Kostenlose Busnutzung auch für Einheimische?

Jeder Gast des Tegernseer Tals hat mit der Gästekarte die Möglichkeit, mit dem Bus zu fahren. Eigentlich ist das kostenlos. Im Gegenzug zahlt jedoch der Urlauber einen Kurbeitrag in Höhe von etwa zwei Euro am Tag.

Im Jahr 2011 war die Karte für den Bus etwa 300.000 Mal im Einsatz. Den fünf Tal-Gemeinden sind so Gesamtkosten in Höhe von etwa 446.000 Euro entstanden. Doch wie realistisch ist eine “kostenlose” Busnutzung für Einheimische am Tegernsee?

Die Tegernsee Card wird einfach beim Busfahrer vorgezeigt. Doch was ist mit einer Einheimischen-Card?
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Durch die Einführung der kostenlosen Busnutzung verfolgen die Gemeinden das Ziel, Touristen eine attraktive Möglichkeit für die Mobilität vor Ort zu geben und gleichzeitig die Straßen im Tal zu entlasten.

Ein an sich logischer nächster Schritt, um letztlich auch die am Tegernsee lebenden Bürger für den öffentlichen Personennahverkehr zu begeistern, wäre es, die kostenlosen Fahrten auch auf Einheimische auszuweiten. Beispielsweise gegenfinanziert über einen Jahresbeitrag und zusätzlich subventioniert durch Steuermittel.

Eine Gemeinde namens Templin nahe Berlin hat es ganz Deutschland und letztlich auch dem Tegernseer Tal schon vorgemacht, wie ein solcher Ansatz funktionieren kann. 14.000 Einwohner hat Templin und ist ähnlich touristisch geprägt wie unsere Region. Ende der 1990er-Jahre hat die Gemeinde in der Nähe von Berlin den Nahverkehr testweise komplett kostenlos angeboten. Die Ergebnisse sahen folgendermaßen aus:

Gegenfinanziert hat Templin den “Nulltarif” über Spenden und Haushaltsmittel. Bei rund 100.000 Euro lagen die Kosten im Jahr 2002. Pro Einwohner entsprach das einem Jahresticketpreis von unter 10 Euro. Genutzt haben das Angebt zu den Hoch-Zeiten rund 600.000 Fahrgäste.

“Ganz kostenlos geht es natürlich nicht”

Rottachs Zweiter Bürgermeister Hermann Ulbricht findet die Idee grundsätzlich gut. “Konkret haben wir aber im Gemeinderat noch nicht darüber gesprochen”, so Ulbricht und ergänzt: “Man müsste auch klären, was die anderen Gemeinden von dieser Sache halten.” Im nächsten Schritt geht es laut Ulbricht dann um die Kosten für die “Nulltarif”-Nutzung von Bussen durch Einheimische. Des Weiteren meint Ulbricht, dass seiner Meinung viele trotzdem auch weiterhin das Auto benutzen würden. Beispielsweise zum Einkaufen.

Auch in Kreuth war laut Geschäftsleiter Hans Patzlsperger die kostenlose Busnutzung für Tal-Bewohner noch nie konkreter im Gespräch. Patzlsperger sieht allerdings haushaltspolitische Bedenken und sagt: “Hier würde es sich um eine freiwillige Leistung der Gemeinden handeln. Ich gehe daher davon aus, dass wegen der angespannten Haushaltslagen der Gemeinden das Landratsamt zumindest Bedenken haben wird, wenn man der Bevölkerung eine solche Dienstleistung anbietet.”

Im Gegenzug müssten laut dem Kreuther Geschäftsleiter beispielsweise die Steuern erhöht werden. Letztlich entscheide darüber aber nicht die Gemeindeverwaltung, sondern es gehe darum, ob es ein politisches Interesse in diese Richtung gibt.

“Ganz kostenlos geht es natürlich nicht”, meint Alfons Besel. Der Gmunder Geschäftsleiter denkt da, wenn überhaupt, an eine Art Jahresticket für Einheimische. Aus der Luft gegriffen nennt Besel einen Betrag von 45 Euro.

“Dann machen sich die Leute auf jeden Fall mehr Gedanken über Buspläne und das ÖPNV-Angebot”, so Besel und betont: “Man müsste einmal die Vor- und Nachteile abwägen. Vor allem, was den Ziel- und Quellverkehr am Tegernsee angeht, könnte dadurch die Straße sicherlich etwas entlastet werden.”

Peter Bartl, Geschäftsleiter des RVO Tegernseer Tal, verweist auf die sogenannte Bürgerkarte, die es bereits seit Juni 2009 gibt. “Auf politische Hinweise hin haben wir ein solches Angebot geschaffen”, so Bartl. Beispielsweise könne man mit einer “Zehner-Bürgerkarte” zum Preis von 36 Euro an zehn beliebigen Tagen beliebig viele Fahrten im Tegernseer Tal machen.

Laut Bartl wird dieser Tarif bisher auch gut genutzt und sei, weil die Karte nicht verfällt, vor allem für Wenigfahrer ein attraktives Angebot. Alternativ gibt es eine Monats-Bürgerkarte zum Preis von 67,10 Euro und eine Jahres-Bürgerkarte für umgerechnet 51,50 Euro monatlich.

RVO und Gemeinden stehen in Vertragsverhandlungen

Georg Overs als TTT-Chef und Tegernsees Bürgermeister Peter Janssen, der die fünf Tal-Gemeinden vertritt, befinden sich seit Herbst 2011 in turnusmäßigen Verhandlungen mit dem RVO. “In den Gesprächen geht es unter anderem auch um die Anpassung der abzuführenden Beiträge für die Busbenutzung durch Gästekarten”, bestätigt Overs.

Um ein neuerliches und noch attraktiveres Angebot neben den bereits vorhandenen Bürgerkarten gehe es allerdings nicht. Schade eigentlich, denn der allgegenwärtigen Verkehrsbelastung im Tal würde das sicher gut tun.

Stellt sich für uns die Frage: Wenn schon nicht kostenlos – was wären Sie bereit, für ein Jahresticket zu bezahlen, oder welche realistische Idee fällt Ihnen ein, wie man die Nutzung der Busse für Einheimische attraktiver machen könnte?

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