„Strabs“ – ist die Abkürzung für „Straßenausbaubeitragssatzung“ und klingt erst einmal wie ein Schlückchen Alkohol ohne besondere Nachwirkungen. Und doch ist es ein bürokratisches Regelwerk, das Anliegern Kopfschmerzen und schlechte Laune verursacht. Denn die „Strabs“ verpflichtet die Gemeinden dazu, die Anlieger an den Straßenausbau-Kosten beteiligen.
Aber nicht alle Kommunen richten sich danach und verlangen einen entsprechenden Obulus. Und wenn doch, kommen für den Einzelnen schnell einmal hohe Summen zusammen – so wie in Ellmösl (wir berichteten). Auch die Seestraße in Gmund sollte in diesem Jahr saniert werden. Doch die Gemeinde hatte ihr Vorhaben kurzerhand verschoben (wir berichteten). Ausgelöst hatte diese Entscheidung ein im Landtag eingereichter Antrag der Freien Wähler, die Straßenausbausatzung komplett aufzuheben. Und auch die CSU findet inzwischen, dass die Strabs abgeschafft gehört.
Zwei Anwohner gehen juristisch vor
Im Hinblick auf die bevorstehende Landtagswahl im Herbst 2018 ging man deshalb in Gmund davon aus, dass diesem Antrag stattgegeben wird. So erklärte Gmunds Bürgermeister Georg von Preysing (CSU) in einer Gemeinderatssitzung Anfang Dezember vergangenen Jahres:
Es wäre fatal, wenn wir den Ausbau starten und die Anwohner zur Kasse bitten und der Landtag dann diese Regelung aufhebt.
Und dies dürfte wohl auch der Fall sein, nachdem jetzt auch die CSU die Beiträge zeitnah abschaffen will. Und das würde für die Gemeinde Rottach-Egern, die Anfang April ihren Karl-Holl-Weg erneuern will, spätestens dann zum Problem werden, wenn es sich bei der bevorstehenden Sanierung um einen „Straßenausbau“ – und nicht um eine „Ersterschließung“ handeln würde, wie die Gemeinde nun vorgibt.
Ob die Straße tatsächlich zum ersten Mal erschlossen wird, klärt derzeit ein Münchner Anwalt für zwei der Anlieger am Karl-Holl-Weg. Diese sind nämlich der Meinung, dass „faktisch“ schon eine Straße existiere. Die Gemeinde Rottach-Egern pocht allerdings darauf, dass man eine „erstmalige Herstellung“ plane. Der Geschäftsleiter im Rathaus Gerhard Hofmann erklärt auf Nachfrage:
Beim Karl-Holl-Weg handelt es sich um eine Straße, an der die Gemeinde bisher nichts getan hat.
Somit sei die Sanierung „keine Baumaßnahme“, falle auch nicht unter den Paragraphen der Straßenausbausatzung und sei damit unabhängig von einer eventuellen Gesetzesänderung zu betrachten. „Es ist wurscht“, beteuert Hofmann, „ob die Straße jetzt oder in einem Jahr gemacht wird“. Die Kosten müssten die Anwohner der insgesamt acht Grundstücke ohnehin zu 90 Prozent tragen.
228.000 Euro kostet die Sanierung
Laut Hofmann seien die Anlieger bei der letzten Anliegerversammlung noch alle „zufrieden“ gewesen, jetzt „versteht es keiner mehr“. Insbesondere Thomas Auracher (48), Besitzer des Hotels „Berlin“ war im Nachhinein nicht gut auf das Rottacher Rathaus zu sprechen. Aufgrund seines Gewerbebetriebes ist er derjenige, der den größten Beitrag zu zahlen hat.
Etwa 213.000 Euro kostet der Ausbau insgesamt, schätzt die Gemeinde. Hinzu kommen 15.000 Euro für den Grunderwerb, so Hofmann. Dass dieses Geld erst jetzt fällig sei, wäre Bestandteil der damaligen Vereinbarung gewesen, begründet der Geschäftsleiter die späte Zahlung. Die Straße sei erst im Jahr 2003 in Gemeindeeigentum übergegangen. Vorher sei die Straße in privater Hand gewesen, betont Hofmann. Und erst 2009 sei die Straße “gewidmet”, das heißt als “öffentliche Straße” festgelegt worden.
Deshalb sei an der Straße noch nie etwas getan worden. Das sei jetzt aber dringend notwendig, sagt er. Der Karl-Holl-Weg sei mit Ausnahme der Ganghofer Straße die „schlechteste Straße in Rottach“. Sie habe weder einen frostsicheren Unterbau oder eine Asphaltdeckschicht, noch eine Straßenentwässerung oder Beleuchtung. Hier müsse quasi „alles neu gemacht werden“. Bei Regen gäbe es dort eine Pfütze nach der anderen, so sieht es Hofmannn. Das Wasser sollte ja schließlich nicht „in die Keller laufen“.
Eine Sackgasse?
Dabei wirkt der 154 Meter lange Karl-Holl-Weg eher wie ein unbedeutender, kaum befahrener Nebenweg, für den die Anlieger der acht umliegenden Grundstücke nun eine nicht unerhebliche Summe zahlen müssen. Diese „immensen Kosten“ wollen sie natürlich vermeiden. Der Anwalt prüft aktuell, wann genau die Straße gebaut worden ist. Sollte dies vor 1961 der Fall gewesen sein, bevor also das Bundesbaugesetz in Kraft trat, könnte eventuell eine andere Regelung als die einer Ersterschließung greifen.
Sollte der Anwalt zu dem Ergebnis kommen, dass es keine Ersterschließung ist, dann müsste die Straße im Rahmen der Straßenausbausatzung renoviert werden. Und wenn die wegfällt, bleibt die Gemeinde auf den Kosten sitzen. Da die Straße auch nicht vollkommen ausgebaut, sondern ab dem Hotel Berlin mit Schotter versehen ist, könnte es sich auch um eine Sackgasse handeln. Zwei bis drei Wochen hat die Gemeinde jetzt Zeit, auf die Fragen des Anwalts zu reagieren. Ob es einen Weg für die Anlieger hinaus aus der Kostenfalle gibt, ist damit aktuell in jeglicher Hinsicht offen.
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