Kommt das Vorkaufsrecht auf das ehemalige Lederer-Areal zu spät?

Am liebsten würde Wiessees Erster Bürgermeister Peter Höß die Zeit in seiner Gemeinde „um ein dreiviertel Jahr zurückdrehen“.

Am liebsten hätte Höß die Satzung zum besonderen Vorkaufsrecht der Gemeinde schon vor einiger Zeit im Gemeinderat zur Abstimmung gebracht.

Und am liebsten sollte laut Höß das Lederer-Grundstück an den ehemaligen Hexal-Mitbegründer Thomas Strüngmann verkauft werden. Doch dieser kam im Oktober 2011 nicht zum Zug, und am Ende kaufte die Grünwalder Firma RDR das Grundstück.

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Doch das Leben ist kein Wunschkonzert, und auch die Zeit lässt sich, wenn überhaupt, nur in Kinofilmen zurückdrehen.

Peter Höß und Thomas Strüngmann

Eine letzten Donnerstag mit großer Mehrheit beschlossene Satzung könnte Probleme wie bei der Zwangsversteigerung des Hotel Lederer zukünftig beseitigen.

Die Satzung räumt Bad Wiessee das besondere Recht ein, bestimmte Grundstücke auf dem Ortsgebiet zu kaufen.

Nur drei Gemeinderäte waren mit dem sogenannten Vorkaufsrecht nicht einverstanden. Ingrid Versen, Hartwig Bayerschmidt und Alois Fichtner (alle CSU) votierten gegen den Beschlussvorschlag.

Was ist ein Vorkaufsrecht?

Das Vorkaufsrecht funktioniert, wenn ein Grundstücksbesitzer auch ein Interesse daran hat zu verkaufen – also einen Käufer sucht und auch findet. Diese Verkaufsabsichten inklusive Vertrag und Kaufsumme werden der Gemeinde dann durch einen Notar mitgeteilt.

Im Anschluss prüft die Gemeinde, ob für das entsprechende Grundstück ein Vorkaufsrecht vorliegt. Sollte dies der Fall sein, muss man im Rathaus noch abschließend klären, inwieweit die Gemeinde dieses besondere Recht wahrnimmt oder nicht.

Dabei ist der Erlass einer solchen Satzung in Bad Wiessee nichts Neues. Bereits 2009 hatte die Gemeinde laut Bauamtsleiter Helmut Köckeis eine derartige Satzung für den Bereich Münchner Straße und daran angrenzende Grundstücke erlassen. Gebrauch gemacht habe man davon aber nie.

Das Recht, das Hotel Lederer zu erwerben

Bad Wiessee hat durch das beschlossene Vorkaufsrecht in jedem Fall nicht die Möglichkeit, einen Eigentümer zu enteignen. Das bedeutet: Solange der Besitzer sich dafür entscheidet, das Grundstück brach liegen zu lassen, kann die Gemeinde nichts dagegen tun. Erst ab dem Zeitpunkt, wenn der Besitzer des Grundstücks einen Verkauf anbahnt, kommt das Vorkaufsrecht zum Tragen, wie Köckeis im Wiesseer Gemeinderat erläuterte.

Die Idee, für einige Gebiete des Kurareals ein Vorkaufsrecht zu erlassen, entstand aus Gesprächen des Arbeitskreises „Kurviertel“, dem unter anderem auch Städteplaner Eberhard von Angerer angehört.

Dabei scheint der Ansatz ein wenig spät zu kommen. Denn in der jüngeren Vergangenheit hat es laut Köckeis “einige Entscheidungen gegeben, die für die Gemeinde nicht ganz glücklich waren”. Dazu gehört wohl auch der Verkauf des ehemaligen Lederer-Grundstücks an die Firma RDR.

Doch was bringt der Gemeinde das besondere Vorkaufsrecht auf das Hotelareal? Solange die RDR das Gelände nicht veräußern will, kann Wiessee nichts dagegen tun. Noch dazu muss die Gemeinde auch bereit sein, die geforderte Summe zu bezahlen – sollte die RDR das Grundstück veräußern wollen, was derzeit auch auf Nachfrage in Grünwald nicht herauszufinden ist.

Kann sich die Gemeinde das überhaupt leisten?

Ein nicht unwesentlicher Faktor in Bad Wiessee ist dabei auch die Frage der Zwischenfinanzierung im Falle eines Kaufs. Bekanntermaßen drücken den Wiesseer Haushalt einige Schulden. Genauer gesagt über 38 Millionen. Weshalb das Landratsamt Miesbach den aktuellen Haushalt der Gemeinde nur unter der Auflage genehmigt hat, dass unter anderem in Gemeindebesitz befindliche Grundstücke veräußert werden müssen.

In diesem Zusammenhang mahnte Kurt Sareiter (CSU) zur Vorsicht: “Wer weiß, welchen Preis ein potenzieller Käufer bereit ist, für eines dieser Grundstücke zu bezahlen. Soll die Gemeinde auch trotz eines recht üppigen Preises von ihrem Recht Gebrauch machen?”, so Sareiter, der ergänzt: “Können wir denn dann auch einen ähnlichen Weiterverkaufspreis erzielen?”

Dabei bleibt für den Fraktionsvorsitzenden der CSU auch offen, über welchen Zeitraum die Gemeinde einen solchen Kauf zwischenfinanzieren kann. Eine konkrete Antwort auf seine Fragen erhielt Sareiter nicht. Bürgermeister Höß entgegnete nur:

Heute beschließen wir die Satzung. Alles andere spielt zum jetzigen Zeitpunkt noch keine Rolle. Könnten wir die Zeit um ein halbes oder dreiviertel Jahr zurückdrehen und hätten zu diesem Zeitpunkt schon die Satzung gehabt, wären wir in manchen Bereichen des Kurviertels weiter.

Vor der Abstimmung machte Bürgermeister Höß auch noch einmal klar, dass die Regelung zum Vorkaufsrecht keine wertmindernden Einflüsse auf Grundstücke habe. Es gäbe das Recht, eine derartige Satzung zu erlassen. In diesem Zusammenhang bezeichnete es der Rathaus-Chef mit ruhiger Stimme als nahezu fahrlässig, für dieses Gebiet keine derartige Regelung zu beschließen: “Früher gab es sogar ein generelles Vorkaufsrecht für Gemeinden. Das gibt es aber heute leider nicht mehr.”

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