorte geschaffen werden, sowie Hinweise für „Filmtouristen“, wo welche Filme und Serien entstanden.

„Wenn wir diese Attraktion als Filmregion erhalten wollen, müssen wir in Rottach auch eine stringente Baupolitik machen können“, mahnte Bürgermeister Christian Köck (CSU).

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Wenn wir Dinge aus Überzeugung kleiner machen wollen, um eine Flächenversiegelung zu verhindern, weil wir manche Vorhaben sehr kritisch sehen, dann brauchen wir die Unterstützung, um auch künftig noch eine attraktive Region zu sein.

Man könne nicht eine kitschige Heimatidylle nur nach außen verkaufen. Man müsse auch darauf achten, „dass die Region bis zu einem bestimmten Grad erhalten bleibt“, die auch weiterhin für Gäste attraktiv bleibe. Was Köck ansprach, war die Tatsache, dass seine Gemeinde zuletzt sehr viele Bauanfragen auf den Tisch bekam, die der Ortsplanungssatzung nicht in Größe und Aussehen entsprachen.

Meist wurden diese Anträge abgelehnt, aber durch das Einvernehmen des Landratsamtes ersetzt. Nun versucht Rottach dem Bauboom und der Veränderung des Ortsbildes mit mehr Bebauungsplänen entgegen zu wirken. Doch für viele exklusive Lagen kommt dies bereits zu spät. Dort hat die Filmidylle bereits kräftige Schrammen. „Rottacher Verhältnisse“ sind inzwischen ein stehender Begriff.

„Rottach muss längerfristiger planen“

„Da, wo ihr rechtsmäßig das Einvernehmen verweigert, unterstützen wir euch“, nahm Landrat Wolfgang Rzehak (Grüne) den Ball von Köck auf. „Aber wo ihr gegen das Gesetz handelt, können wir euch nicht unterstützen“.

Denn seine Bauverwaltung urteile nur nach Recht und Gesetz. Jeder Gemeinderat und Bürgermeister müsse sich vorher überlegen, wenn er das Einvernehmen verweigert, ob das Bauvorhaben mit dem Gesetz vereinbar ist. Rzehak äußerte sich bestimmt:

Dann muss man in Rottach längfristiger planen und Bebauungspläne aufstellen. Ihr versucht es ja jetzt. Aber wir werden nicht gegen das Gesetz Bauvorhaben verhindern, weil wir dann schadensersatzpflichtig werden.

Zuvor warb Rzehak mit dem Imagegewinn für den Landkreis durch das Projekt „Filmregion“, das gemeinsam von der Standortmarketing Gesellschaft SME und der Alpenregion Tegernsee-Schliersee ATS im vergangen Jahr ins Leben gerufen wurde. Als Beispiel der Werbewirksamkeit für die Drehorte nannte er die TV-Krimiserie „der Bulle von Tölz“ mit Ottfried Fischer.

Diese Filme hätten viele Urlauber angezogen, „obwohl die Hälfte der Szenen im Landkreis Miesbach gedreht wurde“, wusste Rzehak. Es gebe Filmtouristen, die den Schauplätzen nachreisen würden. Umgekehrt sei es auch mit dem „Bayern auf Rügen“. Solche Serien seien als Werbung für den Landkreis unbezahlbar.

TV-Teams lassen viel Geld da

Mit dem Filmregion- Projekt sollen auch möglichst viele Fernsehschaffende in den Landkreis gelockt werde, so ATS-Vorstand Harald Gmeiner. Allein durch die Produktion entstehe schon eine enorme Wertschöpfung. Nach der Ausstrahlung wolle man dann auch den Zuschauer näher an die jeweiligen „Locations“ bringen.

Wenn nun die sehr aufwändige Produktion „Frühling“ in Bayrischzell gedreht werde, bringe dies auch einen „regionalwirtschaftlichen Effekt“ mit einer Wertschöpfung von 9.000 Euro am Tag. Immerhin müssten etwa 60 Filmschaffende zwei Monate untergebracht und bewirtet werden. Da komme dann für den Landkreis bei dem 90-minütigen ZDF-Film schon etwas zusammen.

Wenn dann solche Filme zur besten Sendezeit im „Herzkino“ ausgestrahlt werden, habe dies einen unbezahlbaren Werbeeffekt. Denn eine Werbeminute koste am Abend 36.000 Euro. Daher es von hoher Effektivität, wenn hier in der Region Filme gedreht werden.

Sich selbst treu bleiben

Für SPD-Fraktionssprecher Martin Walch falle die Finanzierung des Projekts Filmregion eigentlich in die Zuständigkeiten von SME und ATS, denn beide Gesellschaften würden auch einen Haushalt aufstellen. „Da sollte dieser Betrag von 6.000 Euro eigentlich drin sein”, den der Landkreis beisteuere.

Er wolle aber nicht, dass der Kreistag künftig über Dinge entscheide, die die beiden Gesellschaften zu verantworten haben. „Sonst ufert dies immer mehr aus“, monierte Walch. Dennoch habe er bei dieser Summe kein Problem, hier zuzustimmen. Die Frage aber für ihn sei, was bringt uns das konkret an Touristen. Dies quantitativ zu erfassen, sei sehr schwierig, entgegnete Gmeiner.

Aber als Beispiel nannte der die geplante Ausstrahlung des „Frühlings in Bayrischzell“. Er gehe davon aus, dass am Tag danach bei der ATS den ganzen Tag die Telefone mit Anfragen nicht stillstehen würden. Dies sei schon ein Indikator. Thomas Mandl (SPD) mahnte, sich treu zu bleiben. Man könne nicht auf der einen Seite den Massentourismus beklagen und auf der anderen Seite die Leute „in die Locations locken“.

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