Sie sehen gerade einen Platzhalterinhalt von YouTube. Um auf den eigentlichen Inhalt zuzugreifen, klicken Sie auf die Schaltfläche unten. Bitte beachten Sie, dass dabei Daten an Drittanbieter weitergegeben werden.
Da wäre die Säcklerei Moser in Miesbach, die Säcklerei Bammer in Lenggries, Trachten Gach in Brannenburg, Lederhosen Aigner und Lederhosen Stangassinger in Berchtesgaden, Michael Krippel am Riegsee oder Friederike Heil vom Trachtengeschäft Lichtenauer-Heil in Hausham, um mal ein paar zu nennen.
Geschichte der Lederhos’n
Leder ist ein sehr strapazierfähiges Material und wird daher seit Jahrhunderten für Hosen verwendet. Früher wurde vor allem Ziegen- oder Schafsleder verwendet, denn die Jagd auf Wildtiere wie Hirsch oder Gams war ein Privileg des Adels und daher Hirschleder selten. Nach der Französischen Revolution trug Mann in der Stadt lange Hosen. Die Kniebundhose, „Culotte“, war die gängige Arbeitshose auf dem Land und wurde zum Teil auch von Frauen getragen.
Im 19. Jahrhundert wurde die lederne Hose von solchen aus Loden verdrängt. Auch setzte sich bei der Landbevölkerung der lange Schnitt durch. Erst durch die Initiative von Josef Vogl, einem Lehrer aus Bayerischzell, begann die Renaissance der bayerischen Tracht und damit auch der Lederhos’n. Im Jahre 1883 gründete er zusammen mit fünf Stammtischfreunden den „Verein zur Erhaltung der Volkstracht im Leitzachthal“ und damit den ersten Gebirgstrachten-Erhaltungsverein Bayerns. Doch der Anfang war schwer.
Als Vogl und seine Freunde sich bei einem Säckler kurze Lederhosen nach ihren Vorstellungen anfertigen ließen, wurden sie von den meisten verspottet. Die Kirche verbot den „Kniehöslern“ sogar die Teilnahme an Prozessionen. Ein bisschen was davon ist geblieben, denn im Oberland trägt Mann zu kirchlichen Feiern lange Loden- oder Stoffhosen. Doch Vogl gab nicht auf und bat König Ludwig II. per Brief um Hilfe. So kam es, dass die Wittelsbacher – und später auch die Künstler und städtische Bürger – zur Verbreitung der Trachtenmode beitrugen. In München beispielsweise bildeten sich die ersten Trachtenvereine.
Der Beginn des Siegeszuges
Jetzt wo sie nicht mehr nur schlichte Arbeitshose war, sondern mit üppigen Stickereien und Details verziertes Festtagsgewand, begannen die Trachtenvereine damit, vereinstypische Stile festzuschreiben. Der allgemeine Durchbruch gelang der Lederhos’n dann nach dem Ersten Weltkrieg mit dem Aufkommen des Alpentourismus. Das lederne Unterteil wurde so zur Freizeithose.
Als Papst Pius XI. 1924 eine Chiemgauer Männerabordnung in ihrer Gebirgskluft empfing, wurde die kurze Lederhose, die sogenannte “Wichs”, auch innerhalb der katholischen Kirche tragbar. Die Nationalsozialisten allerdings missbrauchten die Tracht für ihre Ideologie und machten sie zur gesamtdeutschen Nationaltracht. 1938 wurde Juden etwa das öffentliche Tragen von Lederhosen verboten. Nach dem Zweiten Weltkrieg trugen sie nur noch Kinder und Trachtler.
Die Jugend dagegen verfiel der Jeans – der Arbeitshose der Amerikaner. Wohl durch beliebte Heimatfilme der 50er Jahre und die Olympischen Sommerspiele 1972 wurde das bayerische Heimatgefühl und dadurch eine Rückbesinnung auf die Tracht begünstigt. Heute liegen Heimat- und Traditionsverbundenheit wieder im Trend – und damit auch die Lederhos’n.
Der Weg zur maßgeschneiderten Hirschledernen
Das A und O jeder Lederhose ist das Leder. Eine Trachten-Lederhos’n vom Säckler wird in der Regel aus sämisch gegerbtem Hirschleder hergestellt. Dieses ist besonders weich, leicht und gleichzeitig sehr strapazierbar. Hinzu kommt, dass das Leder von Hirsch, Reh und Gams lange Zeit dem Adel vorbehalten war. Die Tierhäute selbst stammen meist von Neuseeländischen Zuchthirschen. Es gilt als das schönste und beste. Außerdem hat man in Deutschland und Österreich nicht genug Rotwild, um den Bedarf zu decken. Zudem haben einheimischen Hirschhäute oftmals Narben von der Dasselfliege.
Auch der Gerbprozess spielt eine wichtige Rolle bei der Qualität der späteren Lederhos’n. Bei sämisch gegerbtem Leder – einer uralten Technik seit 6.000 v. Chr. – verbinden sich in den Fasern des Leders die Fettsäuren – meist von Dorschtran – mit dem Luftsauerstoff und bewirken den Gerbeffekt. Anschließend wird das Leder mit Naturfarben aus Hölzern – z. B. Blauholz für schwarzes oder Braunholz für braunes Leder – einseitig gefärbt. Der Gerbprozess dauert etwa sechs bis neun Monate. Dabei bleibt die Atmungsfähigkeit des Leders erhalten und die Lederhose hält im Sommer kühl, im Winter warm.
Industriell hergestellte Lederhosen sind meist aus chromgegerbtem Hirsch-, Rind – oder Ziegenleder, dem sogenannten Wildbockleder. Wer sich also für eine Maßgeschneiderte vom Säckler entscheidet, darf zuerst das Leder fühlen und wählen und sich von der Qualität überzeugen lassen.
Was die Profis wissen
Wer sein Leder gefunden hat, muss sich für den Schnitt entscheiden: Traditionell stehen drei Längen zur Auswahl: die Kurze, die Kniebundhose oder “Culotte” und die Lange. „Die Kurze ist im Moment voll im Trend. Danach kommt die lange Lederhose. Die Kniebundhose ist im Moment weniger gewünscht“, erklärt Friederike Heil, gelernte Lederschneidermeisterin und Chefin vom angestammten Trachtenhaus Lichtenauer-Heil in Hausham.
Dabei sei die Länge über das Knie lange Zeit die verbreitete Mode gewesen. Zur Bundhose trägt man lange Strümpfe. Die Kurze war reine Arbeitshose. Holzarbeiter und Jäger sollen die Kniebundhose gekürzt haben, um besser klettern zu können. Daher gehört die kurze Lederhose traditionell zur Gebirgstracht. Zur Kurzen werden meist Haferlschuhe getragen, entweder mit Loferl (Stutzen) ohne Füßlinge oder mit gestrickten Kniestrümpfen wie bei der klassischen Miesbacher Tracht.
Typisch für eine Trachtenlederhose ist der Hosenlatz. Die sogenannte „Schamkapsel“ zierte das männliche Geschlecht europaweit zwischen dem 14. und 16. Jahrhundert. Der Latz der Lederhose wird in der Regel durch Hirschhornknöpfe festgehalten und reich bestickt. Nun bleibt die Geschmacksfrage, ob Mann zur Kniebundhose und zur Kurzen lederne Hosenträger wünscht – Hosenträger aus Stoff kommen eher aus Südtirol – mit oder ohne Querriegel und wenn ja mit welchem. Bei den Taschen scheiden sich die Geister. Eigentlich hat eine originale Trachtenhose nur an beiden Seiten Taschen – meist sogar nur eine rechts für’s Messer. Heute wünschen sich manche Lederhosenträger auch eine hintere Hosentasche.
Auf den Leib geschneidert und bestickt.
Bei der Verzierung wählt der Kunde Farbe des Garns, Muster und Stickart aus. Der Klassiker ist grünes Garn auf schwarzer Hose. Beim Muster gibt es Varianten: ob Hirsch oder Gams, ob Seelaub oder Eichenlaub – der Kunde hat die Qual der Wahl. Beim Sticken mit der Hand wird das Leder nur angestochen und nicht durstochen. Es gibt zwei Methoden: die Reliefstepperei, bei der das Muster erhaben ist, und die Plattstickerei. Beim Sticken werden die “Leistl” zuerst mit einem Kleber aus Roggenmehl und Wasser aufgeklebt. Das Motiv wird mit Gummi arabicum vorgezeichnet. Und dann die Lederhose von Hand in 10 bis 15 Stunden bestickt.
Nachdem der zukünftige Lederhosenträger nach intensiver Beratung sich für Leder, Garn, Typ, Stil und Ausführung der Hose entschieden hat, wird Maß genommen. Schließlich soll das gute Stück richtig sitzen, bequem sein und gerne getragen werden. Insgesamt sieben Maße werden genommen. Auf deren Basis wird das Schnittmuster erstellt und anschließend mit Hilfe eines Falzbeins auf das Leder übertragen und dieses dann zugeschnitten.
Als nächstes werden die kleineren Teile zugeschnitten. Besonders beanspruchte Stellen werden innen mit Besatzleder verstärkt. Ein weiteres Qualitätsmerkmal einer handgearbeiteten Lederhose ist die Säcklernaht. Dabei werden die Lederkanten nach außen sichtbar, als gelbe Naht zusammengenäht und zusätzlich helle Lederstreifen zwischen die Lederkanten gelegt. Die Knöpfe nicht vergessen. Klassisch gehören an die Lederhose Knöpfe aus Hirschhorn. Nach letzten Qualitätskontrollen ist dann nach ca. 20 bis 50 Stunden die individuelle Lederhos’n fertig. Der Aufwand bestimmt den Preis: zwischen 640 und 1.400 Euro. Dafür bekommt der Kunde ein Unikat für Generationen.
Alte Hasen und junge Enthusiasten.
Lange war der Beruf des Säcklers vom Aussterben bedroht. Seinen Ursprung findet das Handwerk wohl im 8. Jahrhundert, wo „Säckler“ Säcke aus Tierhäuten für die Bergwerksleute gefertigt haben. Ab dem 12. Jahrhundert sollen die Säckler dann auch „ledernes Beinkleid“ hergestellt haben, wohl ebenfalls für die Bergwerksleute, die viel auf den Knien arbeiten mussten. Der Säckler wird heute dem Sattlerhandwerk zugeordnet. Einen eigenständigen Ausbildungsberuf zum Säckler gibt es nicht. Azubis aus dem Säcklerhandwerk gehen gemeinsam mit Reitsportsattlern, Autosattlern und Designtäschnern auf die Berufsschulen für Sattler in Mainburg.
Zu den Lehrinhalten gehören Material- und Lederkunde, die unterschiedlichen Gerbverfahren, Umweltschutz sowie der Umgang mit den Werkzeugen. Im Betrieb erlernen die Lehrlinge dann Schritt für Schritt das Herstellen einer Lederhose. Friederike Heil vom Trachtenhaus Lichtenauer-Heil zum Beispiel machte 1963 ihre Lehre zur Damen- und Herrenschneiderin in Leder bei Leder Moser in München. Ihr Meisterstück war ein Lederkostüm für die Frau ihres Cousins.
Heute gibt es wieder eine junge Generation an Säcklerinnen und Säcklern, wie zum Beispiel Engelbert Aigner junior, der 2013 seine Meisterprüfung im Sattlerhandwerk/Fachrichtung Säckler ablegte und die Kajetan-Schleich- Medaille für die beste Meisterarbeit verliehen bekam. Sein Bruder Michael Aigner legte 2017 seine Gesellenprüfung ab und wurde mit dem Staatspreis für die beste praktische Arbeit ausgezeichnet. Oder die beiden jungen Säckler Barbara Merk und Leonhard Schlienz, die in der Säcklerei Moser in Miesbach mit viel Liebe und Geschick wunderschöne Lederhosen fertigen – alles Unikate, die ein Leben lang Freude machen und die Tradition aufrechterhalten.
SOCIAL MEDIA SEITEN