Abseilen fürs Ehrenamt, wenn Not am Berg ist

Wenn die Stadt nervt, und die Berge rufen, gibt es im Tegernseer Tal viele Ausflügler. Dann steht die Rottacher Bergwacht in Alarmbereitschaft. Ob verletzte Kletterer, verunglückte Gleitschirmflieger oder verirrte Wanderer – jeder Einsatz kostet die Rettungskräfte Zeit.

Am 15. Oktober stürzte ein Mann bei der Tegernseer Hütte ab. die Rottacher Bergwacht rettete ihn. / Archivbild

Schönes Wetter lockt am Wochenende viele Menschen in die Berge. An solchen Tagen kann es schonmal passieren, dass die Bergwacht Rottach-Egern an einem Samstag bis zu fünfmal ausrücken muss. Die Zahl der Einsätze gehe stetig nach oben, sagt deren Bereitschaftsleiter Thomas Doreth (54). „Um das stemmen zu können, müssen wir um Nachwuchs werben.“

Der 54-Jährige weiß um den enormen Zeitaufwand, den der ehrenamtliche Job abverlange. Als er im Februar mehrheitlich in das Amt gewählt wurde, war er sich dessen bewusst, dass es sich quasi um einen zweiten Vollzeitjob handelt. Vor allem bei Einsätzen unter der Woche sei es nicht immer einfach, verfügbare Kräfte zu bekommen, sagt er.

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Am Tegernsee stehen derzeit etwa 80 aktive Bergwacht-Kameraden auf Abruf bereit. Plus 11 Anwärter, die regelmäßig Dienst machen. Jeder von ihnen geht tagsüber seinem „normalen“ Job nach. Doreth selbst ist Tierpfleger im Rottacher Tierheim. Rund 175 Mal mussten die Einsatzkräfte heuer schon ausrücken.

Einsätze sind vom Wetter abhängig

Gerufen wurden sie aber nicht nur zu Bergunfällen – unter den Einsätzen waren 17 Radlunfälle, neun Unfälle mit einem Gleitschirm, 51 Wintersporteinsätze (Rodeln Langlauf, Snowboard) sowie 75 Wanderunfälle. Auch Verkehrsunfälle waren dabei.

Die Einsatzzahlen schwanken von Jahr zu Jahr, sagt Doreth. Diese seien hauptsächlich vom Wetter abhängig: Von der Schneelage und davon, ob es ein erregneter oder schöner Wandersommer beziehungsweise -herbst ist. Eine Tendenz innerhalb der letzten Jahre könne er allerdings nicht feststellen.

Erst kürzlich stürzte ein 57-jähriger Wanderer vom Buchstein ab, direkt an der Tegernseer Hütte. Er wurde mit schweren Kopf- und Brustkorbverletzungen geborgen. Eine 60-jährige Frau rettete die Bergwacht, nachdem sie am Wallberg abgestürzt war (wir berichteten).

Platzwunden, Stürze, Bergungen

Anfang August mussten die Bergwachtler gleich zwei verletzte Personen mit dem Hubschrauber bergen: Ein Wanderer stürzte am Risserkogel ab und blieb bewusstlos liegen, und ein Mountainbiker blieb nach seinem Sturz mit dem Radl mit Schmerzen im Oberschenkel in der Nähe der Schwaigeralm in Kreuth liegen.

Im Juni zog sich ein Mann auf der Freisinger Hütte unterhalb des Setzberes eine Kopfplatzwunde zu. Einem Kind passierte das Gleiche im Bereich der Siebenhütten. Die Bergwacht Rottach-Egern versorgte alle Verletzten medizinisch und transportierte sie ins Krankenhaus.

Manchmal werden auch Einsätze abgebrochen. Beispielsweise dann, wenn sich herausstellt, dass ein als verunglückt gemeldeter Gleitschirmflieger sich als ein Gebilde aus drei Ballonen entpuppt. So geschehen im Juni. Doch die Rottacher Bergwacht hat auch ganz andere Notsituationen auf dem Programm: Keine Ernstfälle, sondern Übungen.

Regelmäßiges Training ist das A und O

Zu diesen gehörte beispielsweise ein Kletterer, der auf dem Leonhardstein-Gipfel in Kreuth unterwegs gewesen war, sich am Bein verletzt hatte und keinen Schritt mehr laufen konnte. So zumindest lautete die Vorgabe für die Bergwachtler. Auch das gehört für die Einsatzkräfte zu einer standardisierten Ausbildung und Arbeitsweise – genauso wie das regelmäßige Training im Tölzer Bergwachtzentrum.

365 Tage im Jahr sieben Tage die Woche an 24 Stunden am Tag steht mindestens einer der 16 ehre
namtlichen Einsatzleiter bereit. Doch während der finanzielle und personelle Aufwand stetig steigen, gehen die Einnahmen merklich zurück. Zuletzt deutlich für die Bergwachtler beim Rosstag zu spüren.

Sollte sich Kreuth offiziell „Bergsteigerdorf“ nennen dürfen, wird dieser Titel noch mehr Touristen anlocken. Dann steht die Rottacher Bergwacht verstärkt in Alarmbereitschaft.

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