Flächenfraß? Egal. Landschaftsschutzgebiete? Egal. Immer mehr Grünflächen fallen der Bauwut im Tal zum Opfer. Sie zu erhalten, das sieht die Schutzgemeinschaft Tegernseer Tal (SGT) als ihre Hauptaufgabe an. Doch was genau die Verantwortlichen gegen die Bauwut machen, wird nicht immer klar.
Dabei ist die Vision der SGT eigentlich simpel: Bauvorhaben müssen gedrosselt und der Verkehr reduziert werden, um die Einzigartigkeit der Natur zu erhalten. Dem Bauwahnsinn, der Goldgräber-Stimmung bei den Investoren müsse Einhalt geboten werden, so lautet das Credo, das sich die Gmunder Vorsitzende Angelika Brogsitter-Finck auf die Fahne geschrieben hat.
Beton statt Bäume
Eine Studie der Österreichischen Akademie der Wissenschaften hätte aufgezeigt, so Brogsitter, in welchem Ausmaß sich das Tal allein durch Immobilien-Spekulationen verändert hat: Die Zahl der Zweitwohnsitze steigt, Einheimische werden verdrängt und eine städtische Lebensweise nimmt zu. Wie Tegernsees Bürgermeister Johannes Hagn ihrer Ansicht nach richtig bemerkte:
Jeder der hierher kommt und baut, muss sich darüber klar sein, dass er die Natur zerstört, die er sucht.
Also stellte sich die SGT in der Vergangenheit immer wieder quer. Kämpft gegen den Trend großer Einfamilienhäuser mit Tiefgaragen an – wegen den Grundwasserströmen, sagt Brogsitter. Kritisch sehe man auch die Pläne der Frischzellen-Klinik an der Perronstraße, oder die Waakirchner Ortsumfahrung, die aus Sicht der Schutzgemeinschaft nicht das Verkehrsproblem lösen wird.
1.000 Unterschriften hatte man auch gegen das von Michael Käfer geplante Almdorf gesammelt. Doch trotz mehrerer Aufklärungsveranstaltungen, die die SGT organisiert hat, und die sich mit dem Schutz der Natur und dem Thema Nachhaltigkeit befassen, hört man in der Öffentlichkeit aktuell kaum etwas vom Einsatz der selbsternannten Tal-Schützer.
Wo sind die Schwachpunkte der SGT?
Doch warum nutzt die SGT die derzeit herrschende öffentliche Wahrnehmung zur Bauwut am Tegernsee nicht, geht auf die Straße oder mobilisiert alle ihr zur Verfügung stehenden Möglichkeiten, um die Problematik anzusprechen? Warum werden keine Lösungsansätze geboten oder Visionen aufgezeigt? Angela Brogsitter wiegelt ab:
Wir sind eine kleine Truppe von sechs Mann im Vorstand. Unsere Mitglieder sind rund ums Tal verstreut. Wir können nur sensibilisieren, die Bevölkerung durch Veranstaltungen auf bestehende Probleme aufmerksam machen und auf deren Mithilfe hoffen.
Sie kämpfe jeden Tag gegen die bauliche Entwicklung im Tal, schreibe Stellungnahmen oder setze sich mit besorgten Bürgern auseinander. Doch allein sei das nicht zu schaffen. Der Verein habe zwar 450 Mitglieder, doch der größte Teil sei allenfalls schweigend beteiligt.
Angst vor Klagen
Vergessen dürfe man auch nicht, dass jedes Engagement möglicherweise zu einer Klage führen könne, was wiederum ein Vermögen kostet. So wie die Klage gegen Kaltenbrunn beispielsweise. „Es ist schnell mal ein Anwalt im Spiel, wenn jemand seine Baupläne durchsetzen will“, befürchtet Brogsitter.
Doch nur gemeinsam könne man den Boden, das Wasser und die Luft im Tegernseer Tal schützen, sagt sie. Die Gemeinden seien dagegen mit ihren Bebauungsplänen gefordert und könnten so konkreten Einfluss auf die Entwicklung nehmen. Ganz im Gegensatz zur SGT. Und so klingt das derzeitige Resumee der “Tal-Schützer” wie ein leiser Abgesang: “Wissen Sie, ohne die Bürger sind wir hilflos.”
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