“Da werden viele Unwahrheiten verbreitet”

Nach dem das Münchner Landgericht am 7. Juni die Makler-Tätigkeit von Alpen-Immonet im Zusammenhang mit dem Verkauf des Hotel Lederer festgestellt hat, hier nochmal das TS-Interview mit Altlandrat Wolfgang Gröbl vom 25. März 2013.

Seit einiger Zeit wird über den Verkauf des ehemaligen Wiesseer Hotels Lederer diskutiert. Vor allem die Rolle von Altlandrat Wolfgang Gröbl erscheint dabei vielen suspekt. Hat er oder hat er nicht – Geld genommen oder sich einen andersartigen Vorteil verschafft, als er sich im Hintergrund in den Millionen-Verkauf einklinkte? Viel wurde geschrieben, vor allem über Gröbl. Mit ihm geredet hat bisher keiner. Wir haben das nach seiner jüngsten Aussage vor dem Münchner Landgericht nun nachgeholt.

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Tegernseer Stimme: Herr Gröbl, aktuell stehen sie ja unter ganz besonderer Beobachtung. Ohne ihre Person und die ausgelösten Streitereien in einigen Gemeinderäten würden die Medien einen wichtigen Teil der Berichterstattung verlieren. Wie fühlt es sich an, Mittelpunkt einer solchen Diskussion zu sein?

Wolfgang Gröbl: Der Merkur macht mit unwahren Meldungen über mich ein gutes Geschäft. Zugegeben: Derzeit beschäftige ich mich mit fast nichts anderem. Und ich muss gestehen, dass mir das Ganze unter die Haut gegangen ist. Vor allem die Kampagne der Zeitung, die mittlerweile auch meine Familie mit einbezieht, hat Spuren hinterlassen.

Tegernseer Stimme: Kampagne ist natürlich ein hartes Wort und impliziert eine bewusste und aufeinander aufbauende Meinungsmache. Wer und warum sollte Ihnen da was Schlechtes wollen?

Wolfgang Gröbl: Das weiß ich auch nicht. Aber wenn ich mir die jüngsten Artikel so anschaue, wie beispielsweise den Kommentar des Chefredakteurs, der schreibt, „wie er (der Landrat) es zulassen kann, dass sein Vorvorgänger den Ruf von Amt und Partei aufs Spiel setzt“. Das ist eine Behauptung und eine Kränkung. Ich habe weder ein Amt noch eine Partei beschädigt. Im Gegenteil, ich habe korrekt gehandelt, mich an Recht und Gesetz gehalten. Diejenigen, die Thomas Strüngmann den Rat gegeben haben, auf die Versteigerung zu warten, anstatt vorher mit Josef Lederer und der Alpen Immonet über den freihändigen Ankauf zu verhandeln, diejenigen haben Bad Wiessee geschadet.

“Die Taktik ist nicht aufgegangen”

Tegernseer Stimme: Aber ist es nicht legitim, sich als Gemeinde zu positionieren, eigene Ziele zu verfolgen und mit eigenen Investoren im Hintergrund zu verhandeln?

Wolfgang Gröbl: Legitim vielleicht schon, aber in dieser Sache ganz bestimmt nicht nützlich. Denn man kann sich schon fragen, welchen Zweck es gehabt hat, dass Bürgermeister Peter Höß gegenüber allen möglichen Interessenten, angefangen bei der Besichtigung der Standortmarketinggesellschaft, die ja auch Kunden für das Lederer-Anwesen werben wollte, bis hin zu der Zeit kurz vor der Versteigerung das ganze Grundstück so schlechtgeredet hat. Dass er davon gesprochen hat, dass bei Hochwasser alles viermal im Jahr komplett unter Wasser steht, wobei Lederer das genaue Gegenteil behauptet. Da frage ich mich schon, ob da ein gewisses Ziel verfolgt wird.

Tegernseer Stimme: Welches Ziel könnte das sein?

Wolfgang Gröbl: Vielleicht den Preis für einen bestimmten Interessenten zu drücken oder Interessenten überhaupt abzuwenden von dem Vorhaben, das Lederer-Grundstück zu erwerben. Diesen Punkt hat mir bisher noch keiner beantworten können.

Tegernseer Stimme: Bürgermeister Höß hat sich in der jüngsten Wiesseer Gemeinderatssitzung gegen den Eindruck verwahrt, dass die Gemeinde Investoren, die tatsächlich vorgehabt hätten, das Grundstück zu erwerben, abgewimmelt habe. Er ließ die Anfrage der Berliner ID Projektentwicklungs GmbH vorlesen und meinte, dass man nicht auf jede Anfrage von Projektentwicklern reagieren könne. Können Sie das nachvollziehen?

Wolfgang Gröbl: Nein, denn die Anfrage von Patrick Berrendorf war ernst gemeint. Die wollten dort ein Hotel errichten, Josef Lederer hatte eine Kaufabsichtserklärung für acht Millionen Euro vorliegen. Berrendorf hatte umfangreiche Analysen und Expertisen zu dem Grundstück eingeholt, laut eigener Aussage hat ihn das gut 50.000 Euro gekostet. Und das Ganze war im August 2011, also doch einige Zeit vor der Versteigerung. Aber wer als Bürgermeister so einem Interessenten schreibt, dass er mit ihm nicht über dieses Thema sprechen will, hat ein klares Ziel. Nur ist diese Taktik am Ende nicht aufgegangen.

“Einen Preis, den man hinterfragen muss”

Tegernseer Stimme: Aber wenn wir uns die aktuelle Situation anschauen, steht die Gemeinde doch nicht schlecht da. Sie hat das Spielbankgrundstück verkauft, der Käufer wird wahrscheinlich auch das Lederer-Areal erwerben, und er heißt Thomas Strüngmann. Ein wirtschaftlich potenter Eigentümer, zu dem die meisten Gemeinderäte ein großes Vertrauen haben. Wo sind denn da Ihrer Meinung nach Fehler passiert?

Wolfgang Gröbl: Thomas Strüngmann ist ein potenter Eigentümer ‒ ohne Zweifel. Und zu Recht hat man innerhalb der Gemeinde das Ziel gehabt, die beiden Grundstücke zusammen zu entwickeln, das macht Sinn. Aber wenn ich das Risiko eingehe, auf den Versteigerungstermin zu warten und dort möglicherweise einem anderen Interessenten gegenüberzustehen, und somit das Lederer-Grundstück einen anderen Eigentümer bekommt als das Spielbankgrundstück, dann mache ich aus Sicht der Gemeinde einen großen Fehler. Man hat sich leichtfertig die Chance genommen, beide Grundstücke von Anfang an zusammen zu entwickeln.

Zweitens kann man ernsthaft fragen, warum die Gemeinde eine Option auf das Spielbankgrundstück ausstellt, zu einem Preis, den man heute schon sehr hinterfragen muss.

Tegernseer Stimme: Ist der Preis für das Spielbankgrundstück Ihrer Meinung nach zu niedrig angesetzt?

Wolfgang Gröbl: Ich bin kein Spezialist für Grundstückspreise. Nur ist mir bekannt, dass rund um den Tegernsee weniger attraktive Grundstücke zu weit höheren Preisen verkauft wurden. Und es ist ja nicht so, dass Bad Wiessee auf einige Millionen mehr gut verzichten könnte.

Tegernseer Stimme: Aber es geht ja auch darum, dass das Areal in gute Hände kommt und dass nicht irgendein Spekulant Zugriff darauf erhält. Diese Sicherheit ist zumindest ein Faktor, den man anführen kann. Und dann kommen noch das Vertrauen zum Investor und das Wissen, Einfluss nehmen zu können. Ist das für eine Gemeinde nicht auch viel wert?

Wolfgang Gröbl: Ist schon richtig, das Vertrauen hat die Gemeinde dann eben teuer bezahlt. Die Frage ist aber eine andere: Hat Bad Wiessee den eigenen Spielraum ausgenutzt? Da geht es ja vor allem um ein Geschäft, das die Gemeindefinanzen insgesamt betrifft. Denn später ist das Hotel ein privates Haus, und man vertraut darauf, dass der Eigentümer die richtige Planungsgesellschaft findet, und darauf, dass der die richtige Hotelbetriebsgesellschaft findet und dass seine Erben dieses Hotel dann alle Zeiten wunderbar weiterführen. Das ist alles sehr unsicher, und ich denke, man sollte als verantwortlicher Bürgermeister schon drauf schauen, dass man bei einem solchen Handel nicht zu großzügig gegenüber einem Wunschkandidaten auftritt.

Tegernseer Stimme: Sie sagen, das Grundstück wurde von einigen Verantwortlichen schlechtgeredet. Denken Sie, dass sich die Gemeinde gegenüber Josef Lederer korrekt verhalten hat?

Wolfgang Gröbl: Also, wir haben immerhin noch eine Marktwirtschaft, die auch von der Verfassung her das Eigentum an Grund und Boden schützt. Ich meine, dass die Gemeinde übertrieben hat bei der öffentlichen Darstellung des Grundstückswertes zum Nachteil des Eigentümers Lederer, der das Hotel immerhin Jahrzehnte geführt hat. Die gefallenen Äußerungen drücken den Preis und vergraulen Käufer. Das halte ich für nicht in Ordnung.

Tegernseer Stimme: Gibt es da Ihrer Meinung nach Möglichkeiten für Herrn Lederer, gegen das Verhalten juristisch vorzugehen?

Wolfgang Gröbl: Das weiß ich nicht, das muss er mit seinen Anwälten absprechen. Man könnte zumindest auf die Idee kommen, dass die Aussichten nicht schlecht stehen, vor allem wenn man sich die Hintergrundgespräche rund um die Zwangsversteigerung anschaut.

“Mein Honorar hängt von verschiedenen Faktoren ab”

Tegernseer Stimme: Aber noch mal zu Ihrer eigenen Rolle. Auf Ihrer Visitenkarte steht Landrat a. D. Ist es da nicht ein wenig kritisch, Wohnbebauung in Aussicht zu stellen, obwohl Sie wissen, dass das Ziel der Gemeinde ein neues Hotel sein muss? Ist Ihr Verhalten in dieser Sache ‒ so wie es einige Menschen sehen – nicht eher anmaßend, schädigend und eines ehemaligen obersten Repräsentanten des Landkreises unwürdig?

Wolfgang Gröbl: Zu der Bebauung kann ich nur wiederholen, was Walter Rainer von RDR vor Gericht bereits mehrmals ausgesagt hat: Ich hatte nie eine Wohnbebauung in Aussicht gestellt anstelle des Hotels, sondern mich auf das Gutachten der Kanzlei Labbé und Partner bezogen. Diese hatte zusätzlich zum Hotel Wohnungen im westlichen Teil des Grundstücks für möglich gehalten.

Ansonsten sind die Anschuldigungen natürlich gewaltig. Die Zeitung unterstellt mir, dass ich als ehemaliger Landrat den Ruf von Amt und Partei aufs Spiel setze, dass ich also Schlimmes gemacht hätte. Ich habe überhaupt nichts Schlimmes gemacht, sondern habe lediglich einen möglichen Investor fürs Tegernseer Tal angesprochen – so wie ich es auch oft genug als freier Berater getan habe. Wenn mich die Gemeinde Bad Wiessee gefragt hätte: „Was sollen wir tun?“, hätte ich ihnen den kostenlosen Rat gegeben: „Geht das Risiko einer Zwangsversteigerung nicht ein.“

Tegernseer Stimme: Aber nicht jeder wird Ihren Rat kostenlos bekommen. Wenn ich also Wolfgang Gröbl als Berater für mein nächstes Hotelprojekt am Tegernsee buchen möchte, was müsste ich dafür auf den Tisch legen?

Wolfgang Gröbl: Das hängt von der Größe des Projekts und seinem Schwierigkeitsgrad ab. Wenn schwierige Verhandlungen anstehen oder intensive Recherchen erforderlich sind, können das auch mal zwei- bis dreitausend Euro pro Tag sein. Derartige Projekte gibt es aber selten.

Tegernseer Stimme: Ihre Tätigkeit ist dann was? Türen öffnen …?

Wolfgang Gröbl: Ja, auch. Aber wenn man nicht selber involviert ist in solche Projekte, dann kann man einem anderen ja viel leichter mit einem klaren Kopf einen Rat geben. Wenn man ein bisschen Erfahrung hat, so wie ich, dann kann das für jemanden, der beraten wird, durchaus interessant sein. So selbstbewusst bin ich schon.

Tegernseer Stimme: Wie wichtig sind dabei Kontakte?

Wolfgang Gröbl: Natürlich dreht sich viel um Kontakte. Aber auch darum, eine Aufgabe erst einmal zu gliedern, Schwerpunkte herauszuarbeiten, Formulierungen zu finden und demjenigen, der beraten wird, beispielsweise bei der Vorbereitung für Behördengänge zu helfen. Ihm die Angst zu nehmen oder ihn ein wenig auf den Boden der Tatsachen zurückzuholen.

Ein Investor mit mindestens 50 Millionen an Kapital

Tegernseer Stimme: Vor Gericht fiel die Aussage, Sie hätten den Verkauf des Lederer-Areals sportlich gesehen, sich nette Unterhaltung erhofft. Reden wir ganz offen, worum ging’s wirklich?

Wolfgang Gröbl: Ich kenne Christian Bacher von Alpen Immonet seit vielen Jahren noch aus Fischbachau. Nachdem Herr Berrendorf abgesprungen war, rief mich Christian Bacher an und fragte, ob ich jemanden kenne, der auf die Schnelle acht Millionen Euro für das Lederer-Areal und gleichzeitig Zugriff auf mindestens 50 Millionen an Kapital habe, um das Grundstück sinnvoll zu entwickeln und ein neues Hotel hinzustellen. Und da kam ich über Umwege auf Walter Rainer von der RDR, den ich anrief und die genauen Umstände erklärte.

Tegernseer Stimme: Aber noch mal, warum tut ein Herr Gröbl das in der Situation? Herr Rainer mag ein Spitzentyp sein, aber den ganzen Aufwand betreiben Sie doch nicht aus karitativen oder zwischenmenschlichen Überlegungen!?

Wolfgang Gröbl: Ich bin drin in dem Thema, aus meiner früheren Tätigkeit kenne ich die Situation von Herrn Lederer, und es ruft mich jemand an, den ich schätze, den ich nicht gerne hängenlasse. Also, ich bin schon der Meinung, dass so etwas zu meinem Geschäft gehört. Aber wie schon vor Gericht gesagt, habe ich mich in diesem Fall nicht finanziell abgesichert. Das war mir auch nicht wichtig zu dem Zeitpunkt. Wenn daraus eine Beratertätigkeit wird, dann ist das in Ordnung, und in meiner Branche ergibt sich so oft genug eine gemeinsame Geschäftsgrundlage, von der ich am Ende natürlich auch profitiere.

“Ich muss einen Bürgermeister nicht um Erlaubnis bitten”

Tegernseer Stimme: Wie schädlich sind die derzeitigen Diskussionen für Ihr Geschäft?

Wolfgang Gröbl: Sehr schädlich. Mein Kundenkreis ist scheu. Die gehen nicht zu jemandem, der angegriffen wird als Feind einer Gemeinde, um sich dann mit dem in der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber seit ich das Protokoll der ersten Gerichtsverhandlung vom November 2012 habe, weiß ich nun, dass die Ausgangsmeldung unwahr ist. Ebenso wie die Behauptung des Wiesseer Bürgermeisters vor der Bürgerversammlung zum Thema Jod-Schwefelbad, dass die Gemeinde durch meine Tätigkeit ein Defizit von fünf Millionen Euro hat. Diese Unwahrheit ist wohl eher nicht aus Leichtfertigkeit passiert.

Tegernseer Stimme: Wäre es im Nachgang vielleicht politisch klüger gewesen, mit Bürgermeister Peter Höß kurz Kontakt aufzunehmen, um das mögliche Geschäft zwischen RDR und Lederer anzukündigen?

Wolfgang Gröbl: Definitiv nicht. Denn ich musste ja damit rechnen, dass Peter Höß mich als Gesprächspartner in dieser Sache ebenso ablehnt wie Herrn Berrendorf. Außerdem, zu welchem Zeitpunkt hätte ich Herrn Höß ansprechen sollen? Vor meinem Gespräch mit Walter Rainer, also bevor ich überhaupt wusste, ob RDR Interesse zeigt? Ich muss mir doch nicht die Erlaubnis des Wiesseer Bürgermeisters einholen, um mit einem Bekannten über das Hotel Lederer zu sprechen.

Dabei stand nach meinem Telefonat und der gemeinsamen Besichtigung des Lederer-Anwesens immer noch nicht fest, ob RDR den Kauf konkret angeht oder nicht. Sämtliche weiteren Verhandlungen verliefen im Übrigen ohne mich. Mit dem bekannten Ausgang.

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