Die SPD Bad Wiessee hat sich nun dem Versuch zusätzlicher Transparenz angenommen – nach hitzigen Diskussionen über das Für und Wider ‒ und will die Möglichkeiten der „neuen Medien“ in der Lokalpolitik verstärkt nutzen. „Es wäre ein großer Gewinn für die Bürger“, sagt Robert Kühn, SPD-Vorsitzender in Wiessee.
Angefangen hatte das Thema mit einem Missverständnis, das in einem Schildbürgerstreich endete. Ein Bericht über Live-Übertragungen aus den Gemeinderäten sorgte vor knapp zwei Jahren für einige Aufregung in den fünf Tal-Gemeinden. Einstimmig sprach man sich dagegen aus.
Bad Wiessee änderte kurzerhand die Geschäftsordnung, damit auch keine SMS aus den Gemeinderatssitzungen verschickt werden können. Gmund beschloss eine Rollstuhlrampe. BR-Quer kam ins Tal, um über den Schildbürgerstreich zu berichten.
Die Meinungen sind heute eher pro Übertragung
Heute sehen einige die Möglichkeiten, die sich durch einen tieferen Einblick in die Lokalpolitik bieten könnten, teilweise anders, wie ein Bürgerforum der SPD vergangenen Donnerstag gezeigt hat. „Wenn die Bürger nicht zu uns kommen, müssen wir uns auf die Bürger zubewegen“, sagte Robert Huber, Zweiter Wiesseer Bürgermeister. „Bei hitzigen Diskussionen hätte ich mir gewünscht, dass es eine Übertragung gegeben hätte.“ Dadurch würden Bürger besser verstehen, wie Entscheidungen zustande kommen.
Zu hitzigen Diskussionen kam es auch auf dem Bürgerforum. Auch wenn man sich recht schnell grundsätzlich einig war, dass die „neuen Medien stärker genutzt werden sollten“, wie es der Kreuther Gemeinderat Martin Walch ausdrückte. Zwar denke er, dass viele Menschen die Live-Übertragungen nicht interessieren würden, sprach sich aber dennoch dafür aus. Unter dem Vorbehalt, dass man datenschutzrechtliche Bedenken im Vorfeld klären müsse. „Ich bin eher dafür, Schritt für Schritt vorzugehen. Erst mal sollten wir mehr Informationen bereitstellen und dann in ein bis zwei Jahren die Übertragung anbieten.“
Bürger brauchen mehr Informationen
Um mehr Informationen für die Bürger ging es auch dem Wiesseer Gemeinderat Bernd Kuntze-Fechner. Der Rechtsanwalt sieht „Übertragungen sehr positiv“, stellt aber auch die Frage nach den Kosten, die an dem Abend nicht umfassend geklärt werden konnte. Trotz möglicher Risiken denkt aber auch Kuntze-Fechner, dass die Gemeinde es erst mal ausprobieren sollte. „Wir werden dadurch nur ein vollständigeres Bild bekommen. Aber das Fenster wird ein großes Stück aufgemacht. Der Bürger bekommt ein klareres Bild von den Entscheidungsprozessen.“
Problematisch sahen dagegen einige die zusätzlich entstehende Öffentlichkeit für jeden Einzelnen. Die Meinungen gingen dabei von „Hemmungen der Gemeinderäte, sich in der Öffentlichkeit zu äußern“, bis zu der Befürchtung, dass „mediengeeignete Menschen“ es leichter haben werden, sich bei den Übertragungen aus dem Ratssaal ins rechte Licht zu rücken. Auf der Strecke bleiben könnten schüchterne und eher zurückhaltende Menschen.
Still oder faul? Livebilder als „Beweismaterial“
Einen spannenden Gegenpunkt führte dagegen Vize-Bürgermeister Robert Huber an: „Manche haben bei uns den Weg vom Stammtisch an den Ratstisch gefunden, lassen dann am Ratstisch aber den Mund zu.“ Er ist sich sicher, dass es beispielsweise im Kreistag durchaus Mitglieder gibt, die noch nie irgendetwas in den Sitzungen beigetragen haben. Gerade hierbei sieht er Übertragungen als einen wichtigen Punkt an, damit sich Bürger ein eigenes Bild über die Arbeit und das Engagement der einzelnen Räte bilden könnten.
Sicher sei er sich dagegen, dass niemandem ein Nachteil daraus entstehen wird, falls er sich mal versprechen oder verhaspeln sollte. Dafür hätten Menschen durchaus Verständnis und könnten es sehr wohl selbst einordnen. Der SPD-Gemeinderat machte zum Schluss auch eines klar: „Wir werden als SPD-Fraktion sicher in naher Zukunft einen Antrag zur Live-Übertragung einreichen. Danach werden wir sehen, welche Meinung der Gemeinderat zu dem Thema hat.“
„Neue Medien“ stärker einbinden
Der Abend hatte eines sehr deutlich gezeigt: Das Internet und die daraus entstehenden Möglichkeiten kommen mehr und mehr auch in der Politik im Tegernseer Tal an. Längst ist man sich noch nicht in allen Punkten einig, und noch liegen viele kleine Schritte vor den Verantwortlichen, die es zu lernen und auszuprobieren gilt. Der SPD-Vorsitzende Robert Kühn fasste es sehr treffend zusammen: „Die neuen Medien können auch ein gutes Bindeglied zwischen den Bürgern und der Gemeinde werden.“
Speziell vor dem Hintergrund von Bad Wiessees anstehenden Millionenprojekten, wie beispielsweise dem Umbau des Jodbad-Areals, sieht Kühn die Notwendigkeit neuer Informationsverbreitung als sehr wichtig an. „Es stehen Projekte an, die das Bild Wiessees über Jahrzehnte prägen werden. Aber darüber kann man als Bürger nur reden, wenn man auch informiert ist.“
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