Alles wartete und hing an einer Sache: der Schlussrechnung für die umstrittene Straßensanierung in Ellmösl in Rottach-Egern. Doch ohne die Abrechnung der verantwortlichen Straßenbaufirma – der Lenggrieser Firma Willibald – konnte die Gemeinde keine Endrechnung verschicken. Und auch der von den Anwohnern eingeschaltete Anwalt musste auf die Rechnung warten, um agieren zu können.
Wie berichtet, wurde die Straße verbreitert, neu geteert, eine Frostschutzschicht eingebaut und in diesem Zuge dessen neue Wasserleitungen und Kanalanschlüsse verlegt. “Völlig unnötig und ungefragt”, wie ein Anwohner damals bemängelte. Denn diese Kosten trägt der Hauseigentümer, nicht – wie sonst üblich – der Abwasserversorger.
„Anwalt hat sich rentiert“
Von der Rechnung der Straßenbaufirma hing es also ab, wieviel Geld die Anwohner für den umstrittenen Straßenausbau letztendlich noch zu zahlen hatten. Geklärt werden sollte vor allem, ob die Höhe der Kosten rechtswidrig ist, und ob die Straßensanierung nicht deutlich günstiger hätte durchgeführt werden können.
Im Juli dieses Jahres lag diese dann endlich im Rottacher Rathaus vor. Diese wurde sodann vom Ingenieur- und Planungsbüro Strohschneider geprüft, und die Bescheide daraufhin Mitte November den Anwohnern zugestellt. „Der Anwalt hat sich rentiert“, freut sich ein Anwohner.
Die „ganzen Ungereimtheiten“ seien ausgeräumt und etliche Posten auf der Rechnung gestrichen worden. Er selbst müsse jetzt abschließend noch 6.000 Euro zahlen, sagt er. Je nach Grundstücksgröße und Anzahl der Geschosse fielen auf jeden der 35 Anlieger zwischen 15.000 und 30.000 Euro. 50 Prozent der zu erwartenden Kosten hatten sie bereits im Oktober vorletzten Jahres in Rechnung gestellt bekommen.
Eine Million für eine zirka 300 Meter lange Straße
Von den Anwohnern verlangte die Gemeinde die anteiligen Herstellungskosten von immerhin 70 Prozent der mit fast 887.000 Euro veranschlagten Sanierungskosten. Zuzüglich der Kosten für den Architekten, der Straßenbeleuchtung und sonstiger Nebenkosten in Höhe von etwa 136.000 Euro beliefen sich die Gesamtkosten damit für die Anwohner auf etwa 1.025.000 Euro.
Der Münchner Anwalt Christian Langgartner hat nach Prüfung der Endrechnung nun erreicht, dass lediglich ein Gesamtbetrag von etwa 715.000 Euro auf die Bürger von Ellmösl umgelegt wird. Davon übernimmt die Gemeinde laut Satzung etwa 214.000 Euro (30 Prozent), sodass auf die Anlieger etwa 500.000 Euro umzulegen seien.
Eingespart werden konnten beispielsweise etliche Posten im Ausgangsangebot der Firma Willibald. Weiterhin konnte erreicht werden, so heißt es in dem Schreiben, dass „die Gemeinde Rottach-Egern vor allem wegen des Grünstreifens zwischen der Gemeindeverbindungsstraße und der ausgebauten Anliegerstraße einen weiteren Betrag von zirka 12.900 Euro übernimmt.“
Erspartes geht für Straße drauf anstatt für Alterspflege
Dieser Grünstreifen werde nicht als Außenbereich, sondern als eventuelles Bauland angesehen. Somit verbleibe ein Gesamtbetrag von exakt 487.425,88 Euro, der auf die Bürger von Ellmösl umzulegen sei. Per Schreiben vom 27. Oktober wurden den Anwohner deshalb empfohlen, gegen den Mitte November eintreffenden Kostenbescheid keinen Widerspruch einzulegen.
Zwar bietet die Gemeinde den Anliegern an, die anteiligen Herstellungskosten innerhalb der nächsten zwei Jahre in Raten abzuzahlen, nichtsdestotrotz bedeutet der Straßenausbau für viele der Anwohner in Ellmösl ein finanzielles Desaster (wir berichteten). Eine Anwohnerin sagt heute:
Viele mussten Geld aufnehmen. Es war keiner da, der’s gleich gehabt hat. Aber wenigstens geben sie einem die Zeit, das abzubezahlen.
Viele hätten nun ihr Erspartes für die Straße anstatt für die Pflege im Alter hergeben müssen. Knapp 3.000 Euro hat sie selbst noch zu zahlen. „Es hat sich auf jeden Fall gelohnt, einen Anwalt einzuschalten. Die Straße war doch etwas teuer.“ Jetzt sei der zu zahlende Betrag zumindest „geringer als gedacht“ ausgefallen, sagt sie.
Ein Grund zum Feiern für die Ellmösler
Eine andere Anwohnerin bestätigt, dass dies keine „Summe sei, die man in der Hosentasche habe“. Zwar sei die Straße im Großen und Ganzen schön geworden, aber etwa eine Million sei dafür doch etwas zuviel. Machen könne man „eh nix“, sagt ein Anderer. Vielleicht werden künftig Betroffene einmal vom Einsatz der Anlieger profitieren, so hofft er. Sensibilisiert seien sie auf jeden Fall.
Gemeinden könnten ihren Bürgern solche Schockrechnungen ersparen, indem sie beispielsweise eine jährliche Summe für Straßensanierungen in ihren Straßenausbaubeitragssatzungen festschreiben. Die Frage bleibt allerdings, ob nicht vielmehr die öffentliche Hand grundsätzlich für die komplette Infrastruktur aufkommen sollte.
Den Ellmöslern hilft das zwar nichts mehr, nichtsdestotrotz sind sie erleichtert. Mit der ersparten Summe, so heißt es, könne man jetzt „ein gigantisches Ellmöslerfest feiern, das über Wochen andauern kann.“ Doch für den Anwalt muss auch noch etwas übrig bleiben. Die Rechnung haben sich die 27 Anwohner aufgeteilt. Etwa 118 Euro hat jeder einzelne zu zahlen. Dann kann die Akte “Ellmösl” geschlossen werden.
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