Gesund – aber kein Stück sexy

Zu lange hat der Kurort darauf gesetzt, dass bei ihm die stärkste Jodschwefelquelle Deutschlands sprudelt. Das alleine genüge heute nicht mehr, hieß es am Donnerstag bei einem Pressegespräch im Wiesseer Rathaus, „denn Wannenbäder sind nicht mehr sexy“.

Das Foto zeigt: Helmut Karg, Marketing-Berater der Gemeinde Bad Wiessee, Jodbad-Chefin Renate
Zinser und Bürgermeister Peter Höss anlässlich des Pressegesprächs im
Rathaus.

„Wir hatten keine großen innovativen Ideen, wie wir das Badehaus zum Laufen bringen“, räumte Wiessees Bürgermeister Peter Höß ein. Nur das neue Ambiente allein genüge sicher nicht. Deshalb sei er froh, Helmut Karg von der HKH Management kennengelernt zu haben. Von ihm seien entscheidende Impulse gekommen, „worauf wir achten sollten“.

Karg wurde in der April-Sitzung des Gemeinderats einstimmig mit der Vermarktung und Entwicklung des Badekomplexes beauftragt. Seine Aufgabe ist es nun, das Badehaus, das von Architekt Matteo Thun entwickelt wurde, in einen „einigermaßen wirtschaftlichen Bereich“ zu führen. Ein schwieriges Unterfangen, denn der Begriff Jodschwefelbad sei nicht positiv besetzt. Die Gründe erklärt der Gesundheitsexperte:

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Der Markt, das Anspruchsdenken und das Konsumverhalten im Gesundheitsbereich haben sich verändert.

Dabei weiß Karg, von was er spricht. Er hatte auch schon das Johannesbad in Bad Füssing auf Vordermann gebracht. Dort, wie auch in Wiessee, gebe es das gleiche Problem: die mangelnde Attraktivität von Wannenbädern. Diese seien nicht mehr „sexy“, befand Karg, „wir aber wollen sie wieder sexy machen“.

Pilotprojekt mit der Orthopädischen Klinik?

Das Angebot für Privatzahler müsse anders verpackt und attraktiver gemacht werden, ohne die Kassenpatienten zu „diskriminieren“. Karg verglich sein Vorhaben mit einem Flugpassagier. In der Economy-Klasse werde dieser genauso schnell und sicher an den Zielort befördert, wie ein Fluggast im Businessbereich. Doch dessen Mehrwert sei mehr Beinfreiheit und eine entsprechende Bordverpflegung. Dies sei ein Mehrwert, den auch der Patient freiwillig in Anspruch nehmen könne, wenn er möchte. Wenn nicht, bleibe dennoch die Heilwirkung des Wassers.

Höß und Karg waren sich einig, dass man das Wohlbefinden im Badehaus und die Lust zum Verweilen steigern könne, ob mit einem Drink an der Saftbar oder einer Massage. Auch für die Kassenpatienten müsse die Verpackung attraktiver gestaltet werden, gab Karg zu bedenken. Da er die entsprechenden Leute der DRV in der Orthopädischen Klinik in Tegernsee kenne, halte er auch dort ein Pilotprojekt zur Heilkraft des Wassers für möglich. Wenn diese Überzeugungsarbeit gelinge, hätte dies einen Strahleffekt. „Denn wir wollen aus Kassenpatienten Selbstzahler machen“.

Demnächst nutzen 200 Chinesen das Jodbad

Dies geschehe jetzt schon, hakte Jodbad-Chefin Renate Zinser ein. Etliche Kassenpatienten, die nur alle drei Jahre eine Kur genehmigt bekommen, würden jetzt schon die Jahre dazwischen als Selbstzahler kommen. Laut Höß würde auch der nahe gelegene Medical-Park immer mehr Patienten schicken, um die Reha mit Jodbädern zu ergänzen. Und Zinser betonte:

Mit dem Medical-Park gibt es nun ein neues Konzept. Die werden uns jetzt für eine Präventionswoche 200 Chinesen schicken.

Weniger das neue Badehaus, das der Gemeinderat vor zwei Wochen genehmigte, ist Kargs Problemfall, sondern der in die Jahre gekommene Badepark. Beide aber will er künftig als das Herzstück von Bad Wiessee unter die Leute bringen. Das ist ein „Gesamtpaket“, so Karg. Voraussetzung sei „unbedingt auch ein Facelifting des Badeparks“, damit er nicht zu sehr gegen den Neubau des Badehauses abfalle.

Der Wiesseer Badepark ist in die Jahre gekommen / Archivbild

Doch dieses allein genüge nicht, auch im Innern müsse etwas geschehen, monierte Höß. Nur noch ein paar Jahre sei dort der Betrieb so aufrechtzuerhalten, ergänzte Karg. Er habe aber den Auftrag, den Badepark sukzessive an den Neubau heranzuführen. Damit wäre auch das Ende der Interimslösung im Obergeschoss absehbar. Dort finden derzeit die Anwendungen statt, um dem Anspruch eines Badeorts noch gerecht zu werden.

In dem Provisorium gebe es oftmals Probleme mit der Technik, so Zinser. Derzeit werde an der Optimierung der Lüftung und der Wassertemperatur gefeilt. Doch mit dem geplanten Badehaus hätte ihr Team eine Perspektive, dass es weitergehe. Dies wird nächste Woche werbewirksam untermauert, wenn Höß in München von Wirtschaftsministerin Ilse Aigner der Förderbescheid über 3,1 Millionen Euro für das Badehaus überreicht wird. Karg passt dieser Fototermin sicher gut in sein Marketingkonzept.

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