Ein Thema, das bei uns im Tal immer wieder hochkocht, ist die scheinbare Ungleichbehandlung von Touristen und Einheimischen. Meistens geht es dabei um die Busnutzung und Parkplätze. Einheimische bezahlen für beides den regulären Preis. Übernachtungsgäste bekommen beides umsonst.
Das stimmt zwar nicht ganz, denn jeder Gast zahlt eine tägliche Kurtaxe. Aber manch einer fühlt sich trotz allem benachteiligt.
Erst vor zwei Wochen kam das Thema in einem Kommentar zu den Kreuther Parkautomaten wieder zur Sprache:
Wie wärs denn mal mit einem “Anwohner”-Aufkleber für die Windschutzscheibe? Man hat manchmal den Eindruck, mit einer Gästekarte hat man im Tal mehr Möglichkeiten als mit einer Wahlberechtigung.
Dabei ist der Unmut in gewisser Weise nachvollziehbar. Zwei Euro bezahlen Übernachtungsgäste pro Tag. Für diesen Betrag dürfen sie teilweise umsonst parken, fahren kostenlos Bus und bekommen Vergünstigungen bei diversen Freizeiteinrichtungen. All das für umgerechnet 60 Euro im Monat.
Einheimische zahlen 16 Euro mehr für den Bus
Einheimischen werden gleichzeitig die speziellen und vermeintlich günstigen Bürgertarife der RVO angeboten. Ein Monat Busfahren schlägt hier allerdings mit 76 Euro pro Monat zu Buche. Damit ist man im Tegernseer Tal mit dem Bus unterwegs. Keine weiteren Rabatte, keine vergünstigten Parkplätze.
Wer am Wochenende in den Wald will, zahlt weiterhin für den Parkplatz. Wer innerorts Parken möchte, bezahlt für Parkplätze und Gebührenregelungen, die in nicht touristischen Orten gleicher Größe in den meisten Fällen kostenlos sind. Wenn man so will, ist das ganze alltägliche Leben in den Orten rund um den See teurer, als in anderen Orten ohne touristischer Infrastruktur. Die Zeche bezahlen die Anwohner.
“Anwohner-Aufkleber” verstoßen gegen EU-Recht
Für Einheimische alles durch einen “Anwohner-Aufkleber” kostenlos zu gestalten, ist trotzdem keine Lösung. Das hat nicht einmal mit dem fehlenden Willen der lokalen Politik zu tun, sondern mit geltendem Recht. Innerhalb der EU ist es untersagt spezielle Tarife und Preise für Einheimische anzubieten. Solche Regelungen gelten rechtlich als Diskriminierung im Rahmen der Dienstleistungsfreiheit.
In Österreich sind Einheimischentarife trotzdem vielerorts seit Jahren gang und gäbe und wurden auch rechtlich bewertet. Unsere Nachbarn bedienen sich dabei diverser Schlupflöcher, wie in einer spannenden Analyse des Europäischen Verbraucherzentrums in Wien nachzulesen ist:
Ermäßigungen, die nur Bewohner des Ortes oder der Region bekommen, sind zwar prinzipiell ebenfalls verboten, können aber durch objektive Gründe wie der Erhalt der örtlichen Sozialstruktur gerechtfertigt werden und müssen verhältnismäßig sein. Wenn Einheimische spezielle Steuern oder Gebühren zahlen, um zum Beispiel den Betrieb eines Hallenbades zu finanzieren, ist ein ermäßigter Eintrittspreis wohl gerechtfertigt.
Interessant ist die Begründung für österreichische Einheimischentarife: Bewohner müssten “schließlich auch negative Auswirkungen des Tourismus wie Verkehrs- und Lärmbelastung oder höhere Preise im Supermarkt hinnehmen”.
Das sind sehr ähnliche Argumente, wie sie auch hier immer wieder angeführt werden. Und doch hat man sich im Tegernseer Tal dafür entschieden den Touristen, anstatt den Bewohnern die günstigeren Preise zu bieten. Genau das führt zu dem beschriebenen Unmut
Warum nicht die Gästetarife auch für Einheimische öffnen?
Sicherlich fänden sich auch bei uns Regelungen, die rechtlich vertretbar sind. Fraglich ist allerdings, ob “Einheimischen-Tarife” nicht im Gegenzug zu ähnlichem Unmut unter unseren Gästen führen würden.
Aber man könnte zumindest darüber nachdenken, ob man die vergünstigten Tarife, die allgemein nur für Touristen zugänglich sind, auch für Einheimische öffnet. 60 Euro monatlich für eine “Einheimischen-Gäste-Karte”, mit der man kostenlos Bus fahren, kostenlos am Wochenende die Wanderparkplätze nutzen oder andere Vergünstigungen wahrnehmen kann. Für manchen wäre das sicherlich nicht unspannend.
Außerdem würde eine solche “Einheimischen-Karte” ein wenig Spannung aus einem der leidigsten Themen im Tal nehmen: die scheinbare Ungleichbehandlung von Bewohnern und Touristen. Und auch wenn diese Diskussion meist wohl hauptsächlich auf der emotionalen Ebene stattfindet, wär es doch ein Zeichen der Politik, dass man dieses Gefühl und damit auch die Einheimischen ernst nimmt.
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