Die Liste der unterstellten Verfehlungen von Ex-Landrat Jakob Kreidl, dem ehemaligen Sparkassen-Chef Georg Bromme, dem derzeitigen Bankchef Martin Mihalovits und dem Ex-Sparkassenvorstand Roland Böck ist so lang, dass sich die beiden Staatsanwälte Rohrmüller und Necknig bei der Aufzählung abwechselten. Nach etwa zwei Stunden war das unterstellte Sündenregister aufgelistet. Ihr Fazit: durch das Handeln der Angeklagten sei der Sparkasse ein “Schaden von mindestens 1,2 Millionen Euro entstanden”.
Was fehlte, waren anfängliche Ermittlungen zu Brommes Käufen. Weder sein Erwerb der Geitauer Alm für etwa 1,4 Millionen noch sein “ewiges Nutzungsrecht” des Psaĺlierchores im ehemaligen Kloster Tegernsee für etwa 1 Million Euro waren in der Anklage zu finden.
Doch auch ehemaligen wie amtierenden Verwaltungsräten werden Vorteilsnahmen unterstellt. Darunter sind ebenso der ehemalige Vize-Landrat Färber, der amtierende Grünen-Landrat Wolfgang Rzehak, Kreuths Bürgermeister Josef Bierschneider und der Wiesseer Autohauschef Rainer Kathan. Sie hätten mehrfach an teuren Vergnügungsreisen, meist mit Ehefrauen, auf Kosten der Kreissparkasse teilgenommen. Die KSK wollte sich laut Anklage mit dem großzügigen Sponsoring das „Wohlwollen des Verwaltungsrats erkaufen“, betonten die Staatsanwälte mehrmals.
Ehefrauen reisten auf Sparerkosten
Vieles aus dem Sündenregister ist bereits seit Jahren bekannt. Ob Kreidls pompöse Geburtstagssause im Wasmeier Museum 2012, die Finanzspritze Brommes für den Schießstand in Achenkirch, Jagdausflüge, die Renovierung von Kreidls Büro als Landrat durch die Sparkasse, die Bürgermeisterfahrt nach Interlaken und die Finanzierung der Geburtstagsfeier von Vize-Landrat Arnfried Färber. Gepaart mit ständig luxuriösen Geschenken.
Völlig neu jedoch für Prozessbeobachter sind weitere Punkte der Anklage. So hat es im Oktober 2011 eine dreitägige Fahrt des Kreistags mit 79 Personen in die Steiermark gegeben. Darunter waren auch 33 Ehepartner. In Seiersberg stand eine „Shoppingcity“ im Mittelpunkt des Interesses. Doch laut Anklage hatte die Reise reinen Freizeitcharakter. Dafür berappte die Sparkasse, obwohl der Ausflug vom Kreistag organisiert wurde, über 30.000 Euro.
Wesentlich teurer war die Fahrt des Verwaltungsrats im April 2011 nach Wien. Wie immer machte man es nicht unter einem Fünf-Sterne-Hotel. Auch die Ehepartner wurden der Sparkasse aufgerechnet. 46.683 Euro musste sie berappen. Bromme hätte bewusst sein müssen, so die Anklage, „dass es keine rechtliche Grundlage dafür gab, den Mitgliedern des Verwaltungsrates und auch den übrigen Mitgliedern des Vorstands mit deren Ehegatten, die Teilnahme an einer in erster Linie privaten Reise unentgeltlich zu spendieren“. Alle Teilnehmer erhielten auch noch Präsente, ob Kochbücher oder Weine im Wert von 1.100 Euro.
Mit Geschenken „Wohlwollen erkaufen“
Auch auf ein „Entenessen in der Weißachalm“ stießen die Ermittler. Getarnt als „Kooperationsseminar“ mit dem Landkreistag Rheinland-Pfalz, zu dem Kreidl einlud. Es wurde als „Allgemeine Klimapflege“ mit 4.575 Euro von der Sparkasse verbucht. Pikant ein Detail. Statt des angebotenen Zweigelt auf der Weinkarte für 26,50 Euro orderte Bromme 39 Flaschen Brunello zum Stückpreis von 52,60 Euro.
Brommes Spendierhosen kannten keine Grenzen. Selbst die Sparkasse Kulmbach-Kronach wurde verwöhnt. Während der Verwaltungsrat der Franken-Bank im März 2011 tagte, gab es einen „Ladies-Lunch“ im Gourmetrestaurant des Seehotels Überfahrt für die 13 Ehefrauen. Die Rechnung über 2.600 Euro übernahm der ehemalige Bank-Chef für “seine” KSK. Doch nicht genug. Die zwölf „Sparkassen-Damen“ erhielten auch noch Käse als Präsent im Wert von je 76,88 Euro.
Anklage: „Bromme bereicherte sich privat“
Und auch privat nutzte Georg Bromme seine Sparkasse. So feierte er laut Anklage Silvester 2011 im Stubaital. „Die Kosten dafür rechnete er in Höhe von 606 Euro gegenüber seinem Geldinstitut ab und ließ sich den Betrag am 24. Januar 2012 erstatten“. Doch irgendwann scheint Bromme auch in den Augen von Kreidl, Mihalovits und Böck überzogen zu haben. Sie seien „übereingekommen, dass Bromme als Vorstandsvorsitzender nicht mehr tragbar war“, so die Anklage.
Sie boten ihm mit Ausscheiden am 1. April 2012 einen Beratervertrag mit einer Laufzeit von fünf Jahren an. Monatliche Apanage von 5.300 Euro brutto, „unabhängig von einer erbrachten Leistung“. Insgesamt bekam er von seiner Sparkasse 243.320 Euro, inklusive Kostenaufwand für seinen Pkw.
Viel Geld, das Bromme und Kreidl veruntreut haben sollen. Zumal der Sparkasse das Wasser bis zum Hals stand. Denn laut Anklage verschlechterte sich die Ertragslage der KSK in den Jahren 2009 bis 2012. Sie war mit Blick auf das Betriebsergebnis „bayerisches Schlusslicht“.
“Alleinherrscher” Bromme
Nach Ansicht von Brommes Verteidigerin sei die Anklage nur ein Ergebnis übereifriger und tendenziöser Ermittlungen. Bromme habe sich nie bereichert, “tatsächlich ist überhaupt kein Schaden entstanden”. Bromme äußerte sich nicht im Detail, betonte aber seine Verdienste um die Sparkasse und die regionale Wirtschaft.
Auch Kreidl will nur das Beste für seinen Landkreis gewollt und bewirkt haben. Er habe sich auf die Erfahrung und den Rat des Sparkassenchefs verlassen. Zudem habe es nie Beanstandungen von irgendeiner Instanz gegeben. Mihalovits und Böck distanzierten sich klar von Bromme. Sie beschrieben Bromme als absoluten Alleinherrscher, gegen den man nicht angekommen sei.
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