Das Beispiel ist typisch für das Tegernseer Tal: ein Einheimischer erbt in Bad Wiessee ein riesiges Grundstück und will es meistbietend verkaufen. Der Bauausschuss ist empört – doch ihm “sind die Hände gebunden“.
Das Grundstück liegt im Kreuzungsbereich von Sanktjohanser- und Söllbachtalstraße, sowie dem Radlmaierweg. Es ist 4.000 Quadratmeter groß und nur locker mit zwei alten Häusern bebaut. Noch besticht es durch seinen Baumbestand samt Grünflächen. Doch dies soll sich nun ändern, nachdem die Besitzerin vor zwei Jahren verstarb und Sohn Franz T. die Immobilie erbte.
Nach Informationen der TS soll die Sparkasse für ihn auch einen Bauträger gefunden haben, die Volkheimer & Heil GmbH & Co. KG aus Oerlenbach im Landkreis Bad Kissingen. Nachdem diese Firma auch den Antrag auf Vorbescheid zur Bebauung des Grundstücks stellte, geht Bauamtsleiter Helmut Köckeis davon aus, „dass die Immobilie bald veräußert wird“.
Der ganze Bestand soll abgerissen und durch vier Mehrfamilienhäuser mit Tiefgarage ersetzt werden. Ein kleineres davon will T. selbst beziehen. Die anderen Gebäude mit einer Wandhöhe bis zu 7,60 Metern sollen mit je vier Eigentumswohnungen auf einer Grundfläche von jeweils 16,60 auf 12,50 Metern errichtet werden. Die Mindestabstandsgrenzen würden laut Köckeis eingehalten werden.
„Aus zwei mach vier“
Die Größe der zweigeschossigen Häuser soll mit der Bebauung auf dem Nachbargrundstück abgestimmt werden. Dort entsteht derzeit westlich davon ein Mehrfamilienhaus mit fünf Wohneinheiten. Damit ist der Bezugsfall offenbar gegeben, denn der interessierte Bauträger will geklärt wissen, ob die vier Mehrfamilienhäuser „planungsrechtlich zulässig“ wären.
Die Fragen der Orts- und Baugestaltung, sowie die Anzahl der Stellplätze würden dann mit einem Bauantrag geklärt werden. Köckeis: „Bisher hatte das Grundstück eine lockere Bebauung. Diese würde sich künftig mehr als verdoppeln“. Denn baurechtlich würde zunächst nichts gegen das Vorhaben sprechen. Aber sicherlich müsse man über die Tatsache aus „zwei mach vier“ diskutieren. Damit sprach Köckeis das Dilemma im Tal an, das ziemlichen Sprengstoff hat.
Gemeinderäte fühlen sich an den Pranger gestellt
„So geht der Ausverkauf unserer Heimat fröhlich weiter“, klagte Fritz Niedermaier (FWG). „Als Gemeinderäte werden wir beschimpft, wenn wir so etwas genehmigen, was baurechtlich wohl nicht zu verhindern ist. Aber es ist wie immer um den See“, musste Niedermaier einräumen:
Diejenigen, die verkaufen, sind immer Einheimische. Jeder möchte sein Grundstück bestmöglich versilbern.
Daher werde er gegen den Antrag stimmen. Anders sah dies CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter. „Keine großen Schinken, sondern vier kleinere Häuser“ würden auf dem Areal entstehen. „Wenn keine Gründe vorliegen, werde ich nicht nein sagen“.
Für Klaudia Martini (SPD) ist nun genau das eingetreten, wovor sie in den Bauausschusssitzungen immer gewarnt habe, „dass im Außenbereich sogar in den Hang hinein gebaut wird“. Deshalb plädiere sie für eine andere bauliche Struktur. Auf dieser Fläche könnten ihrer Ansicht nach auch fünf Einfamilienhäuser entstehen. Dies würde mehr dem Bedarf entsprechen.
„Doch wenn es Eigentumswohnungen werden, sind die Rollläden wieder runter“, monierte Martini. So würden die Häuser nur „phantasielos reingeknallt“. Er wolle nochmals mit dem Eigentümer reden, entgegnete Bürgermeister Peter Höß (FWG), denn bislang habe sich nur der Bauträger bei ihm gemeldet. Für Höß sei dies eine „unangenehme Situation“ gewesen.
Appell an die Einheimischen
Georg Erlacher (CSU) befürchtet, nicht mehr aus dem Kreislauf der Bezugsfälle herauszukommen. „Es müsste nun auch mal ein Umdenken bei den Einheimischen stattfinden. Denn man kann sich nicht nur immer darüber beklagen, dass viele Fremde ins Tal kommen“. Für Parteikollegen Florian Sareiter begann das Problem mit der Bebauung der Tegernseer Villen im Brennerpark. „Da ging das Übel ganz gewaltig los“.
Der vorliegende Vorbescheid sei dagegen mit den Wandhöhen „eher seicht“. Es sei eine Illusion zu glauben, ein Bauträger baue Einfamilienhäuser. „Der Kapitalismus“ sei hier einzig entscheidend. Schön sei das Bauvorhaben nicht, befand Sareiter, „auch wenn uns hier die Hände gebunden sind“. Dennoch werde er dafür stimmen.
Natürlich habe der Eigentümer, den er gut kenne, das Recht zu bauen, befand Markus Trinkl (FWG) „Aber muss es immer so groß werden? Denn als Einheimischer sollte man sich schon Gedanken machen, wie man mit seiner Heimat umgeht“. Man könne natürlich das Maximum herausholen und sich ein flottes Leben damit machen. „Aber als Einheimischer hat man auch eine gewisse Verpflichtung gegenüber seiner Heimat.“
Brennerpark als Negativbeispiel
Bei dieser Dramatik mit der Erbengesellschafft bekomme er „einen dicken Hals. Alles wird verkauft und für die Immobilienhaie ist das ein gefundenes Fressen“. Hier brauche es wieder eine andere Kultur. Fakt sei aber auch, dass der Gemeinderat nicht viel daran ändern könne. Bürgermeister Peter Höß (FWG) rief in Erinnerung:
Wir haben kürzlich gesagt, so etwas wie mit dem Brennerpark dürfe nicht mehr passieren. Jetzt stehen wir wieder vor einer vergleichbaren Situation mit den Abständen. Daher sollten wir nicht nochmals den gleichen Fehler machen und nun etwas genauer hinschauen.
Denn in dem Antrag seien weder Balkone noch Vordächer berücksichtigt. „Wenn wir diesen Vorbescheid laufen lassen, kommen wir nicht mehr davon runter“, warnte auch Martini. Daher sollte nochmals mit dem Grundstückseigentümer gesprochen werden. So sah es letztlich der gesamte Bauausschuss. Der Antrag wurde abgelehnt und zur Wiedervorlage erklärt.
SOCIAL MEDIA SEITEN