Um den Gmunder Ortsteil Moosrain vor Hochwasser zu schützen, muss dieser ausgebaut werden. Schon seit 2007 läuft das Projekt „Hochwasserschutz am Moosbach“, das planerisch auf die Pegelhöhe oder Abflussmenge eines Jahrhunderthochwassers ausgelegt ist.
Weil aber der dafür benötigte und angedachte Schutzwall bis in die Vorgärten der Anlieger gereicht hätte, kam es im Verlauf der Planungen zum Streit. Während die Anwohner befürchteten, ihre Grundstücke könnten an Wert verlieren, dachte die Gemeinde sogar über eine Enteignung nach.
Petition gescheitert
Per Petition an den Bayerischen Landtag versuchten die Anlieger daraufhin, die Baumaßnahme zu verhindern. Im März 2014 lehnte der Petitionsausschuss den Antrag ab. Die Gemeinde zeigte sich jedoch gesprächsbereit und suchte gemeinsam mit den Anwohnern nach einer Lösung.
Im Juni vergangenen Jahres wurde die Ufergestaltung mit 14 der betroffenen Anwohner im Bereich der Schaftlacher Straße erstmals diskutiert. „Seither seien etliche Ortsbesichtigungen erfolgt“, so Bürgermeister Georg von Preysing (CSU) in der gestrigen Gemeinderatssitzung.
Man habe „viele Details durchgearbeitet“ und mit manchen Anwohnern sogar mehrmals gesprochen. Es galt, verschiedene Gestaltungsvarianten abzusprechen. Das mit den Hochwasserschutzmanßnahmen beauftragte Münchner Ingenierbüro SKI stellte vier Varianten zur Wahl: Das Ufer der Moosbachsohle könne entweder mit Beton- oder Spundwänden, Natursteinmauern oder Gabionen (Drahtschotterkästen) erhöht werden.
Abschnitt B – der Knackpunkt
Das Gesamtkonzept wurde dabei in drei Teile gegliedert. Abschnitt A betrifft den Überschwemmungsbereich, also den bereits fertiggestellten Damm inklusive Hinterland. Abschnitt B bezieht sich innerorts auf den Auslauf des Damms bis zur Bundesstraße, und Abschnitt C verläuft von der Bundesstraße über die Felder Richtung Festenbach.
Während die Abschnitte A und C von der Planung soweit abgeschlossen sind, gab es beim letzten Planungsabschnitt entlang der Schaftlacher Straße bis zuletzt Handlungsbedarf. Dr. Frank Kleist vom Ingenieurbüro SKI stellte den Gemeinderatsmitgliedern in der gestrigen Sitzung zunächst einmal die Strömungsverlaufsituation des Moosbachs dar.
800.000 Euro Gesamtkosten
Alle möglichen Hochwasserschutz-Varianten seien geprüft worden, so Kleist. Das Problem innerorts sei, dass der Moosbach dort stark ausufere. Beim Anwesen Eder fabriziere er durch die Engestelle des dortigen Überbaus einen Rückstau. Die Brücke stelle dagegen kein Problem mehr dar. Wasserbaurechtliche und ökologische Abwägungen hätten die Grundlage für die nächsten Planungsschritte gebildet, so Kleist.
Ich glaube, jetzt können wir ins Planfeststellungsverfahren gehen.
Der dafür benötigte Bericht sei „weitgehend fertig“, ebenso wie die Pläne. Die Netto-Gesamtkosten für das Projekt betragen etwa 800.000 Euro, wobei 50 Prozent vom Freistaat bezuschusst werden. Noch vor Weihnachten sei man soweit, den Antrag beim Landratsamt einzureichen. Ohne Gerichtsverfahren würde das Ganze nach Auslegung und Berücksichtigungen der Einwendungen etwa ein dreiviertel Jahr dauern, so Kleist.
Auch „mit der Anliegerfamilie“ habe man inzwischen einen Kompromiss gefunden. Mit den „unterliegenden Anwohnern“ habe es Diskussionen um den Baumbestand gegeben. Auch hier habe man versucht, „wichtige Bäume zu erhalten“.
Dafür müsse allerdings der Ausbau mehr zu den Grundstücken hin erfolgen. Obwohl die Gemeinde einem Anlieger einen Teil des Grundstückes zu einer „guten Summe“ habe abkaufen wollen, sei dieser nicht willens gewesen, berichtet Kleist.
Trockenbeton gegen die Wassermassen
Zumindest habe sich die Gemeinde mit den Anwohnern geeingt, die Ufermauern mit Trockenbeton zu machen, und den Bach tieferzulegen. Die Variante mit Trockenbeton sei zwar nicht ganz billig, so Kleist, stelle aber ein schöneres Landschaftsbild dar.
Da ein Abfluss bei Hochwasser nun ebenfalls gewährleistet sei, bestünde auch keine Rückstaugefahr mehr. Die vom Landratsamt beauftragte Firma Ökon sollte prüfen, inwieweit Natur und Umwelt von der Wasserschutzmaßnahme betroffen sind. Deren Geschäftsführer Hans Schmidt teilte gestern das Ergebnis der Untersuchungen mit.
Wagner spricht sich für Enteignung aus
Durch die Baumaßnahme komme es zu einer vorübergehenden Beeinträchtigung der Wasserqualität. Auch streng geschützte Vögel, Fledermäuse und Bäume würden ihren Lebensraum verlieren. Um dies zu kompensieren, müssten Ausgleichsflächen geschaffen werden. Von Preysing betonte, dass man jetzt mit deutlich weniger Maßnahmen auskomme.
Helga Wagner (Bündnis 90/Grüne) konnte nicht fassen, dass es „eine Person gibt“, die sich so vehement weigert, ihr Grundstück abzutreten. „Wenn es zum Schaden der Allgemeinheit ist, könne man doch den Grundstücksteil enteignen. Das ist in anderen Dörfern auch so.“
„Wir leben nicht im Kommunismus“
Man habe dem „Besitzer des Überbaus ein sehr sehr großes Angebot gemacht“, antwortete von Preysing. Es habe deshalb keine Enteignung stattgefunden, weil es eine Alternative gab. „Jetzt bleibt der Überbau stehen, und die Arbeiten müssen in Tunnelbauweise erfolgen“. Diese Kosten hätte man sich sparen können, so von Preysing. Er gab zu Bedenken, dass ein Enteignungsverfahren mindestens noch einmal fünf Jahre gedauert hätte.
Wagner ließ nicht locker: „So ist die Maßnahme aber teurer.“ Man habe mindestens 14 Mal mit der Familie Zacherl geredet, so von Preysing und fügte hinzu: „Der Überbau ist berechtigt. Das Eigentum hat einen hohen Stellenwert, das muss man respektieren. Wir leben nicht im Kommunismus.“ Wagner wollte das nicht akzeptieren und versprach, sich schlau zu machen.
Von Preysing gibt Gas
Gmunds zweiter Bürgermeister Georg Rabl (FWG) wies darauf hin, dass „ein solcher naturnaher Ausbau ein Riesenvorteil für den ganzen Ort“ sei. Er hoffe auf ein zügiges Verfahren, bevor das nächste Hochwasser anstehe und befürwortete einen schnellen Startschuss.
Barbara von Miller (SPD) wollte noch wissen, wie denn das Wasser aus der Überflutungsfläche ablaufe, woraufhin der Bürgermeister ihr erklärte, dass die Grundfläche so modelliert werde, dass das Wasser wieder in den Bach hineinlaufe. Mit einer dreiprozentigen Neigung von der Südseite her.
Für Bürgermeister von Preysing war es ein Anliegen, das Projekt noch während seiner Amtszeit auf den Weg zu bringen. Deshalb bat er die Gemeinderatsmitglieder, die Planung zu billigen. Was sie auch einstimmig taten.
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