Es war heute im Sitzungssaal B266 des Landgerichts München wie ein Ausflug in die Cyberwelt, in der keine Bewegung mit Handy unentdeckt bleibt. Quasi: „Big Brother ist watching you“. Denn der Sachverständige für Telekommunikationsdaten des Landeskriminalamts konnte in seinem Gutachten jedes Ein- und Ausloggen des Handys der Angeklagten zum fraglichen Zeitpunkt mit hoher Wahrscheinlichkeit rekonstruieren.
Vor allem im Erdgeschoss-Zimmer auf der Palliativ-Station des Krankenhauses Agatharied, in das Böck zuletzt verlegt wurde. Dort herrschte ausreichender bis guter Empfang. Mit den Angaben der Provider und aufgrund der Messungen im Krankenhauses hätte man feststellen können, so der Gutachter, dass sich die 53-Jährige Betreuerin von Böck in deren Zimmer am Todestag von 7:24 Uhr bis 9:18 Uhr durchgängig aufgehalten habe, zumindest sei das Handy ständig im Raum gewesen. Das LTE-Netz sei dort gut zu empfangen.
Handydaten belasten Angeklagte
Die Recherche dieser entscheidenden knapp zwei Stunden ist deswegen von Bedeutung, weil eine junge Stationsärztin bereits um 9:30 Uhr die Todesbescheinigung für Böck ausstellte. Aber um 8:30 Uhr wäre die schwerkranke Patientin noch von zwei Krankenschwestern bei ihrem morgendlichen Rundgang lebend angetroffen worden. Das „Szenario“ des LKA-Beamten dürfte die Angeklagte schwer belasten, da sie offenbar zum Todeszeitpunkt von Böck in deren Zimmer war, zumindest jedenfalls ihr Handy. Mit ihrem Vodafone-Smartphone soll Renate W. auch in den Tagen nach Böcks Tod reichlich telefoniert haben.
Diesmal aber, so der IT-Experte, aus den Funkzellen von Böcks Villa am Riedlerberg 20 in Kreuth. Denn W. wird mit drei weiteren Angeklagten unter anderem des Bandendiebstahls beschuldigt, der bereits vor Böcks Tod begonnen haben soll, wie mehrere Zeuginnen im Laufe des Verfahrens bestätigten. Deshalb sei auch der Wiesseer Polizeibeamte Anton S. nach Kreuth gerufen worden, wie er heute als Zeuge aussagte. Nachbarn hätten ihn am 26. März 2016 verständigt, weil viele Gegenstände aus dem Haus in mehrere Fahrzeuge verladen würden. Bei seiner Spurensuche im Rupertihof, in dem Böck zuletzt wohnte, sei er in deren Zimmer auch auf ihr Testament vom Oktober 2015 gestoßen, beurkundet von einem Tegernseer Notar.
Böck war eine „schwierige Person“
Der Krankenschwester Sigrid S. aus Agatharied sei noch die Nacht vom 19. auf 20. März in besonderer Erinnerung. Denn nach Mitternacht sei der mitangeklagte bulgarische Hausmeister von Böck, Georgiev Z., in Begleitung von Renate W., auf die Station gekommen und habe um die Herausgabe des Kellerschlüssels von Böcks Villa gebeten, den die 58-Jährige aushändigte. Einen Besuch von „Betty“ in deren Zimmer habe sie aber verwehrt, „weil dies zu spät ist“. Der Schlüssel sei aber am Folgetag wieder abgegeben worden.
Bereits vor über 20 Jahren kam ein Kontakt von Böck mit dem Heimatforscher Benno E. aus Dürnbach zustande. Er sollte ein Bauernschlafzimmer der Kunsthändlerin Böck für das Tegernseer Heimatmuseum übernehmen. Doch aus dem Handel wurde nichts. Viele Jahre später dachte Böck wohl bereits an ihren Tod und eine entsprechend würdige Trauerfeier. Wegen der Musik sollte sich E. schon mal Gedanken machen.
In den letzten Wochen von Böck hatte der 82-Jährige dann mehr Kontakt zu der „eher schwierigen Person“. Sie sei aber immer „eine gute Haut gewesen“, weil sie „viel an verschiedene Organisationen gespendet“ habe. Auch am 22. März 2016, dem Todestag von Böck, habe Benno E. mit der Angeklagten telefoniert. Laut Kommunikationsdaten morgens um 8:19 Uhr vier Minuten und 10:55 Uhr dann zehn Minuten. Beim letzten Gespräch mit „Renate“ habe er womöglich vom Tod Böcks erfahren. Über Gesprächsinhalte konnte der LKA-Beamte aber nichts sagen.
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