Wie berichtet hatte eine 33-jährige, alleinerziehende Mutter aus Gmund im Oktober vergangenen Jahres mit den Behörden zu kämpfen. Weil man ihren Antrag auf Sozialhilfe aufgrund fehlender Unterlagen angeblich nicht bearbeiten konnte, zog sich das Bewilligungsverfahren über Monate hin. Aufgrund der dadurch entstandenen Mietrückstände hatte der Vermieter der jungen Mutter bereits die Wohnung gekündigt.
Die 33-Jährige suchte das Gespräch mit dem Vermieter. Dieser zeigte sich kooperativ und verlängerte den Mietvertrag um drei Monate. Mithilfe der finanziellen Unterstützung ihrer Familie gelang es der Gmunderin, die fehlenden Monatsmieten auszugleichen. Damit verschaffte sie sich etwas Zeit. In der Zwischenzeit lebte sie vom Kindergeld und den 120 Euro, die der Vater der Kinder an Unterhalt überweist.
Amt reagiert sofort nach Veröffentlichung
In ihrer Not wandte sich die 33-Jährige im Oktober vergangenen Jahres an die Presse. Kurz nach Veröffentlichung des Artikels kündigte sich das Jugendamt bei ihr an. Man hätte sich wegen der Wohnungskündigung Sorgen um die Kinder gemacht, so hieß es. Ein Termin sei aber bis heute nicht zustande gekommen, berichtet die junge Mutter. Kurze Zeit später wurden die gesamten Mietrückstände überwiesen.
Daraufhin zog der Vermieter seine Kündigung zurück. Doch die Freude bei der jungen Frau währte nur kurz. Auf einmal stand die Polizei vor ihrer Haustür. Die zuständige Sachbearbeiterin bei der ARGE – der aus Arbeitsagentur und Sozialamt bestehenden Arbeitsgemeinschaft – hatte sie wegen „übler Nachrede“ angezeigt. Dabei bezog sie sich auf ein Schreiben, indem die 33-Jährige ihr vorgeworfen hatte, sie würde die Bearbeitung ihres Falles absichtlich in die Länge ziehen und „Freude an dieser Art von Schikane“ haben.
Was sagt das Landratsamt?
Warum man ihr kein Überbrückungsgeld oder einen Vorschuss gezahlt habe, kann sie bis heute nicht verstehen. Ihrer zuständigen Sachbearbeiterin unterstellt sie weiterhin Desinteresse am Ernst der Lage – und hat jetzt eine Anzeige wegen „übler Nachrede“ am Hals. Selbst die Polizei, die sie mit der Anzeige konfrontierte, habe sich „fassungslos“ gezeigt, berichtet die junge Mutter.
Die Anzeige liegt derzeit bei der Staatsanwaltschaft. Diese stuft das Vergehen ein, in welcher Höhe Schadenersatz geleistet werden muss. „Üble Nachrede“ wird im Fall einer strafrechtlichen Verfolgung mit einer Geldstrafe geahndet. Die junge Mutter muss mit 300 Euro rechnen, wenn der Fall vor Gericht kommen sollte.
“Ein Hoch auf unser Rechtssytem”, so kommentiert die 33-Jährige den Fall. „Mir kommt das vor wie „mundtot machen“. Aus Angst vor Anwaltskosten scheut sich die 33-Jährige jedoch, Widerspruch einzulegen. Und damit hat sie nicht ganz Unrecht.
Denn sollte es zu einem Strafbefehl oder einer Anklage kommen, habe die Mutter wohl keinen Anspruch auf einen Pflichtverteidiger, sagt die stellvertretende Pressesprecherin Dr. Gabriele Moser vom Miesbacher Amtsgericht auf Nachfrage. Das Delikt falle nämlich laut §140 der Strafprozessordnung (StPO) nicht in den Katalog der Taten, die dafür vorgesehen sind. Es gebe zwar die Möglichkeit einer Beratung, aber einen Anspruch auf Verfahrenskostenhilfe habe die Beschuldigte nicht.
Das Landratsamt nimmt zu dem Vorfall wie folgt Stellung:
Leider können wir Ihnen aus datenschutzrechtlichen Gründen keine Auskunft erteilen, ob das Amt einen Strafantrag gestellt hat, weil einer Sachbearbeiterin von einer Bürgerin unwahr Straftaten im Amt unterstellt wurden.
Pressesprecher Birger Nemitz fügt im nächsten Satz aber sogleich hinzu, dass man „laufende Verfahren nie kommentiere“. Sollte es zu einer Verhandlung vor dem Amtsgericht Miesbach kommen, so Nemitz, werden diese in der Regel öffentlich geführt. Dann könne man sich – wie alle anderen Bürger auch – über den Sachverhalt informieren.
SOCIAL MEDIA SEITEN