Noch lässt die stellvertretende Sprecherin der Staatsanwaltschaft München II die Katze nicht aus dem Sack. Karin Jung erklärt auf Nachfrage nur, dass „zeitnah eine Pressemitteilung beabsichtigt ist“, wenn den Beteiligten „die Abschlussverfügungen zugestellt“ worden seien. Diese Post müsste in den nächsten Tagen ankommen. Dann dürfte klar sein, gegen wen der 20 Beschuldigten Anklage erhoben wird, wer mit einem Strafbefehl zu rechnen hat und gegen wen das Verfahren eingestellt wird.
Der Vorwurf der Untreue in den Jahren 2008 bis 2013 stand in 17 Fällen am Anfang der Ermittlungen, in drei Fällen waren es Bestechung, Vorteilsnahme und Bestechlichkeit. Zur Razzia kam es am 27. Januar 2015. 13 Staatsanwälte und 75 Ermittler des Landeskriminalamtes durchsuchten 27 Wohnungen und Geschäftsräume im Landkreis Miesbach.
Nach der Auswertung von 450 Aktenordnern und der Vernehmung von rund 50 Zeugen gelten neben Kreidl als Beschuldigte auch der frühere Vorstandsvorsitzende der Kreissparkasse, Georg Bromme, sein Nachfolger Martin Mihalovits, der frühere Vizelandrat Arnfried Färber, der Ex-Verwaltungsrat derzeitige Landrat Wolfgang Rzehak sowie weitere ehemalige Verwaltungsräte und Sparkassen-Vorstände.
Wer muss mit Anklage rechnen?
Das Innenministerium bezifferte einst die Schäden durch Kreidl auf 1,7 Millionen Euro, bei Ex-Sparkassenchef Georg Bromme auf 4,3 Millionen Euro. Etliche Ansprüche aber waren offenbar verjährt. Denn die Ermittler sollen nur noch ein Volumen von mehr als einer Million Euro im Visier gehabt haben. Aufgeflogen ist das Sponsoring Kreidls durch seine pompöse Geburtstagsfeier am 16. August 2013 im Wasmeier-Freilichtmuseum. Kreidl hatte sich seine 118.000 Euro teure Party vom Geldinstitut, dessen Chef des Verwaltungsrates er war, mit 77.000 Euro finanzieren lassen und durch den Landkreis Miesbach mit 33.000 Euro.
Doch bei den Ermittlungen zeigte sich, dass dies nur die Spitze eines Eisberges war. So hatte die Sparkasse für jeweils 1,5 Millionen Euro eine Alm bei Bayrischzell und den Psallierchor im früheren Tegernseer Kloster erworben, aber auch Jagdausflüge, Bürgermeisterfahrten und Ausstattungen von Büros und Sitzungssälen und anderes finanziert – alles Dinge, die nichts mit ihren Aufgaben zu tun hatten.
Die Forderungen der Kreissparkasse wurden durch die Haftpflichtversicherung bereits abgegolten. Diese hatte sich in einem Vergleich bereiterklärt, den entstandenen Schaden mit zwei Millionen Euro auszugleichen. „Seitens der Bank sind damit keine Forderungen mehr offen“, sagte bereits im Oktober 2015 Vorstandsvorsitzender Martin Mihalovits, er sei mit dem Vergleich „äußerst zufrieden“. Ob dies er und die anderen Beschuldigten auch von sich sagen können, werden die nächsten Tage zeigen. Bekommen sie Post vom Gericht, dürfte es die Anklageschrift sein. Ist der Absender die Staatsanwaltschaft, könnte es ein Strafbefehl oder die Einstellung des Verfahrens sein.
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