Am 19. Januar vergangenen Jahres standen Polizisten mit kugelsicheren Westen vor der Tür eines Rottachers. Im Auftrag des Landratsamtes sollten seine Waffen kontrolliert werden. Der 53-Jährige – Inhaber eines Jagdscheines und einer Waffenbesitzkarte – musste seinen Waffenschrank öffnen.
Gefunden wurde eine halbautomatische Kurzwaffe, Kaliber 765 Millimeter, ein Modell aus dem zweiten Weltkrieg, deren Nummer allerdings nicht im Waffenschein des Rottachers eingetragen war. Daraus schloss das Landratsamt, es handele sich um eine neu angeschaffte Pistole. Man warf dem 53-Jährigen vor, eine „illegale“ Waffe zu besitzen.
Unerlaubter Waffenbesitz oder Fehler bei „Umtragung“?
Bei einer vorherigen Waffenkontrolle im Jahr 2009 sei diese Diskrepanz weder aufgefallen noch beanstandet worden, verteidigte Rechtsanwalt Dr. Michael Jobst seinen Mandanten heute vor dem Miesbacher Gericht. Vielmehr habe der 80-jährige Vater seines Mandanten die Waffe seinem Sohn überlassen, als dieser seinen Jagdschein aus Altersgründen abgeben musste.
Was, wenn bei der „Waffenübertragung“ der Fehler entstanden ist, fragte der Anwalt. Was, wenn es sich nicht um „unerlaubten Waffenbesitz“ handelt? Schließlich habe sein Mandant lediglich die im Waffenschein seines Vaters eingetragenen Waffen beim Landratsamt in seinen Waffenschein übertragen lassen.
Der als Zeuge geladene Christian Pölt, Fachbereichsleiter für Öffentliche Sicherheit und Gewerbe beim Landratsamt Miesbach, bestätigte auf Nachfrage von Richter Leitner, dass es es sich bei Modell, Kaliber und Hersteller um die gleiche Waffe gehandelt habe, die auch im Waffenschein eingetragen ist. Nur eben die Nummer sei abgewichen.
Ob denn die Nummer vom Vater schon falsch erfasst worden sein könnte, will der Staatsanwalt wissen. Es stellt sich heraus, dass das Landratsamt „ausnahmsweise“ die Voreintragung der Waffen für den Angeklagten übernommen hat. Ungeprüft wurden alle beim Vater aufgelisteten Waffen in den Waffenschein des Angeklagten eingetragen.
Der Angeklagte wird freigesprochen
Der Staatsanwalt plädierte dafür, den Angeklagten freizusprechen. „Hier haben wir den Falschen erwischt“, urteilte Leitner. Dem Angeklagten sei nichts vorzuwerfen. Er habe immer nur diese eine Waffe vom Vater erworben und auch nur diese eine bis zuletzt im Waffenschrank gehabt. „Es kam keine dazu und ging keine weg.“
Der Angeklagte habe die falsche Nummer jedenfalls „nicht verursacht“ und deshalb auch „nichts damit zu tun“. Noch nicht einmal abgeschrieben habe er die Nummer – das habe das Landratsamt für ihn erledigt. Und er dürfe sich darauf verlassen, so Leitner, dass es das Amt richtig mache.
Pech für den Angeklagten trotz Freispruch: Seine Waffe bekommt er nicht zurück. Obwohl „nur“ die Nummer der Waffe falsch ist, kann sie nicht ohne weiteres auf ihn übertragen werden. Sie sei nach neuestem Gesetz wie eine „Fundwaffe“ zu behandeln, wie Landratsamt-Mitarbeiter Pölt erklärte und deshalb „illegal“.
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