Im Rechenschaftsbericht zur Jahresrechnung 2011 gibt es keine Überraschungen – davon war zumindest Wiessees Bürgermeister Peter Höß vor dem Beschlussvorschlag überzeugt und stellte nur noch obligatorisch die Frage, ob es bei einzelnen Positionen Unklarheiten gäbe.
„Wir haben uns ja ausführlich bei den Haushaltssitzungen mit den Zahlen beschäftigt“, so Höß. Nachfragen gab es dann tatsächlich keine, auch wenn es um Millionenbeträge ging. Wir haben den Rechenschaftsbericht dennoch näher unter die Lupe genommen und die eine oder andere erwähnenswerte Position in der Entwicklung der letzten Jahre gefunden.
“Gewerbesteuer steigt gewaltig”
Insgesamt beliefen sich die Einnahmen Bad Wiessees im Verwaltungshaushalt 2011 auf über 16 Millionen Euro. Dem gegenüber standen laufende Ausgaben in Höhe von rund 13,6 Millionen. Die Einnahmen aus der Grundsteuer B, die Grundstückseigentümer an die Gemeinde abzuführen haben, stieg dabei in den vergangenen beiden Jahren um mehr als 200.000 Euro auf 1,29 Millionen.
Außerdem hat der Gemeinderat auf der Haushaltssitzung Ende März 2012 in diesem Zusammenhang eine Erhöhung des Hebesatzes auf 340 Punkte beschlossen. Daher geht Wiessees Kämmerer Franz Ströbel davon aus, dass im aktuellen Jahr weitere 190.000 Euro in die Gemeindekasse fließen.
Aus dem Wiesseer Rechenschaftsbericht sei laut Ströbel auch eine „deutliche Steigerung bei den Gewerbesteuereinnahmen“ zu entnehmen. Im Jahr 2009 lag dieser Posten noch bei 1,4 Millionen, schrumpfte aber ein Jahr später auf unter eine Million. In der aktuellen Abrechnungsperiode steht bei einem zugrunde gelegten Hebesatz von 350 Punkten ein Betrag von über 2,5 Millionen Euro zu Buche. „Hierüber sind wir natürlich positiv erfreut“, meint Geschäftsleiter Michael Herrmann auf Nachfrage, der gleichzeitig betont, dass man dennoch nie so genau wisse, wie die Zahlen im darauffolgenden Jahr aussehen würden.
Spielbank bereitet Höß Sorgen
Auffällig ist, dass die Einnahmen durch die Spielbankabgaben im Zeitverlauf von 2009 bis 2011 kontinuierlich gesunken sind. Das bereitete Bürgermeister Höß bereits auf der vergangenen Haushaltssitzung „große Sorgen“.
Höß’ damalige Begründung war unter anderem eine Abwanderung von Kunden nach Österreich. In jedem Fall hat die Spielbank in den vergangenen Jahren einen spürbaren Besucherrückgang zu verzeichnen. Dies belegt auch der Rückgang im Bruttospielertrag von über 40 Prozent. Ein Hauptgrund dürfte das vor drei Jahren eingeführte strenge Raucherschutzgesetz sein. Dies führte laut Höß zu Mindereinnahmen für die Gemeinde von 1,8 Millionen Euro.
Gegenüber den jährlich Spielbankeinnahmen steht allerdings auch eine Restschuld der Gemeinde bei der Firma Bayergrund. Für die Errichtung des Neubaus, der im Jahr 2005 fertig gestellt wurde, sind noch 17,3 Millionen Euro zu begleichen. Von dieser Schuld ist im Jahr 2011 nur wenig abbezahlt worden. Genauer gesagt, weniger als ein Prozent oder 169.000 Euro.
Außerdem erhielt Bad Wiessee von der Staatlichen Lotterieverwaltung im Jahr 2004 noch eine zinslose Mietvorauszahlung in Höhe von 7,5 Millionen Euro. Mehr als die Hälfte dieses Betrages (4,8 Millionen) steht aber auch hier noch zur Disposition.
Zu den Schulden aus dem Bau der Spielbank hat Wiessee noch weitere 15,4 Millionen Euro an Verbindlichkeiten. Vor allem die Kreditaufnahme in Höhe von 13 Millionen Euro für den Kauf des Jodschwefelbad-Areals hat die Gemeinde noch tiefer in die roten Zahlen fallen lassen.
Dazu kommen beispielsweise Altlasten für das Hotel zur Post (904.000 Euro), dem Badepark (843.000 Euro) und der Wasserversorgung (1.271.000 Euro). Macht summa summarum Schulden in Höhe von über 38 Millionen Euro. Oder anders ausgedrückt, eine Pro-Kopf-Verschuldung in Höhe von 8.300 Euro für jeden Wiesseer Bürger.
Personalausgaben sinken – Sachausgaben steigen
Direkte Auswirkung dieser horrenden Verschuldung ist beispielsweise die Auflage des Landratsamtes, zukünftig noch mehr auf die Ausgaben zu achten. Ein Posten sind dabei sicherlich auch die Personalkosten der Gemeindemitarbeiter.
Zwar konnten diese in den vergangenen drei Jahren laut Rechnungsbericht von 4,4 Millionen Euro auf 3,8 Millionen Euro gesenkt werden. Die 600.000 Euro Einsparung ist laut Geschäftsleiter Herrmann vor allem auf die Reduzierung der Mitarbeiter in der Touristinformation zurückzuführen.
Beim Personal ist aber dennoch mit weiteren Einsparmaßnahmen zu rechnen, wenngleich Herrmann hier nur noch wenig Spielraum sieht. Im März sprach Kämmerer Ströbel allerdings von weiteren 110.000 Euro, die im Jahresverlauf 2012 eingesparrt werden sollen. Wo das genau stattfinden soll, ist derzeit noch offen.
Bereits beschlossen hat man im Rathaus eine Verkürzung der Öffnungszeiten des Badeparks, wodurch laut dem Geschäftsleiter geringfügig Personalausgaben eingespart werden können.
Gemeinderat hat keine Fragen
Alles in allem bewegt sich Bad Wiessee derzeit finanziell auf dünnem Eis. Laut Bürgermeister Peter Höß sei man als Gemeinde zwar weiterhin vermögend und habe einige Rücklagen. Man sei sich aber durchaus der außergewöhnlich hohen Verschuldung bewusst.
Die Bürger von Bad Wiessee hätten sich wohl dennoch über die eine oder andere Nachfrage der Gemeinderäte zu dem Zahlenwerk des Rechenschaftsberichts 2011 gefreut. Auch wenn den politischen Vertretern die Zahlen geläufig sind – bei derartigen Millionenbeträgen kann man als Laie durchaus ins Grübeln kommen und schnell mal den Überblick verlieren.
Rechenschaftsbericht Seite 1
Rechenschaftsbericht Seite 2
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