Geld regiert … den Takt der BOB

12.000 Fahrgäste benutzen täglich die BOB. Ohne die Regionalbahn würde der Verkehr im Oberland deutlich zunehmen. Um aber Kapazitätsengpässe sicher zu vermeiden, müssten Fahrpläne erweitert und Züge auf einen Halbstundentakt verdichtet werden. Dabei ist nun klar, das dafür nötige “Kleingeld” soll es nicht geben.

Mit welchem Takt fährt die BOB in die Zukunft?
Mit welchem Takt fährt die BOB in die Zukunft?

Kürzungen im Fahrplanangebot, steigende Preise und eine mangelhafte Infrastruktur sind die Konsequenzen aus der bisherigen Verkehrspolitik des Freistaates Bayern. Seit Jahren schon fordern Länder und Gewerkschaften deshalb mehr Geld.

Eine „chronische Unterfinanzierung“ habe man bei den Regionalzügen, sagt Norbert Moy, Vorsitzender des Fahrgastverbandes PRO BAHN. Fahrplanerweiterungen im Berufs- und Ausflugsverkehr, hätten seiner Meinung nach bisher nur die schlimmsten Engpässe aufgefangen. Zwar seien die Fahrpläne der Bayerischen Oberlandbahn (BOB) in den letzten Jahren weiter verdichtet worden, aber halbstündliche Verbindungen bestehen hauptsächlich im Berufsverkehr.

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Für einen 30-Minuten-Takt muss das Schienennetz ausgebaut werden

Aus Sicht von PRO BAHN wäre es sinnvoll, für die BOB mindestens einen 30-Minuten-Takt bis Bad Tölz, Miesbach, Schliersee und Bayrischzell anzubieten. Aber: Eine weitere Taktverdichtung sei derzeit nicht vorgesehen, das teilte die stellvertretende Pressesprecherin des Bayerischen Verkehrsminsteriums Kathrin Fändrich bereits vor vier Wochen auf Nachfrage der Tegernseer Stimme mit. Und Hedwig Schubert, Bereichsleiterin der Bayerischen Eisenbahngesellschaft (BEG) erklärte dazu:

Seit Dezember 2013 wurde das Fahrplanangebot deutlich verdichtet. Weitere Verdichtungen wären nur durch eine Verbesserung der Gleise, den Ausbau eingleisiger Strecken, Stellwerke, Weichen und Signale möglich.

Obwohl die Nachfrage im Netz der BOB von 2011 auf 2015 an Werktagen um 28 Prozent, und an den Wochenenden um knapp neun Prozent gestiegen sei, soll die Infrastruktur nicht ausgebaut weiter werden. Diese Aussage kommt nun auch von oberster Stelle. So erklärt Bayerns Innenminister Joachim Herrmann (CSU), dass es für die Ausweitung des Halbstunden-Taktes im Fahrplan der BOB bis Bayrischzell keine Unterstützung geben werde.

Das geht aus der Antwort von Herrmann auf die Resolution des Landkreises von Mai 2016 hervor. Die Begründung Herrmanns liest sich wie eine definitive Absage, die vor allem mit den hohen Investitionen begründet wird:

Die infrastrukturellen Erfordernisse für eine Ausweitung des Halbstundentaktes München – Schliersee auf den anschließenden Streckenabschnitt Schliersee – Bayerischzell hat die BEG von der DB Netz AG prüfen lassen. Alleine auf der Strecke Holzkirchen – Schliersee wären rund 20 Millionen Euro zu investieren. Zählt man die von ihnen aufgelisteten Maßnahmen auf den anderen Linienästen hinzu, erhöht sich dieser Beitrag nochmal deutlich.

Nach Auskunft von Herrmann „kann der Freistaat (…) auch künftig keine großen Zugkilometermehrungen in Aussicht stellen, sondern muss Prioritäten setzen“. Zu diesen Prioritäten gehört der Zugverkehr im Oberland scheinbar nicht.

Verantwortung wird hin- und hergeschoben

Landrat Wolfganz Rzehak zeigt sich in einer Stellungnahme von Freitag enttäuscht und bemängelt, dass die Verantwortung hin- und hergeschoben wird. Und der Fachbereichsleiter für Straßenverkehrswesen im Landratsamt, Peter Schiffmann kommentiert die Entscheidung mit einem: „Dies scheitert ganz klar nicht am fehlenden Willen der BOB und auch nicht der DB Netz AG“. Dabei stellte BOB-Pressesprecher Christopher Raabe vor rund einem Monat auf Nachfrage fest:

Wir fahren mit der BOB bereits einen sehr guten Takt und verstärken nach Möglichkeit Züge, die erfahrungsgemäß stark nachgefragt sind.

Um halbstündlich zu fahren, bräuchte man allerdings die beschriebenen infrastrukturellen Mindestvoraussetzungen. “Diese sind mit heutigem Stand nicht gegeben.” Und nach der gestrigen Entscheidung dürften diese auch auf absehbare Zeit nicht mehr kommen.

Kosten für Infrastrukturbenutzung überproportional gestiegen

Die Länder erhalten vom Bund sogenannte „Regionalisierungsmittel“, um den Schienenpersonennahverkehr (SPNV) zu finanzieren. 2014 und 2015 betrugen diese 7,3 Milliarden Euro pro Jahr. Die Bundesländer hatten jedoch per Gutachten einen jährlichen Bedarf in Höhe von 8,5 Milliarden Euro ermittelt. Im Juni dieses Jahres wurden die Regionalisierungsmittel für 2016 nun auf 8,2 Milliarden Euro angepasst. Bayern bekommt davon etwa eine Milliarde Euro. Davon wird beispielsweise der Zugverkehr bei der BOB bestellt.

Doch damit ist die langfristige Finanzierung des Nahverkehrs auf der Schiene nicht gesichert. Um für eine nachhaltige Mobilität zu sorgen, müssen nach Ansicht der Experten weitere Verbesserungen vorgenommen werden. Doch die Bayerische Eisenbahngesellschaft sieht hier nur geringe Spielräume, weil die Kosten für die Infrastrukturbenutzung der bundeseigenen Bahnlinien in den letzten Jahren überproportional gestiegen sind, wie PRO BAHN-Vorsitzender Norbert Moy erklärt. Er meint:

Es müssen Ziele definiert und Konzepte umgesetzt werden, die unter anderem auch dem Klimaschutz Rechnung tragen.

Ein Konzept: Elektro-Züge statt Diesel-Loks. Doch bis dahin könnten noch locker 25 Jahre vergehen, wie die BOB kürzlich mitteilte. Dass diese Einschätzung nicht unrealistisch ist, zeigt der zweite Teil der Antwort des Innenministers.

So bat im Mai die Tegernseebahn Betriebsgesellschaft (TBG) um Fördermittel des Bundes für eine Machbarkeitsstudie für sogenannte E-Tender oder Akkuloks, die die weniger umweltfreundlichen Dieselloks auf absehbare Zeit auch im Oberland ablösen könnten. Doch scheinbar hat der frühere BOB-Chef und jetzige Tegernseebahn-Geschäftsführer Heino Seeger Probleme das Projekt auf die Straße zu bringen.

Heino Seeger vor einer alten Diesellok / Archivbild
Heino Seeger vor einer alten Dampflok / Archivbild

Denn Herrmann erklärt in seiner Absage, ihm sei „zu Ohren gekommen, dass die ursprünglich angestrebte Kooperation der TBG mit ihrem Partner auf Fahrzeugseite, der Schweizer Stadler Rail Group, nicht zustande gekommen ist“. Deshalb, so Herrman, bearbeite das Bundesministerium den Antrag nicht weiter, und er sehe daher auch keine Möglichkeit, den Förderantrag zu unterstützen.

Gegenüber dem Merkur bestätigt Seeger die Schwierigkeiten im Grunde: “Es stimmt, uns fehlt zurzeit ein Produzent.” Doch er erklärt auch, dass man mit weiteren Herstellern in Gesprächen sei. Dabei findet Herrmann den Ansatz grundsätzlich “durchaus prüfenswert”. Doch auch hier soll erstmal kein Geld fließen. Die Unterstützung, die sich Seeger von Seiten der Politik wüscht, gibt es zur Zeit also nur in der Sparversion.

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