Bierschneiders Wettlauf mit der Zeit

Vor drei Tagen – kurz bevor sich die Gemeinde Kreuth das Vorkaufsrecht an der May-Klinik per Gemeinderatsbeschluss sichern wollte – tauchte im Rathaus plötzlich ein potentieller Käufer auf. Für den Bürgermeister bedeutete das höchste Alarmstufe.

Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU) hat sich den Zugriff auf die May-Klinik gesichert.

Gestern Abend sollte im Kreuther Gemeinderat per Beschluss eine Vorkaufsrechtssatzung für das 50.000 Quadratmeter große ehemalige Krankenhausgelände Dr. May erlassen werden (wir berichteten). Damit sollte sichergestellt werden, dass die städtebaulichen Ziele der Gemeinde in einem künftigen Bebauungsplan auch verwirklicht werden.

Doch Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider (CSU) war schneller. Bereits einen Tag vor Sitzungsbeginn hatte er die Vorkaufsrechtssatzung im Alleingang erlassen. Ohne Abstimmung mit dem Gemeinderat. „Wegen dringender Eilbedürftigkeit aus aktuellem Anlass“, wie er seinen Ratsmitgliedern mitteilte. Sein Handeln ließ er sich gestern einstimmig von seinen Sitzungsmitgliedern absegnen. Einwände gab es keine.

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Kreuth sichert sich „Zugriff“ auf May-Klinik

Dieser „Anlass“ war ein vor zwei Tagen wie aus dem Nichts aufgetauchter potentieller Käufer aus Berlin, der sein Konzept beim Rathauschef präsentieren wollte. „Ein Immobilienhai“, wie Bierschneider gestern betonte. Anders als von dem Investor gegenüber der TS dargestellt, habe er diesen „nicht bedroht“, sondern lediglich ein hieb- und stichfestes Konzept von ihm verlangt und darauf hingewiesen, man müsse dies erst per städtebaulichem Vertrag absichern.

Ohne vernünftiges Konzept schreit kein Gemeinderat „Hurra“ oder rollt den roten Teppich aus.

Recherchen über den potentiellen Käufer hätten außerdem ergeben, so Bierschneider, dass es sich bei dem Berliner um einen Immobilien-Spekulanten handele, der dafür bekannt sei, „Grundstücke zu kaufen und hochpreisig weiterzuverkaufen“. Würde dieser jetzt, so wie in der Presse angekündigt, den Kaufvertrag für das Grundstück unterschreiben, wäre die Gemeinde ab diesem Zeitpunkt verpflichtet, innerhalb von zwei Monaten ihr Vorkaufsrecht an der May-Klinik auszuüben.

Hintergrund: Das Vorkaufsrecht ist eine der umstrittensten und schwerwiegendsten Entscheidungen, mit denen eine Gemeinde auf fremdes Eigentum Einfluss nehmen kann. Kritiker bezeichnen es als Enteigung. Befürworter sprechen von legitimer ortsplanerischer Einflussnahme. Die Gemeinde eliminiert damit den Markt, in dem sie per Satzung andere Käufer im Grunde augrenzt. Darüberhinaus kann sie indirekt durch die Änderung der Satzung auf den Kaufpreis bis zu einem gewissen Punkt Einfluss nehmen.

„Das setzt uns unter Zugzwang“, so Bierschneiders Erklärung. Denn die Summe, die die Gemeinde im Jahr 2015 dem Noch-Eigentümer der May-Klinik – der Cooley Group – angeboten hatte, lag mit 2,8 Millionen Euro weit unter dessen Vorstellungen von rund vier Millionen Euro. Kreuth zahle aber keine „utopischen Summen“ für das Objekt, wie der Kreuther Bürgermeister immer wieder betonte.

Im Auftrag des Gemeinwohls

Da die Vorkaufsrechtssatzung im Rahmen dieser „dringlichen Angelegenheit“ allein nicht ausreiche, wie Bierschneider gestern erklärte, müsse man in diesem Zusammenhang ebenso über eine Änderung des Flächennutzungsplans und über einen städtebaulichen Vertrag nachdenken. Einstimmig genehmigte der Gemeinderat daraufhin, die Fläche der May-Klinik vom „Sondergebiet Klinik“ in eine „Gewerbefläche samt Wohnbaufläche für ein Einheimischenprogramm“ umzuwandeln.

Ein entsprechendes Entwicklungskonzept für den geplanten Bau von Sozialwohnungen soll zusammen mit einem Städteplaner durchgeführt werden. Auch das genehmigten die Kreuther gestern einstimmig. Mit der Änderung des Flächennutzungsplans ist nun das eingetroffen, was der Investor befürchtet hatte: Eine Grundstücksnutzung im Sinne der Gemeinde. Damit ist die Fläche für den Berliner quasi „wertlos“, der an dieser Stelle ein familiengeführtes Hotel errichten wollte.

Freie Wähler stehen geschlossen hinter Bierschneider

Im Zuge der Änderungen beschlossen die Ratsmitglieder ebenso einstimmig, das Sondergebiet „Bildung“ in Wildbad Kreuth gleich als Sondergebiet „Klinik“ in den Flächennutzungsplan mit aufzunehmen. Auch die Parkplatzfläche an der Nördlichen Hauptstraße wurde einstimmig mit aufgenommen. Eine Wortmeldung kam von Markus Wrba (FWG). An den Bürgermeister gewandt sagte er:

Unsere Fraktion steht zu 100 Prozent hinter dir und unterstützt deine Verhandlungsposition. Jeglichen Immobilien-Spekulanten geben wir keinen Raum. Wir wollen das Grundstück für unsere Einheimischen.

Der potentielle Investor erklärt dagegen auf Nachfrage, den Kaufvertrag – wie angekündigt – in den kommenden zwei Wochen unterschreiben zu wollen. Man sei derzeit noch in Abstimmungen mit den Verantwortlichen der Cooley-Gruppe, denen das Areal gehört. Doch die Verträge seien, so der Berliner, entworfen. Und er kündigt an: “Ich kaufe die May-Klinik trotzdem”.

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