Wenn die Zypressen verstummen

Die Zypressen beschäftigen mich dauernd,… schrieb einst Vincent van Gogh an seinen Bruder. Jüngst beschäftigten sie den Waakirchner Gemeinderat.

Diese meterhohen Zypressen sollen im Herbst gefällt werden. / Foto: N. Kleim

„In den Linien und Proportionen so schön wie ein ägyptischer Obelisk. Und das Grün ist so ein ganz besonders feiner Ton. Es ist der schwarze Fleck in einer sonnenbeschiedenen Landschaft…“ So schrieb der niederländische Maler Vincent van Gogh einst an seinen Bruder über die Zypresse.

Die Zypresse gehört zu den immergrünen Pflanzen. Häufig findet man sie auf Friedhöfen. So auch auf dem Waakirchner in der Schaftlacher Straße. Und genau dort ist der „Baum der Auferstehung“ dem Tode geweiht. Weil sich das Wurzelwerk der meterhohen Zypressen immer weiter ausbreitet, ist der Waakirchner Gemeinderat dem Drängen der Bürger nachgekommen und hat einstimmig beschlossen, alle Bäume entfernen zu lassen. So wie es ist, könne es nicht mehr bleiben, zitiert Bauamtsleiter Christoph Marcher aus dem Beschwerdetopf.

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Was die Bürger ebenfalls störe, seien die Zweige und Zapfen der Zypressen, die auf die Gräber fallen, und die Grabbepflanzung „erschweren“. Die Vogelbrutzeit wolle man noch abwarten. Ende September/Anfang Oktober wolle man dann mit der Baumfällaktion starten. Ob der Bauhof das Fällen übernimmt, oder ob dies eine Spezialfirma macht, stehe noch nicht fest, so Marcher. Auf jeden Fall werde man die Situation vor Ort im Vorfeld begutachten und auch über Ersatzpflanzungen an anderer Stelle nachdenken.

Ein Wurzelwerk aus Trauer und Tod

Von alters her wird die Zypresse mit Trauer und Tod in Verbindung gebracht. Durch ihre immergrünen Zweige symbolisiert sie zugleich Hoffnung auf ewiges Leben. Da in der Antike galt die Zypresse als Baum des Gottes Apollo. Sie war somit ein heidnisches Symbol und wurde in der christlichen Kultur nur noch als Trauerbaum geduldet, der um Friedhöfe herum angepflanzt wurde.

Die kultivierten, säulenförmigen Zypressen waren für den italienischen Maler Leonardo da Vinci die Verbindung zwischen Himmel und Erde. Denn deren Baumspitzen zeigen unmissverständlich gen Himmel – ein Zeichen der Hoffnung, welches ab Herbst auf dem Waakirchner Friedhof verschwunden sein wird. „Es gibt Verluste“, so sagte der Philosoph Friedrich Wilhelm Nietzsche einst, „welche der Seele eine Erhabenheit mitteilen, bei der sie sich des Jammers enthält und sich wie unter hohen schwarzen Zypressen schweigend ergeht“. Sofern sie nicht vom eigenen Tod betroffen sind.

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