1.500 Euro monatlich an die Ehefrau

Aktualisierung vom 3. Mai / 17:42 Uhr
Der nächste Rückschlag für die Reputation von Landrat Jakob Kreidl. Auf der heute veröffentlichten Liste mit 79 Abgeordneten, die ab dem Jahr 2000 Familienangehörige beschäftigten, befindet sich auch sein Name.

Nachdem wir heute Mittag eine Anfrage an Kreidls Büro schickten, erreichte uns am späten Nachmittag eine Pressemitteilung. In dieser gibt der 60-Jährige zu, dass er seine eigene Frau 14 Jahre lange angestellt hatte. Der Vertrag endete erst mit Kreidls Ausscheiden aus dem Landtag im Jahr 2008. Bis dahin verdiente Sie 1.500 Euro netto im Monat.

Auch Jakob Kreidl hat jahrelang seine Ehefrau bei sich im Stimmkreisbüro beschäftigt
Auch Jakob Kreidl hat jahrelang seine Ehefrau bei sich im Stimmkreisbüro beschäftigt

Elisabeth Kreidl war seit 1994 in Jakob Kreidls örtlichem Stimmkreisbüro angestellt gewesen. Dort habe sie, so Kreidls Aussage, Tätigkeiten wie „umfangreichen Telefondienst, die Vermittlung von Terminen für Petenten und Antragsteller, die Informationsbeschaffung für Vorträge und Reden sowie die Erledigung aller anfallenden Schreibarbeiten“, erledigt. So beschreibt es der Landrat in seiner heutigen Erklärung.

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„Der Aufwandsentschädigung von monatlich 1.500 Euro netto entsprach also einer umfangreichen Gegenleistung, die zudem nicht an die Regelarbeitszeit gebunden war“, betont Kreidl weiter. Möglich war dies trotz des gesetzlichen Verbots der Beschäftigung von Ehepartnern, welches seit dem 1. Dezember 2000 gültig ist, weil in dem Gesetz sogenannte Altfälle explizit ausgenommen wurden. Das bedeutet, dass Arbeitsverträge, die bereits vor Dezember 2000 Bestand hatten, auch weiterhin fortgeführt und verlängert werden durften, wie Kreidl erklärt:

„Die Arbeitsverträge haben sich automatisch und völlig legal von einer Legislaturperiode zur nächsten verlängert.“

Eine Ungereimtheit gibt es trotz aller Offenheit, mit der der Landrat nun vorangeht. In seiner Erklärung verweist Kreidl darauf, dass der Arbeitsvertrag ““im Zusammenhang mit seinem Ausscheiden aus dem bayerischen Landtag am 30. April 2008 entsprechend den einschlägigen Bestimmungen vom Landtagsamt“ beendet wurde.

Legal ja, aber …

Was er damit meint, sieht man an der Liste, die Landtagspräsidentin Barbara Stamm heute veröffentlichte. Dort ist die Laufzeit des Kreidl-Vertrags mit seiner Ehefrau bis zum 30. September angegeben. Die Idee hinter der rechtlich einwandfreien Vorgehensweise: die fünfmonatige Übergangsregelung sollte es den Mitarbeitern der Landtagsabgeordneten ermöglichen, eine neue Arbeit zu finden, ohne dass sie in ein „finanzielles und sozialversicherungspflichtiges Loch“ fallen.

Legal mag dies alles ‒ Beschäftigung und anschließende Fünf-Monats-Regelung ‒ gewesen sein. Doch nach der Plagiatsaffäre um seinen Doktortitel wird die Kritik an Jakob Kreidl nach dieser Geschichte wohl noch größer werden. Die gesamte Stellungnahme von Jakob Kreidl kann man hier nachlesen..

Ursprünglicher Artikel vom 3. Mai / 14:57 Uhr mit der Überschrift: „Beruf und Familie sauber getrennt?“
In der Gehaltsaffäre um die sogenannten Amigo-Abgeordneten im bayerischen Landtag kommen immer mehr Details zutage. Heute noch will laut Informationen des Spiegel Landtagspräsidentin Barbara Stamm (CSU) die Namen von 79 Abgeordneten veröffentlichen, die nach 2000 noch Angehörige beschäftigt haben.

Wir haben nach der Affäre im bayerischen Landtag heute Vormittag bei den politischen Würdenträgern im Tegernseer Tal und im Landkreis angefragt. Wie steht es hier mit Verwandtenbeschäftigung?

"Amigo Wirtschaft" im Bayerischen Landtag. Wie sieht es bei uns aus?/Quelle: © Bildarchiv Bayerischer Landtag, Foto Rolf Poss
“Amigo Wirtschaft” im bayerischen Landtag. Wie sieht es bei uns aus?/Quelle: © Bildarchiv Bayerischer Landtag, Foto Rolf Poss

Was man in der letzten Woche im deutschen Blätterwald zu lesen bekommen hat, scheint das alte Klischee des politischen Bayern wieder einmal zu bestätigen: Vetternwirtschaft unter den Eliten. Jahrelang hatten Abgeordnete Familienangehörige in ihren Büros beschäftigt. Und dies zu teils horrenden Gehältern und ohne klare Qualifizierung.

Nun steigert sich täglich die Empörung über das maßlose Verhalten, und die Landespolitiker geraten mehr und mehr unter Druck. So musste beispielsweise CSU-Fraktionschef Georg Schmid, als eines der prominentesten Opfer der Affäre, bereits seinen Hut nehmen.

Anfrage an lokale Politik

Aufgrund dessen haben nun auch wir einmal unsere Politiker im Tal und im Landkreis befragt. Wie steht es hier mit der Verwandtenbeschäftigung? Das folgende Schreiben richteten wir an Landrat Jakob Kreidl, den Landtagsabgeordneten Alexander Radwan sowie an die fünf Tal-Bürgermeister Peter Janssen, Georg von Preysing, Peter Höß, Josef Bierschneider und Franz Hafner.

Sehr geehrter Herr Kreidl,

bestimmt haben auch Sie die Diskussionen rund um die Arbeitsverhältnisse von Verwandten im bayerischen Landtag verfolgt. Das führt uns zu der Frage, ob auch hier im Tegernseer Tal und auf kommunaler Ebene solche Arbeitsverhältnisse stattgefunden haben oder stattfinden.

Wir möchten Sie bitten, uns auf Treu und Glauben zu versichern, dass Sie keine Familienangehörigen in einem Arbeitsverhältnis eingesetzt haben. Sollte das nicht der Fall sein, bitten wir Sie ordentlicherweise um Nennung dieses Falls.

Wir haben um Antwort bis Montag, den 06. Mai, 16 Uhr gebeten. Rottachs Bürgermeister Franz Hafner hat sich bereits gemeldet und sich zu dem Fall klar geäußert. Wir berichten nach.

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