Der Tegernsee als Energiequelle

Er ist 120 Seiten dick und listet akribisch Verbrauch und Einsparungsmöglichkeiten der verschiedenen Energien auf. Doch ist der Maßnahmenkatalog auch umsetzbar? Mehr als eine „Handreichung“ für die Bürger ist er wohl nicht, denn viele von ihnen schöpfen das Potenzial nicht aus, gewollt oder ungewollt.

Der Tegernsee als Energiequelle? / Quelle: Energiewende Oberland

In der letzten Gemeinderatssitzung ließ Bürgermeister Christian Köck (CSU) den Energienutzungsplan verteilen. Erstellt wurde er in Zusammenarbeit mit der Energiewende Oberland. Der Plan „soll eine Handreichung sein, denn jeder kann seinen Beitrag dazu leisten“, so der Rathauschef, „er ist ein Leitfaden für den ganzen Ort“. Um ein Instrument für die Zukunftsgestaltung der Gemeinde zu sein, werde die Studie immer wieder aktualisiert.

Doch welche Chancen bieten sich für Konzeptentwicklungen in einem Ort von knapp 6.000 Einwohnern mit steigender Tendenz und weiteren 2.000 Personen, die in Rottach-Egern einen Zweitwohnsitz haben? Außerdem war der demographische Wandel zu berücksichtigen. Denn es ist eine deutliche „Zunahme der Altersgruppen 50 Plus zu erkennen“, so die Studie. Dadurch werde sich nicht nur der Energiebedarf verändern, auch die Zielaltersgruppen beim Einsatz neuer Technologien „können sich verschieben“.

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Stromschlucker E-Mobilität

Der gesamte Energieverbrauch im Ort betrug im Jahr 2016 rund 175.100 Megawattstunden (MWh). Davon entfielen auf den Verbrauch für Wärme knapp 50 Prozent und den Strom 20 Prozent. 30 Prozent des Gesamtenergieverbrauchs schlucken die 4.150 gemeldeten Fahrzeuge in Rottach-Egern. Doch würde zukünftig ein Viertel davon elektrisch betrieben werden, so ergebe sich bei einer Fahrleistung von 15.000 Kilometern pro Jahr ein „zusätzlicher Strombedarf von knapp 3.000 MWh pro Jahr“. Das ernüchternde Fazit: „Trotz Einsparpotenziale und steigender Energieeffizienz“ sei künftig „nicht mit sinkenden Strombedarfsmengen zu rechnen“, denn die E-Mobilität würde ihren Preis fordern.

Woher also die Energie nehmen, welche „regenerativen Energieerzeugungspotenziale“ sind im Gemeindegebiet vorhanden? Obwohl auf den Dachflächen Rottachs für die Solarenergie „große zusätzliche Potenziale“ vorhanden wären, spielen sie in der Gesamtbilanz „nur eine geringe Rolle“. Nur mit 0,6 Prozent tragen Photovoltaik als auch Solarthermie mit knapp 1.800 Quadratmetern Kollektorfläche zur Wärmebereitstellung bei. Damit sei das Potenzial „bei weitem noch nicht ausgeschöpft“. Aus wirtschaftlicher Sicht werde die Installation einer PV-Anlage sowohl für die meisten Gewerbegebiete als auch auf „vielen Privatgebäuden“ empfohlen. Gleiches gelte auch für die Solarthermie. Hier seien „die Fördermittel bei gleichzeitiger Installation von neuem Kessel und Solaranlage am höchsten“.

Wärme aus Gewässern

Weitere Potenziale habe die Gemeinde bei der Bioenergie aus Land- und Forstwirtschaft sowie bei der Nutzung des Tegernsees als regenerative Wärmeversorgung. Dagegen wird der Wasserkraft zur Stromerzeugung in Rottach-Egern „kein wirtschaftlich nutzbares Potenzial“ nachgesagt. Letztlich bleiben als zusätzliche Energiequellen nur Holz für Hackschnitzel-, Pellet- und Scheitholzheizungen sowie die „oberflächennahe Geothermie“. Mit ihr wird die Erdwärme entweder über Sonden, Kollektoren oder Grundwasser-Wärmepumpen genutzt. Mit letzteren könne „langfristig ein wirtschaftlich sinnvolles Potenzial erschlossen werden“.

Doch auch der Tegernsee ist laut der Studie eine Energiequelle, vor allem „für Liegenschaften direkt am See“. Gängig sind bislang Erdsonden, mit denen Heiz- als auch Warmwasser auf höhere Temperaturen angehoben werden. Doch für Rottach-Egern würde sich die „Wärme aus bestehendem Gewässer“ anbieten. Genutzt werde diese Technologie bereits seit 1981 im „Hotel Weißes Rössl“ am Wolfgangsee. Vom Dezember bis April komme das Wasser aus 30 Metern Tiefe. Die Bilanz ist beachtlich: Bis zu 70 Prozent sei der Bedarf an fossilen Energieträgern gesenkt worden. Fazit des „EWO Kompetenzzentrum Energie EKO e.V“. aus Penzberg: „Unter Anbetracht des hohen Wärmebedarfs der Seeanlieger, des großen Wasservolumens des Tegernsees sowie der im Rahmen des Klimawandels zu erwartenden Erwärmung des Seewassers, sollte die Nutzungsmöglichkeit zur Wärmeerzeugung geprüft werden“.

Für die Gemeinde bestehe die „Herausforderung, einen Weg einzuschlagen, der unsere Region zukunftsfähig erhält und dennoch die Vorteile einer modernen regenerativen Energieversorgung nutzt“, schreibt Köck im Vorwort der Studie. Im Gemeinderat kündigte er an, dass sie „bald“ auf der Homepage der Gemeinde zu finden sein werde. Das war am 10. Dezember. Noch sucht man den Energienutzungsplan vergeblich. Er ist auf alle Fälle lesenswert.

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