Seit 2007 bemühte sich die Gemeinde Waakirchen darum, die im Außenbereich liegenden, landwirtschaftlichen Flächen von Landwirt Johann Pichler nahe der Krottenthaler Alm als Gewerbegebiet auszuweisen. Der Kriechende Sellerie, eine streng geschützte Pflanzenart, machte diesem Vorhaben zunächst einen Strich durch die Rechnung.
Weil der Bund Naturschutz eine Umsiedlung der Pflanze forderte, verzögerte sich die Herausnahme der Flächen aus dem Landschaftsschutzgebiet. 2015 war es dann soweit: Die Flächen wurden als Gewerbegebiet ausgewiesen. Johann Pichler, der in Krottenthal einen Agrar-Service betreibt, vermarktet die etwa 30.000 Quadratmeter Gewerbeflächen zwar selbst, aber letztendlich entscheidet die Gemeinde, wer sich dort niederlassen darf.
Lokale statt dezentrale Abwasserbeseitigung
Sechs Firmen haben sich bereits auf dem Gelände angesiedelt. Drei bauen gerade. Unter anderem die Holzkirchner Gerüstbau-Firma Steinel sowie die Hartpenninger Zaunbau-Firma Wölkl. Beide Firmen wollen Lagerhallen errichten. Steinel plant zusätzlich die Aufstellung von acht überdachten Containern. Bis Ende des Jahres rechnet man damit, dass noch ein bis drei Firmen dazukommen. Was dem Gewerbegebiet Krottenthal fehlt, ist ein öffentlicher Kanalanschluss.
Soweit er informiert sei, sagt Bauamtsleiter Christoph Marcher auf Nachfrage, habe die Gemeinde Waakirchen auch nie über einen solchen nachgedacht. Dafür sei das nächste Kanalnetz im Ortsteil Schaftlach zu weit entfernt. Firmen, die beabsichtigen, sich dort niederzulassen, müssen also selbst für eine lokale Entwässerung sorgen. Eine eigene Kleinkläranlage ist deshalb Pflicht. „Alles eine rein technische Geschichte“, meint Marcher. Jeder Bauernhof habe bereits eine Kleinkläranlage.
Ein Gewerbegebiet ohne Kanalanschluss?
Auch die Gewerbetreibenden in Krottenthal müssen in eine solche Anlage investieren. Kleinkläranlagen reinigen das Abwasser zunächst mechanisch-vollbiologisch, bevor es anschließend in einer Grube gesammelt wird oder im Boden versickert. Der seit vier Jahren in Krottenthal ansässige Kfz-Meisterbetrieb von Martin Mayer beispielsweise hat eine solche Anlage direkt unterhalb seines Betriebes. „Die hält noch zehn Jahre“, versichert der Unternehmer. Sondermüll falle keiner an.
Wie aber ist es möglich, dass ein Gewerbegebiet ohne Kanalanschluss überhaupt genehmigt wird? Baurechtlich bestünden keine Einwände, sagt die stellvertretende Landratsamt-Pressesprecherin Sophie-Marie Stadler auf Nachfrage. Denn baurechtlich werde ein Kanalanschluss bei einem Gewerbegebiet nicht gefordert. Bei der Baugenehmigung sehe das schon anders aus. Hier müsse eine Erschließung nachgewiesen werden.
Kleinkläranlagen als Lösung
Wobei andere Formen der Erschließung – wie beispielsweise eine Kleinkläranlage – je nach Einzelfallprüfung durchaus möglich seien. Zu den Erschließungskosten zählen alle Kosten, die für den Anschluss des Grundstücks an das Versorgungs- und Entsorgungsnetze anfallen, wie Elektrizität, Gas sowie die öffentliche Wasserversorgung. Welche Erschließungskosten bei Johann Pichler letztendlich anfallen, dazu will sich Waakirchens Kämmerer Anton Demmelmeier nicht äußern.
„Eine Aussage ist laut Auffassung der Rechtsexperten des Bayerischen Gemeindetages nicht zulässig“, sagt er. Ebenso verhalte es sich bei der Frage, wie hoch die Gewerbeeinnahmen von den in Krottenthal ansässigen Firmen seien. „Die Höhe der Gewerbesteuereinnahmen der Gemeinde Waakirchen kann ich Ihnen nur insgesamt für die gesamte Gemeinde sagen: etwa drei Millionen Euro. Eine Aussage über eine Gruppe von Gewerbebetrieben ist laut Auffassung der Rechtsexperten des Bayerischen Gemeindetages nicht zulässig.“
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