Sag mir was Du trinkst, und ich sage Dir, wer Du bist. Nein, so arg ist es nicht – dennoch scheinen sich so manches heimische Bier und manche Gestalt des öffentlichen Landkreislebens einfach gesucht und gefunden zu haben. Pünktlich zum Fünfhundertsten des Reinheitsgebots stellen wir Ihnen also in einer launigen Serie die Biere der Region und ihre „gschleckerten“ Paten vor.
Wir treffen den Holzkirchner Bürgermeister an den Stufen des kleinen Theatrons neben der Holzkirchner Kulturzentrale – nehmen sozusagen für eine Weizen-Länge die Arena ein und bespielen sie in einem Einakter über die Demokratie. Wir haben nur wenige und gelegentliche Zuschauer dort an Holzkirchens kleinster Fußgängerzone der Welt, die der Komödie jedoch jeweils nur kurz beiwohnen.
Es ist gerade noch so früh, dass man das Tages-Weißbier noch als solches trinken kann, aber auch schon so spät, dass der erste Mann im Markte Feierabend hat. Gekonnt, einwandfrei und in einem Guss schenkt er das Bier ins Glas und bittet uns dabei, den spritzigen Frühlingsfestanstich mit keinem Wort zu erwähnen. Dieser Bitte kommen wir gerne nach.
Die Holzkirchner Weiße nimmt sich im Vergleich zu mancher Konzernschwester angenehm zurückhaltend aus und versprüht bereits äußerlich sommerliche Eleganz – ein Eindruck, der sich nach dem ersten Schluck auch geschmacklich bestätigt. Ohne schreiende Südfruchtaromen, eher stimmig und sympathisch flaniert es die Gurgel hinab und umarmt auf seinem Weg zum Magen förmlich jede Zelle.
Ausgewogen im Geschmack
„Wenn ich nun auf meine ersten beiden Jahre als Holzkirchner Bürgermeister zurückblicke, kommen mir spontan vor allem zwei Sachen in den Sinn“, so von Löwis: „Ich bin im Amt angekommen. Im Kreis, in der Marktgemeinde und bei den Bürgerinnen und Bürgern. Und zwar auf eine Art und Weise, wie sie mir entspricht. Mit Geduld und der Maxime, auch bei sensiblen Themen flache Rampen zu bauen, Wege zu finden und behutsam für einen sachlichen Diskurs zu sorgen. Ich möchte keine Gremien, in denen dem politischen Gegner bei jeder Gelegenheit ans Zeug geflickt wird.“
Olaf, der Umarmer – ein Kompliment derer, die sich in „seinem Holzkirchen“ wohlfühlen und ein Anwurf von denen, die sich wünschen, dass er für diese oder jene Angelegenheit die harten Bandagen anlegt und Krawall schlägt:
Damit kann ich leben. Bürgermeister zu sein heißt in der Tat für mich, es in erster Linie möglichst vielen recht zu machen, mit allen auszukommen. Ich positioniere mich lieber auf der Grundlage von Fakten und Tatsachen und lasse mich nicht von Emotionen oder einem vermeintlichen Allgemeinwohl verführen, das sich bei genauem Hinsehen dann doch als Partikularinteresse nach Sankt Florian herausstellt.
Dazu blickt von Löwis beispielhaft zurück auf einen Konflikt mit seinem Vater: „Während ich damals als junger Bursch in Freising gegen den Flughafenbau protestiert habe, hat er erkannt, wie wichtig der Bau als Infrastrukturmaßnahme war – und sich dafür eingesetzt, obwohl wir direkt in der Einflugschneise gewohnt haben. Ich habe dann erst später erkannt, dass Demokratie nur so funktionieren kann, wenn sie mehr bedeutet als ein Hauen und Stechen für die eigenen Belange.“
Das Weißbierglas ist halb voll, um es mit von Löwis‘ anthroposophischer Weltsicht zu sagen. Er geht auch nach zwei Jahren Amtszeit davon aus, dass der Mensch, ergo auch der Holzkirchner grundsätzlich gut ist. Dennoch blickt er kritisch auf die Zukunft der Demokratie, sieht sie in Gefahr in einer politischen Kultur, die auf vermeintlich schweigenden Mehrheiten fußt. Oder nach ihnen schielt.
Bekömmlich statt beliebig
Vor diesem Hintergrund müssen wir fragen, ob nicht gerade seine Politik des Konsenses, der flachen Rampen, der Annäherung fließend übergehend könne in eben diesen Opportunismus?
„Opportunismus setzt einen Mangel an Positionen voraus“, so von Löwis. „Mir ist bewusst, dass man gerade bei einem konsensorientierten Politikstil in den Verdacht gerät, in erster Linie den eigenen Machterhalt vor Augen zu haben. Das kann ich in mehrfacher Hinsicht ganz leicht entkräften: Zum einen kenne und achte ich die feine Grenze zwischen Umarmen und Anbiedern. Darüber hinaus bin ich kein Karrierist – ich bin dankbar, auch jenseits der Politik auf ein Berufsleben zurückblicken zu dürfen, das mich erfüllt hat. Ich muss mir keine Denkmäler mehr setzen oder Vorteile verschaffen. Es ist mir schlicht eine Herzensangelegenheit, in meiner Amtszeit auch in sensiblen Themen unser Holzkirchen zu gestalten – auch wenn es dem einen oder anderen manchmal nicht laut genug scheint.“
Der Juni macht uns wieder den April, die ersten Regentropfen zwingen uns zu einem letzten beherzten Schluck – und einem genussvollen Fazit: „Es ist wie bei einem guten Weißbier. Was nützt die große Geschmacksexplosion, wenn es danach sauer aufstößt.“
Alle bisherigen Bierpatenschaften der Stimme hier im Überblick:
Teil 1: Martin Calsow und das Holzkirchner Gold
Teil 2: Elisabeth Schwojer und das Hoppebräu
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