Daher rät Geschäftsführerin Sylvia Glonner den Verbrauchern auch, nicht zu viel Wasser zu sparen: „Sonst wird langfristig der Wasserpreis steigen müssen.“
Wir benutzen es jeden Tag ohne darüber nachzudenken: unser Trinkwasser. Es ist, wie die Wissenschaft immer gern behauptet, die Quelle des Lebens. Doch woher das Wasser eigentlich kommt und vor allem wie es schließlich zu uns nach Hause gelangt, darüber wissen wir nur sehr wenig. Grund genug für uns, der Sache auf den Grund zu gehen.
Fünf Brunnen, eine Quelle
„Wasser ist Leben“ steht in großen Lettern auf einem Bild im Inneren des Hochbehälters in Enterrottach. Etwas unterhalb davon liegen die fünf Brunnen, die zusammen mit der Quelle am Unterwallberg das Wasser liefern.
„Zwei davon betreiben wir, zwei die Stadt Tegernsee“, erklärt Wassermeister Georg Haas vom Wasserversorgungsverein Egern e.V., dem größten Wasserversorger im Tegernseer Tal. Denn sowohl Rottach-Egern als auch Tegernsee beziehen ihr Wasser aus dem Suttengebiet. Der fünfte Brunnen gehört dem Land und dient als Notbrunnen für Katastrophenfälle.
Wenn etwas passiert …
Im Ernstfall würde dieser die Versorgung der Bevölkerung übernehmen. Die Feuerwehr habe immer eine Europalette voll Schläuche parat, mit denen das Wasser bis zur Straße transportiert werden könnte, weiß Haas. “Dort könnte sich die Bevölkerung dann mit Kanistern versorgen.”
Für ihn ist die Lage des Notbrunnens allerdings nicht wirklich optimal gewählt. Sollte beispielsweise über dem Wasserschutzgebiet ein Flugzeug abstürzen, wäre dieser genauso verseucht wie die normalen Brunnen. “Für die Behörde war dies aber kein Argument”, erinnert sich der Wassermeister.
Überhaupt wird dem Aspekt des Katastrophenfalles sehr viel Bedeutung beigemessen. Die Wasserversorgung muss immer gewährleistet bleiben. Von individuellen Notfallplänen bis hin zu Schnittstellen mit Nachbarnetzen reicht die Sicherheitspalette. Und auch auf Feuer ist man vorbereitet. Im Hochbehälter werde, so Haas, immer ein Wasserpuffer bereitgestellt, so dass die Feuerwehr im Brandfall ständig genügend Löschwasser zur Verfügung hat.
Modernste Technik
Im dem kleinen Haus über dem Brunnen, versteckt sich hochmoderne Technik. „140.000 Euro haben wir gerade erst hier investiert“, erklärt Haas. Die Pumpe ist neu und das ganze Haus ist mit seinem Büro in der Zentrale vernetzt. Vom Schreibtisch aus kann er alle relevanten Messwerte am Computer ablesen und wenn nötig auch eingreifen.
„Dafür, dass wir nur so ein relativ kleines Wasserversorgungsunternehmen sind, ist unser Netz schon sehr modern und auf dem neuesten Stand der Technik“, erzählt der Wassermeister sichtlich stolz. Man könne sogar mit dem Laptop durch den Ort gehen und würde per GPS haargenau wissen, wo die Leitungen unter einem verlaufen, und was dort gerade passiert.
Vereinsstruktur
Möglich sind die Investitionen in diese Technik vor allem durch die besondere Struktur des Egerner Wasserversorgers. „Wir sind ein privater Verein. Alle Gewinne werden wieder ins Netz investiert“, weiß die kaufmännische Geschäftsführerin Sylvia Glonner.
Ein System, welches im Tegernseer Tal weit verbreitet ist. Über Jahre hinweg hat sich diese Struktur herausgebildet und bewährt. „Besitzer“ der Wasserversorgung sind die Gründungsmitglieder – beziehungsweise mittlerweile deren Nachfahren. Denn einkaufen kann man sich dort nicht, wie Glonner betont. „Die Mitgliedschaft ist an das Haus gebunden und wird weitervererbt. Wird das Haus einmal verkauft, verfällt die Mitgliedschaft“, so Glonner.
Somit sind die Gründungsmitglieder immer noch auch die heutigen Besitzer. Zumeist seien die Hotels und Gastwirte aus dem Ort. „Bei unserer Gründung 1897 waren es knapp 50. Heute sind noch circa 30 übrig“, erklärt die Geschäftsführerin.
Ein Erfolgsmodell, wie Haas findet. Denn so seien die Besitzer auch gleichzeitig Betroffene und damit an einer guten Wasserversorgung interessiert. Daher sieht er auch den Verkauf des Vereins an einen großen Wasserkonzern als extrem unwahrscheinlich, ja fast als unmöglich an. Geld verdienen lässt sich mit der Mitgliedschaft allerdings nur wenig. Diese bemisst sich nach den so genannten Steften. Steften waren eine alte Maßeinheit, die nach dem folgenden Prinzip funktionierten:
Man bohrte gleichgroße Löcher in die Wand, durch die nur eine bestimmte Menge Wasser durchpasste. Je mehr Wasser man brauchte, desto mehr Steften bekam man auch. Manche haben nur drei, andere 20.
„Pro Stefte bekommt man dann nach einem guten Jahr 100 Euro. Natürlich Peanuts für ein großes Unternehmen wie beispielsweise die Überfahrt“, erklärt Glonner.
“Nachts ist es billiger”
Doch zurück zum Wasser. Mit großen Pumpen wird das Wasser über Nacht den kurzen Weg von den Brunnen herüber in den Hochbehälter geschafft. Der Pumpbetrieb startet meist so um 22 Uhr. „Dann bekommen wir nämlich einen billigeren Stromtarif. Würden wir auch tagsüber pumpen, hätten wir wohl zwei oder dreimal höhere Stromkosten“, weiß Georg Haas.
Wenn der Hochbehälter mit einer vorher festgelegten Menge Wasser gefüllt ist, stoppen die Pumpen automatisch. Vom Hochbehälter aus wird das Wasser dann anschließend ins Netz eingespeist und zu den Haushalten befördert. Der nötige Druck dafür wird dabei meist ausschließlich durch das Gefälle erzeugt.
Aber natürlich hat auch hier wieder die Technik ein „Auge“ drauf. „Wenn der Druck unter fünf Bar fällt, schaltet sich die Druckerhöhungsanlage ein und hält den Druck konstant“, schildert Haas das System. So ist gewährleistet, dass das Wasser auch immer mit genügend Kraft beim Verbraucher aus der Leitung kommt.
Kontrolle und Überwachung
Überhaupt wird viel Energie auf die Kontrolle von Wasser und Netz verwendet. Alle vier Wochen werden an besonders gefährdeten Stellen im Netz Wasserproben entnommen und anschließend von einem anerkannten und unabhängigen Labor geprüft.
Bei den kleineren Wasserversorgungsvereinen im Tal ist die Kontrolle allerdings natürlich nicht ganz so engmaschig. „Das berechnet sich nach Entnahmemenge. Die kleineren Versorger müssen beispielsweise nur einmal im Jahr eine Probe einreichen“, sagt Sylvia Glonner. Die Wasserqualität im Tal sei aber generell sehr hoch, versichert die Geschäftsführerin schnell. Ungefiltert könne man das Wasser aus Brunnen beziehungsweise Quelle entnehmen und in das Netz einspeisen.
Aber nicht nur das Wasser, sondern auch die Rohre werden kontrolliert und überwacht. „Die großen Rohrbrüche finden wir recht schnell. Die kann man meist schon nach wenigen Tagen erkennen und gezielt danach suchen“, erklärt Haas.
Kleinere Risse sind dann schon schwieriger zu finden. Alle zwei bis drei Jahre wird eine Spezialfirma mit dieser Aufgabe betraut. Dafür werden einzelne Teile des Netzes gesperrt und überprüft. Die gesamte Prozedur dauert knapp vier Wochen. „Doch seit wir das regelmäßig machen ist unser Netz wirklich in einem Top-Zustand“, meint Haas.
Wassersparen lohnt nicht
Aufwändig, und vor allem teuer. 40.000 Euro kostet solch eine Überprüfung. Weitere 5.000 kommen dann pro anfallender Reparatur dazu. Geld, das natürlich auch wieder eingenommen werden muss. Daher appelliert Glonner auch an die Kunden, nicht endlos Wasser zu sparen. „Die meisten unserer Kosten sind ja Fixkosten. Ob jemand 2.000 oder 20.000 Liter verbraucht, ist dabei eigentlich fast egal“, so Glonner.
Wasserprobleme gibt es in einem Gebiet wie dem Tegernseer Tal nicht. Dafür kommt zu viel Wasser von oben nach. Trotzdem sinken auch bei uns die Verbrauchswerte. „Früher hat ein Mensch durchschnittlich rund 230 Liter Wasser pro Tag verbraucht. Heute sind es nur noch 120“, weiß Glonner. Daher werden, wenn die derzeitige Entwicklung des Wasserverbrauchs anhält, langfristig auch die Preise steigen müssen.
Sie fordert, dass sich die Menschen bewusst werden sollten, was sie für den Preis bekommen. 60 Cent für 1.000 Liter gutes, sauberes Trinkwasser. „Da zahlen sie im Supermarkt ja schon für sechs Liter mehr“, so Glonner. Die Verbraucher haben es also selber in der Hand.
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