„Du hast uns Gemeinderäte knallhart belogen“

Er hätte Magenschmerzen gehabt, als er am Freitag, den 13. die Zeitung aufschlug: Gemeinderatsmitglied Balthasar Brandhofer zeigte sich in der gestrigen Sitzung schwer enttäuscht über das erfundene Landratsamt-Zitat von Bürgermeister Sepp Hartl.

Muss derzeit Prügel aus allen Richtungen einstecken: Waakirchens Bürgermeister Sepp Hartl.

„Du hast uns Gemeinderäte knallhart belogen.“ Das warf Gemeinderat Balthasar Brandhofer (ABV) Bürgermeister Sepp Hartl in der gestrigen Gemeinderatssitzung an den Kopf. Kurz vor Sitzungsende zog Brandhofer ein Stück Papier hervor, nahm all seinen Mut zusammen und verlas ein selbstverfasstes Schreiben, worin er darlegte, was ihm die letzten Tage Magenschmerzen bereitet hatte.

Und das sei die Berichterstattung vom 13. April gewesen. Er hätte sich „furchtbar gefühlt“, so Brandhofer, als er an diesem Freitag lesen musste, dass Bürgermeister Josef Hartl (FWG) bei der jüngsten Bürgerversammlung den Eindruck erweckt hatte, der umstrittene „Flächendeal mit Hagleitner“ sei von oberster Stelle abgesegnet worden. „Damit hast Du uns großen Schaden zugefügt“, erklärte ein sichtlich enttäuschter Brandhofer gestern Abend.

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Hartl räumt „Fehler“ ein

Nach diesem Vorfall hätte er das Vertrauen in Hartl verloren. „Welcher Bürger glaubt uns jetzt noch? Der Bogen ist eindeutig überspannt.“ Selbst zum Stammtisch könne er nicht mehr gehen, ohne sich für Dinge verteidigen zu müssen, die er nicht zu verantworten habe. Wie berichtet hatte Hartl aus einem Schreiben des Landratsamtes zitiert und wider besseres Wissen noch einiges hinzugefügt.

Die Stellungnahme war als Antwort auf den Antrag einer Gruppe Waakirchner gedacht, die angezweifelt hatten, ob denn das Tauschgeschäft mit Gemeinderat Andreas Hagleitner (FWG) rechtmäßig gewesen sei. Als besonders pikant entpuppte sich der von Hartl im Nachhinein in freier Rede angefügte Satz: „Keiner der Vertragspartner hat sich durch den Grunderwerb unredlich bereichert. Leistung und Gegenleistung stehen in einem angemessenen Verhältnis”. Denn was Hartl der Öffentlichkeit als Zitat von Oberregierungsrat Stefan Köck verkaufte, stammte überhaupt nicht von ihm, wie sich später herausstellte.

Er sei im Redefluss gewesen, entschuldigte der Bürgermeister gestern Abend noch einmal diesen „Fehler“. „Ich hätte unterteilen sollen, welche Worte von Köck waren, und welches meine eigene Einschätzung.“ In einer Sondersitzung, die noch vor der Bürgerversammlung stattfand, hätte der Gemeinderat jedoch darüber diskutiert und beraten, die vierseitige Stellungnahme des Landratsamtes nur auszugsweise zu verlesen.

Vor Bürgerversammlung: Gemeinderat beruft Sondersitzung ein

Sinngemäß sei es jedoch richtig gewesen, so Hartl gestern. Sein Fehler sei nur der gewesen, dass er Köck als Unterzeichner angegeben hatte. „Wenn Du kein Vertrauen mehr zu mir hast“, so Hartl an Brandhofer gewandt, „mei – (kurze Pause) – dann muss ich damit leben“. Verstehen könne er ihn trotzdem. Er sei ein Bürger und hätte das Recht, seine Meinung zu äußern. „Ende.“

Norbert Kerkel (FWG) wollte scheinbar vom Thema ablenken als er plötzlich fragte: „Was ist eigentlich mit der Geschwindigkeitsbegrenzung?“ Aber Günther Schmöller (FWG) griff das Vorthema wieder auf. Zu Brandhofer gerichtet erklärte er: „Du warst nicht bei der Sondersitzung dabei. Man muss die Verfahrensweise zusammenfassen, damit die Bürger das verstehen.“

Rudi Reber unterbrach: „Die Idee war doch, das Schreiben vom Landratsamt vom Verfasser selbst vorlesen zu lassen.“ Monika Marstaller (FWG) zeigte sich überrascht von Brandhofers Rede. „Ich bin seit 22 Jahren im Gemeinderat und habe nicht das Gefühl, dass der Bürgermeister uns anlügt. Dass manchmal etwas komisch rüberkommt, ist vielleicht seine lockere Art. Deine Rede finde ich nicht richtig, jetzt, wo die Wogen aufgebracht sind.“

„Politik ist freundlich und schmutzig“

Hartl blieb allerdings gelassen: „Das ist Politik. Politik ist freundlich und schmutzig.“ Martin Weingärtner (ABV) dagegen stand auf Brandhofers Seite. „Auch ich bin enttäuscht, dass nicht richtig vorgetragen wurde.“ Hermann Mair (SPD) widersprach: „Es war doch unser einstimmiger Beschluss in dieser Sondersitzung, die Paragrafen bei der Stellungnahme des Landratsamtes wegzulassen, und das Schreiben lediglich sinngemäß wiederzugeben.“

Hartl wiederholte: „Es war ein Fehler. Dazu stehe ich. Ich werde mich darauf einstellen, mit diesem Fehler zu leben. Ob mit Vertrauen oder ohne. Fehler sind da, um sie zu machen. Dafür kriege ich meine Prügel. Aus.“ Dass deswegen gleich die Glaubwürdigkeit eines Menschen weg sei, glaube er nicht. Dafür hätte er sich jahrelang immer schützend vor seine Gemeinderäte gestellt.

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