Ergänzung vom 12. Juli / 8:43 Uhr
Nach rund drei Stunden und vier Minuten überquerten am vergangenen Samstag die Triathleten Peter Herrchen, Heinz Meixner und Stefan Saal gemeinsam mit ihren fünf künstlichen Hüftgelenken als 25. der Teamwertung die Ziellinie.
Dort wurden die drei nicht nur von dem Beifall der vielen Zuschauer empfangen, sondern auch gleich von Moderator Gidi Beilhack zu einem Kurzinterview gebeten. “Es hat riesig Spaß gemacht”, erzählt uns Peter Herrchen drei Tage später und zeigt sich begeistert von der Teilnahme am ersten Triathlon der drei. Eine Teilnahme, die vor allem körperlich “völlig unproblematisch” war.
Grund für die nicht vorhandenen körperlichen Beschwerden – die bei den dreien mit ihren fünf künstlichen Hüftgelenken durchaus zu erwarten wären – war nicht zuletzt die gute Wettkampfvorbereitung. “Ich bin die 10 km-Strecke zwei Tage vorher noch abgelaufen, um zu wissen, wie der genaue Verlauf ist”, verrät der 54-Jährige, der für die Laufstrecke eine Stunde und sechs Minuten benötigte. Damit lag er selber zwar knapp über dem selbst gesteckten Zeitziel von einer Stunde. Zufrieden ist Herrchen aber trotzdem.
Ebenfalls hinter den Erwartungen blieb der Radfahrer der Truppe Heinz Meixner. Auf der olympischen Distanz über 40 km musste er nicht nur mit dem einen oder anderen Anstieg kämpfen, auch der zeitweise aufkommende Gegenwind machte ihm zu schaffen. Am Ende standen eine Stunde und 29 Minuten auf der Uhr. Das entspricht zwar der ursprünglich ausgegebenen Zeit, doch scheinen sich die drei von “FiveArtHips” hier kurzfristig noch etwas mehr erhofft zu haben.
Als Erster der drei außergewöhlichen Triathleten ging Stefan Saal ins Rennen. Saal war dabei “sehr flott” im Wasser unterwegs und benötigte für die 1,5 km nur knapp eine halbe Stunde. Ingesamt eine reife Leistung der drei. Und gleichzeitig ein riesen Ansporn für die nächsten Herausforderungen.
Tegernseelauf? Auch eine Option
Triathlon ist abgehakt, und nun geht es an die nächste Aufgabe. Der Ehrgeiz ist den drei Männer zwischen 48 und 54 Jahren förmlich anzumerken. So verwundert es kaum, dass Herrchen “auf jeden Fall” dieses Jahr noch beim Tegernseelauf am 23. September teilnehmen wird. “Ich will mitmachen. Ich weiß nur noch nicht genau, ob über die 10 km-Strecke oder über die 21,1 km Halbmarathon-Distanz.”
Ursprünglicher Artikel vom 22. Mai
Die Zusammenstellung des Drei-Mann-Teams für den Staffelwettbewerb beim Audi Tegernsee Triathlon dürfte deutschlandweit, wenn nicht sogar weltweit einzigartig sein: Am 8. Juli werden neben insgesamt etwa 1.000 anderen Teilnehmern in allen Disziplinen auch fünf künstliche Hüftgelenke zu Wasser, zu Fuß und auf dem Rad mit an den Start gehen.
Wer genau steckt hinter dem Trio, was haben sie gesundheitlich durchgemacht, und welche Motivation haben die drei, um trotz ihrer vermeintlichen Einschränkung die Strapazen eines Triathlons über die olympische Distanz auf sich zu nehmen? Wir haben bei ihnen nachgefragt. Eine durchaus beeindruckende Geschichte.
Herrchen, der Läufer
Peter Herrchen (54), der unter einer angeborenen Hüftluxation leidet, drohte bereits im Kindertagen ein Leben als Behinderter. So haben es ihm damals viele der konsultierten Ärzte diagnostiziert. „Wider Erwarten hat sich meine gesundheitliche Situation doch mit der Zeit verbessert“, erinnert sich Herrchen an seine Kindheit.
Doch im Alter von 30 Jahren erlitt er einen neuerlichen Rückschlag und zog sich bei einem Unfall einen vierfachen Beckenbruch zu. Trotz alldem und wegen einer gut ausgeprägten Muskulatur war Laufen für ihn weiterhin möglich – ehe immer stärker werdende Hüftschmerzen auch das zu verhindern drohten. Zwei Hüftoperationen im Jahre 1997 und 2008, teils mit Komplikationen, folgten.
Heuer, im Jahr 2012, will Herrchen die zehn Kilometer beim Triathlon am Tegernsee laufen. Er schätzt, die Strecke in etwa einer Stunde zu bewältigen.
Meixner, der Radfahrer
Der Zweite im Bunde von „FiveArtHips“ ist Heinz Meixner (52), der ebenfalls mit zwei künstlichen Hüftgelenken über 40 Kilometer in die Pedale treten wird. Angepeilte Zeit: 90 Minuten.
Meixner, der ehemals aktiver Kunstturner war, musste im Alter von 29 Jahren über schwere Gelenkschmerzen klagen. Diagnose: Hüftoperationen unumgänglich. Innerhalb von drei Wochen wurden beide ausgetauscht.
Zumindest was die Hüfte anbelangte, war Meixner ab da an viele Jahre bis 2009 nahezu schmerzfrei. „Bis dahin fuhr ich unter anderem Ski und ging sogar meinem Hobby, dem Kampfsport, nach“, berichtet Meixner über die Zeit vor drei Jahren.
Dann traten beim Radfahren plötzlich wieder Hüftschmerzen auf, und er musste sich einer neuerlichen Operation unterziehen. „Trotz Schmerzfreiheit machte ich kaum noch Sport. Doch dann begleitete ich meinen Sohn zu einem Triathlon in Erding und fand wieder zurück zum aktiven Sporttreiben.“
Saal, der (Profi-)Schwimmer
Stefan Saals (48) gesundheitliche Vita ist nicht nur kürzer als die seiner beiden Mitstreiter, sondern er hat auch „nur“ eine künstliche Hüfte, die ihm im Februar 2010 eingesetzt wurde. Als Ursache gibt Saal „erbliche Vorbelastung inklusive jahrelangem Leistungssport“ an.
Umso beeindruckender ist Saals sportliche Vita, weshalb er auch als der „Profi“ unter den dreien bezeichnet werden darf.
Als Jugendlicher war er bereits Mitglied im deutschen Nationalteam der Schwimmer und auf die Mittel- bis Langstrecke über 400 bis 1.500 Meter Freistil spezialisiert.
Er erschwamm einige nationale Meistertitel und meisterte beispielsweise 1992 den Ironman in Roth in neun Stunden und neun Minuten. In Tegernsee dürfte Saal für die 1,5 Kilometer im Wasser etwa 20 Minuten brauchen.
„Wir wollen anderen ein Vorbild sein“
Privat kennen sich die drei, trotz der gemeinsamen gesundheitlichen Vorgeschichte, allerdings erst seit Kurzem. „Der Kontakt entstand eigentlich fast zufällig übers Internet“, erzählt uns der Läufer Herrchen, der seit einiger Zeit zu dem Thema Endoprothese und Sport einen Internetblog betreibt.
„Erst haben wir untereinander per E-Mail Kontakt aufgenommen und uns dann beinahe aus dem Spaß heraus darauf geeinigt, am diesjährigen Tegernseer Tal Traithlon teilzunehmen.“ Im April trafen sich die drei dann persönlich zu einem ersten Kennenlernen und Training.
Völlig untrainiert sind sie allerdings auch nicht. Herrchen hat beispielsweise schon zweimal am Tegernseelauf teilgenommen. Und auch die beiden anderen haben mit ihren künstlichen Hüftgelenken bereits diverse sportliche Herausforderungen hinter sich.
Weshalb sie die sportlichen Strapazen eines Triathlons auf sich nehmen, sei dabei ganz einfach: „Wir wollen anderen einen Motivationsschub geben und zeigen, dass die Diagnose, eine künstliche Hüfte zu bekommen, nicht das Ende ist“, so Herrchen, der betont: „Bei vielen ist das mit der Angst verbunden, nie wieder normal Sport treiben zu können.“
Dabei kann ein Triathlon für Mensch, aber auch für die Gelenke, als „Königsdisziplin“ bezeichnet werden. „Aber selbst den kann man meistern“, lautet die Botschaft des wohl einzigartigen Staffelteams.
Die Gesamtzeit und die Platzierung würden dabei grundsätzlich an zweiter Stelle stehen. „Erster können und wollen wir gar nicht werden“, so Herrchen.
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