Lange schon liebäugelten Johann und Christina H. damit, ihren denkmalgeschützten Lieberhof in Tegernsee zu versilbern. Zunächst wollten sie 2015 ihren Berggasthof verkaufen. Doch die Stadt sicherte sich ein Vorkaufsrecht. Parallel dazu erkämpfte sich die Familie H. die Genehmigung zum Bau eines Gästehauses unterhalb des Lieberhofs. Ohne die zusätzlichen Zimmer könne der Gasthof nicht wirtschaftlich betrieben werden, argumentierten die Eigentümer.
Doch letztlich entschieden sie sich 2016 für ein Hotel in Tirol. Das Problem: Es fehlten die nötigen Millionen. Der Zufall wollte es, dass Johann und Cristina H. im Dezember 2016 im Hotel Vier Jahreszeiten in Hamburg Björn Dietmar B. kennenlernten, der sich als Mitarbeiter einer Schweizer Privatbank mit Sitz in St. Gallen ausgab. Seine Aufgabe sei es, finanziell gut situierte Kunden zu betreuen.
„Tatsächlich stand der Angeschuldigte Björn B. noch nie in einem Arbeitsverhältnis zur Notenstein La Röche Privatbank. Dem Angeschuldigten kam es zu diesem Zeitpunkt darauf an, das Vertrauen der Wirtsleute zu erlangen, um sich im Weiteren an ihnen bereichern zu können“, so die Anklage der Staatsanwaltschaft. Was die Eigentümer des Lieberhofs nicht wussten, ist, dass ihr heute 41-jähriger Vertragspartner damals unter elf Alias-Namen agierte und unter Vorspiegelung falscher Tatsachen gutgläubige Menschen über den Tisch zog. Zudem war der Angeklagte als notorischer Betrüger unterwegs.
Wirtsleute unterschrieben „totalgefälschten Kreditvertrag“
Bis März 2015 verbüßte er aus einem Urteil in Frankfurt eine Freiheitsstrafe von vier Jahren und sechs Monaten wegen verschiedener Betrugsdelikte. Doch kaum in Freiheit, schlug er im Oktober 2015 als Mietnomade einer Penthousewohnung in Frankfurt wieder zu. Der Vermieter hatte einen Schaden von über 5.000 Euro. Insgesamt listen die Münchner Ermittler elf Taten auf. So ging es munter weiter. In Sylt prellte er einen weiteren Vermieter, erschlich sich zudem einen Kredit von 50.000 Euro. Doch der Betrug an den Tegernseer Wirtsleuten ist der Schwerwiegendste.
Sie entschlossen sich am 8. März 2017 ein Hotel für 3,1 Millionen Euro in Westenhof im Brixental zu kaufen. Zur Finanzierung des Kaufpreises benötigten die Eheleute einen Kredit, den ihnen Björn Dietmar B. besorgen sollte. Dieser sandte ihnen laut Anklägerin Ines Wießner am 24. März 2017 per Mail einen „totalgefälschten Kreditvertrag“, der einen Zins von 2,4 Prozent und eine Tilgung von 3,0 Prozent vorsah. Der Darlehensbetrag sollte 3 Millionen Euro umfassen. Dafür sollte ein Eigenkapital von 350.000 Euro aufgebracht werden, da Schweizer Banken nicht zu 100 Prozent finanzieren dürften, so der verkappte Hochstapler.
Zur Unterschrift ihres Darlehensvertrages besuchte der vorgebliche Banker am 2. April 2017 die Eheleute H. in Tegernsee. Drei Tage später überwiesen sie im Vertrauen auf die Auszahlung des Darlehens die 350.000 Euro als vermeintliches Eigenkapital auf ein Schweizer Nummernkonto. Doch dies gehörte einem Komplizen des Angeklagten, einem Dr. L. „Dieser ließ das Geld auf unterschiedlichen Wegen durch Überweisungen und Übergaben dem Angeklagten zukommen“.
Lieberhof-Pächter verzichtet auf Gästehaus
Gefasst wurde Björn B., der sich mal als Grieche, als Schwede, als Rechtsanwalt und Notar ausgab, im Dezember 2017 in Berlin, wo er zuletzt lebte. In seinem Auto fand die Polizei ein mobiles Büro. Insgesamt 2,6 Millionen mobile Daten auf seinem Computer mussten gesichtet werden. Insgesamt soll der Arbeitslose durch „gewerbsmäßige Urkundenfälschungen“ einen Schaden von knapp 423.000 Euro verursacht haben. Am Mittwoch wird der Prozess gegen Björn B. alias Gianluca Grissini, einer seiner vielen Namen, fortgesetzt.
Doch fraglich bleibt, ob und wie die Geschädigten Johann und Cristina H. an ihr Geld kommen. Die Hotelpläne in Westenhof haben sich offenbar zerschlagen. Nun bewirtschaften sie seit Juli 2017 die Hochfeldalm in St. Johann in Tirol. Und ihren Lieberhof in Tegernsee hat seit Januar Johannes Rabl gepachtet. Er betreibt auch unweit davon den Leeberg-Hof. Rabl hätte zwar den Lieberhof gerne gekauft, doch die Preisvorstellungen von Johannes H. mit angeblich 14 Millionen Euro entsprachen wohl nicht ganz denen Rabls. Man einigte sich auf eine Pacht bis ins Jahr 2039. So lange er am Lieberhof etwas zu sagen habe, versicherte Rabl, werde es dort das vom Eigentümer geplante Gästehaus nicht geben.
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