“Der Schliersee ist touristisch mindestens zwei Etagen tiefer”

Der Apotheker Andreas Obermüller ist seit zehn Jahren Stadtrat in Tegernsee und dort Fraktionsvorsitzender der Freien Wähler.

Wie schon Wolfgang Rzehak, Fraktionsvorsitzender der Gmunder Grünen haben wir auch Obermüller ein paar Fragen im Rahmen unserer Serie “Frag den Vorsitzenden” zur Tal-Politik gestellt. Seine Antworten sind direkt und selbstbewusst. So wie man es von Obermüller gewohnt ist.

Die Vorstandschaft der Tegerseer Freienwählergemeinschaft (v.l.): Barbara Bourjau, Andreas Obermüller, Max Stühler.
Die Vorstandschaft der Tegerseer Freienwählergemeinschaft (v.l.): Barbara Bourjau, Andreas Obermüller, Max Stühler.
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Hallo Herr Obermüller, fangen wir direkt mit einem schwierigen Thema an. Dem Verkehr. Wie sehen Sie die Verkehrsbelastung im Tegernseer Tal und wo gibt es Ihrer Meinung nach Verbesserungsmöglichkeiten?

Andreas Obermüller: Um das Problem der Verkehrsbelastung zu mindern war und ist die Einführung der kostenlosen Busfahrmöglichkeit für Gäste eine gute Sache. Ganz Allgemein muss weiterhin der ÖPNV gestärkt werden. Da spielt sicherlich auch eine häufigere Taktung der Bahn eine Rolle.

Darüber hinaus sehen ich noch die Möglichkeit die Straße etwas zu entlasten, indem man die Attraktivität der Tegernseer Schifffahrt steigert, so dass noch mehr Gäste und Einheimische dieses Angebot auch wahrnehmen. Letzteres ist aber sicherlich eine Frage der Kosten.

Und welche konkreten Ziele verfolgen Sie mit Ihrer Fraktion beim Thema Verkehr?

Obermüller: Frühzeitig den Individualverkehr von der Straße wegbekommen. Sprich: weniger Autos, mehr ÖPNV.

Gefahr durch Einheitsbrei

Kommen wir zum zweiten wichtigen Punkt am Tegernsee, dem Tourismus. Wie sollte Ihrer Meinung nach die touristische Infrastruktur der Zukunft aussehen?

Obermüller: Im Tegernseer Tal brauchen wir grundsätzlich ein ausgewogenes Angebot an Hotels und Gästehäusern. Dass man sich zukünftig auf vier oder sogar fünf Sterne Hotels als Galionsfiguren versteift, ist ein Unsinn. Diese sind zwar wichtig, aber es bedarf auch preiswerter Angebote und gute und bezahlbare Unterkunftsmöglichkeiten für alle Arten von Urlaubern. Die Mischung und der Mix sollten das Angebot bestimmen und da gibt es in manchen Bereichen im Tegernseer Tal noch etwas Nachholbedarf.

In welchen genau?

Beispielsweise im Bereich Familienurlaub mit Kindern. Das ist der Tegernsee noch nicht so gut aufgestellt wie einige Regionen in Österreich.

Worin sehen sie Vorteile im Zusammenschluss der TTT mit der ATS? Gibt es hier Ihrer Meinung nach auch Risiken?

Obermüller: Ich sehe den Zusammenschluss mit großer Sorge, da die Premium-Destination Tegernseer Tal in einem Schmelzziegel mit weniger renommierten Orten untergehen könnte.

Was meinen Sie damit?

Obermüller: Die TTT ist an sich ein Kind der Fusionen, also der Gemeinden um den See herum. Die Gemeinden zusammen stellen eine Premium-Destination dar. Der Schliersee ist jedoch, wenn man so möchte, mindestens zwei Etagen tiefer, und wenn dann noch der Masterplan umgesetzt wird und zwischen Otterfing und Bayrischzell und dem Tegernseer Tal ein touristischer Einheitsbrei entsteht, dann gilt das Sprichwort: Jede Kette ist nur so stark wie das schwächste Glied.

Reine Willkür bei der Solarenergie

Bis 2035 soll der Landkreis Miesbach, und somit auch das Tegernseer Tal, energieautark sein. Ist dieses Vorhaben Ihrer Meinung nach realistisch?

Obermüller: Das Thema ist mindestens so schwierig wie der Verkehr. Man sollte zunächst einmal sehen, was wir im Tegernseer Tal nicht wollen: Wir wollen keine Windparks. Und wir können auch keine Staudämme bauen. Eine ausreichende Energieausbeute aus der Solarenergie ist zwar umsetzbar, wenn dann aber auch nur jeder Haushalt für sich.

Unserer Meinung nach werden wir die Energiewende hin zur Energieautarkie nicht schaffen. Durch Veränderungen im Energiemix können wir sicherlich einige Verbesserung zur derzeitigen Situation herbeiführen. Aber das wird wenn dann nur als ganzes, also landkreisübergreifend funktionieren.

Darüberhinaus müssten wir unbedingt eine talweite Vereinheitlichung bei den Ortsgestaltungssatzungen herstellen. In Sachen Solar und Warmwassergewinnung gibt es zum Teil reine Willkür in den Orten rund um den See. Wir in Tegernsee haben beispielsweise rein willkürlich die Nutzfläche auf ein Drittel der Dachfläche in der Satzung verankert. Diese Beschränkung ist für die Energiewende Blödsinn.

Wie kann Ihrer Ansicht nach die Zusammenarbeit unter den Tal-Gemeinden, auch auf politischer Ebene, verbessert werden?

Obermüller: Wichtig wäre es, dass nicht jeder Ort am eigenen Ortsschild aufhört über Entscheidungen nachzudenken. Das ist über die letzten Jahre schon besser geworden, kann aber noch weiter deutlich besser laufen.

Das Internet wird auch für die Kommunalpolitik immer wichtiger. Wie nutzen die Freie Wähler aus Tegernsee das Internet?

Obermüller: Wie viele andere Fraktionen haben wir unsere eigene Homepage für den Ortsverband, die vor allem in Wahlkampfzeiten von bis zu 100 Bürgern am Tag aufgerufen wird.

Ganz nebenbei fordern wir – wenn vertretbar – volle politische Transparenz, die sicher auch über das Internet deutlich verbessert werden kann. Wir würden uns beispielsweise wünschen, dass auf der Internetseite des Rathauses, wie auch schon in anderen bayerischen Gemeinden, die Protokolle der Gemeinderatssitzungen veröffentlicht werden.

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