Auf sieben Seiten bat Aiwanger vor Monaten, in den Rathäusern die Umsetzung der 5G-Technik flächendeckend positiv zu begleiten. Auch Bad Wiessee möge bei der Standortsuche für neue Mobilfunkanlagen mitwirken, zitierte Bürgermeister Peter Höß (Wiesseer Block) aus Aiwangers Schreiben. Doch im Rathaus kam das Ansinnen des Wirtschaftsministers nicht so gut an. Denn inzwischen rege sich über diese neue „stark strahlende Technologie“ aber Widerstand, so Höß. „Wiessee als Gesundheitsstandort“ sollte sich bei diesem Thema daher „besonnen verhalten“.
Daher habe er Aiwanger geschrieben, so lange keine wissenschaftlich untermauerte Bestätigung vorliege, dass durch diese Technik keine Gefahr für die Gesundheit von Bürgern und Gästen ausgehe, so lange „kann ich ihrem Wunsch als Gesundheitsstandort nicht entsprechen“. Er wollte dies als „Hinweis“ an Aiwanger verstanden wissen, so Höß, „dass man so etwas nicht unwidersprochen zur Kenntnis nimmt“.
In Genf und Brüssel wurden 5G-Netze bereits gestoppt
Geschäftsleiter Hilmar Danzinger verwies auf den deutlich höheren Elektrosmog des 5G-Netzes, der noch „nicht erforscht“ sei. Das müsse nicht gleich die Gesundheit beeinträchtigen, „aber man weiß es eben noch nicht“. Gerade als Gesundheitsstandort müsse man eben „sehr vorsichtig sein, was man da macht“. Dieses sensible Thema sei nichts für „Hinterzimmer“, es müsse in „öffentlichen Sitzungen“ behandelt werden, so Danzinger. Zumal sich in den letzten Wochen vermehrt besorgte Bürger im Rathaus gemeldet hätten. Dass der neue 5G-Standard nicht überall auf Zustimmung stoße, zeige auch das Beispiel des Kantons Genf.
Der Internationale Tagungsort in der Schweiz habe die neue Technik bereits „verboten“. Entsprechend habe man auch in Brüssel gehandelt, wusste Markus Trinkl (Wiesseer Block). Die Gesundheitsministerin dort habe entschieden, dass die Stadt mit Sitz der EU-Kommission ein Pilotprojekt des 5G-Netzes wegen der Strahlungsbedenken gestoppt habe.
Bäume für besseres Handynetz „dezimieren“
Danzinger verwies zudem darauf, dass auch Bäume der neuen Technologie mit ihren sehr zahlreichen Antennen im Wege stünden. „Da müsste man die Bäume deutlich dezimieren“. Ohne die Bürger einzubinden, könne man sich nicht für diese stark strahlende Technik aussprechen, so Danzingers Tenor.
Ähnlich kritisch sah es auch CSU-Fraktionssprecher Kurt Sareiter. „Die Bürger erwarten von uns, dass wir eine gewisse Vorsicht walten lassen“. Sein Neffe dagegen warnte davor, „wenn die 5G-Technik an uns vorbeiläuft, dann ist den Einheimischen wie Gästehäusern mit einem altertümlichen Standard auch nicht gedient“. Daher ist für Florian Sareiter (CSU) der bessere Mobilfunkempfang „kein Unding“. Seiner Ansicht nach würden die vielen kleinen Standorte der Antennen dafür sorgen, dass die Handys nicht mehr so viel Leistung bräuchten. „Deswegen sei die Strahlenbelastung für Körper und Kopf geringer“. Wichtig sei ihm, so Sareiter, „ein talweit einheitlicher Standard“.
Der Bundespräsident als Mahner
Auch Markus Trinkl plädierte für eine „kritische Betrachtungsweise“ und verwies dabei auf den Bundespräsidenten. In seiner Rede auf dem Evangelischen Kirchentag habe Frank-Walter Steinmeier gewarnt, wie Trinkl ihn zitierte: „Nicht um die Digitalisierung der Demokratie müssen wir uns zuallererst kümmern, sondern um die Demokratisierung des Digitalen. Die Rückgewinnung des politischen Raumes – gegen die Verrohung und Verkürzung der Sprache, aber auch gegen die ungeheure Machtkonzentration bei den ‚Big Five‘, bei einer Handvoll von Datenriesen aus dem Silicon Valley – das ist die drängendste Aufgabe“. Steinmeier habe sich gefragt, wie die neue Technologie dem Menschen dienen könne. „Wie führt sie in Selbstbestimmung und nicht in neue Fremdbestimmung?“ Resignation sei „immer die schlechteste Option“.
Zunehmende Skepsis im Oberland
Diese Zitate aus Steinmeiers Rede beeindruckten offensichtlich den Gemeinderat: Beifall für Markus Trinkls Vortrag. Für ein schnelles Internet müsse man sich auch nicht auf die 5G-Technik einlassen, riet Birgit Trinkl (Wiesseer Block), „wir sollten da eine ganz kritische Haltung einnehmen und einen demokratischen Prozess finden“. Ähnlich fiel dann auch der Beschlussvorschlag aus. Die Gemeinde stehe einem ungeprüften Ausbau des 5G-Netzes kritisch gegenüber, „da Auswirkungen auf Mensch und Tier noch nicht ausreichend erforscht sind“. Man wolle als Gemeinde zwar nicht technikfeindlich gelten, aber Bad Wiessee müsse die Verantwortung als Gesundheitsstandort wahrnehmen. Einstimmig folgte der Gemeinderat dem Veto gegen die Installierung des 5G Mobilfunknetzes.
Damit steht Bad Wiessee im Oberland nicht alleine. Die Skepsis in einigen Gemeinden wächst, ob in Hohenpeißenberg oder Peitung. Sie erteilten Aiwangers Brief bereits Absagen. Nicht nur am Starnberger See formiert sich Widerstand, auch am Tegernsee wächst der Unmut in der Bevölkerung: Initiativen gründen sich.
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