Das Verhältnis der Betroffenen zum Wasserwirtschaftsamt ist durch ein tiefes Misstrauen geprägt. Daher hat sich nun auch eine Bürgerinitiative gegen das Projekt gegründet.
Es ist die Woche der großen Bürgerversammlungen. Am Mittwoch in Wiessee, gestern in Gmund. Vor der Sommerpause möchten die Verantwortlichen noch einmal umfassend über die aktuellen Planungen informieren.
In Sachen Hochwasserschutz hat es in den letzten Wochen und Monaten eigentlich nicht viele Neuerungen gegeben. Dennoch waren viele der Anwesenden überrascht von der Tragweite der vorgestellten Maßnahmen.
Die Angst der Bürger
Ein Grund könnte darin liegen, dass das Wasserwirtschaftsamt bisher den Fokus darauf gelegt hat, zuerst die Gmunder Bürger auf den aktuellen Stand zu bringen, da diese vermeintlich am meisten von den geplanten Veränderungen am Schuhmacher-Wehr betroffen sein werden, und danach erst den Rest der Seeanlieger.
Mit der Konsequenz, dass man sich gestern vorgeblich mit einem Thema beschäftigte. Die meisten Bürger treibt nämlich die Angst um: Wird man mit dem neu gebauten Schuhmacher-Wehr künftig den Tegernsee „abschließen“ können, um somit die Unteranlieger der Mangfall zu schützen?
Emotionale Diskussion
Diese Frage tauchte in der einen oder anderen Form am gestrigen Abend immer wieder auf und wurde emotional diskutiert. Die Verantwortlichen aus dem Wasserwirtschaftsamt versuchten ihr Bestes, um die Sorgen zu zerstreuen. Durch das neue Wehr würde im schlimmsten Fall alles beim Alten bleiben. Man habe gar keine Möglichkeit, den See aufzustauen. Dazu der Leiter des Wasserwirtschaftsamtes, Paul Geisenhofer:
„Ich möchte diese Sache hier in dieser Runde noch einmal klarstellen, denn das Thema schwingt ja schon seit Jahren mit. Dabei merke ich Ihr Misstrauen, dass wir etwas machen, das dem Tegernseer Tal schaden könnte.“
Dabei sind die Fakten des Projektes schnell erklärt: das bestehende Wehr in Gmund wird erneuert, höher gemacht und die Mangfall im Bereich des Wehrs vertieft. Bei drohendem Hochwasser soll 24 Stunden zuvor der See um 30 Zentimeter abgelassen werden, damit er dann das Hochwasser aufnehmen kann, ohne Schäden anzurichten. Und zwar am Tegernsee und auch am Unterlauf der Mangfall.
Dabei unterliege das künftige Bauwerk und dessen Funktion, so Geisenhofer, festen Regeln, die von den Kontrollbehörden genehmigt werden müssen. Da gäbe es keine Freiheiten, anschließend etwas völlig anderes zu machen. „Wenn wir die doppelte Staumenge erreichen wollen, haben wir ein völlig anderes Bauwerk.“
Zudem müsse man die möglichen Konsequenzen des Projektes mit Augenmaß betrachten. Auch wenn vorher gesagt wurde, dass die Fließmenge für die Unteranlieger um rund 25 Kubikmeter pro Sekunde reduziert werden kann, müsse man doch immer noch sehen, dass die vorhandene Fließmenge bei einem Hochwasser an der Mangfall rund 400 Kubikmeter pro Sekunde beträgt, erklärte der Amtsleiter. Die Auswirkungen seien also eher marginal.
Außerdem wurden für das neue Schuhmacher-Wehr sämtliche mögliche Fehlfunktionen simuliert. „Selbst wenn man alles falsch machen würde, was man nur kann, hätte das für die Anlieger keine Auswirkungen“, weiß Geisenhofer.
Überzeugen konnte er damit allerdings nicht alle Anwesenden. So erklärte beispielsweise ein Bürger Folgendes: Dadurch, dass die Betonstützen derart hoch gebaut wären, sei es ein Leichtes, nachträglich noch weitere Stützen einzubauen. „Dann können sie den See bestimmt noch 50 cm höher stauen!“, so der Vorwurf. Ein anderer meint, dass eine beabsichtigte Aufstauung gar nicht nötig wäre. Die Mangfall würde durch das schmale Wehr so verengt, dass es automatisch zu einem Rückstau kommen wird.
Auch Christoph Ebensperger ‒ selbst Anwohner an der Gmunder Mangfallmündung ‒ meint, dass er sich nicht erklären könne, wie es keine Auswirkungen auf den restlichen See haben wird, wenn das Wasserwirtschaftsamt ihm ein ein Meter höheres Hochwasser vor dem Garten prognostiziere als bei dem letzten schweren Hochwasser Anfang Juni.
Bürgerinitiative gegen das Wehr
Den Versicherungen des Wasserwirtschaftsamtes könne er daher keinen Glauben schenken. Überhaupt wollen er und andere Gleichgesinnte nicht tatenlos zusehen. Daher haben sie sich letzte Woche getroffen und zu einer Bürgerinitiative zusammengeschlossen. Mitglieder sind Gmunder Bürger, aber auch Betroffene in Rottach und Tegernsee.
Man wolle das Projekt aus einer neutralen Perspektive beobachten. „Daher ist es einfach sinnvoll, sich zusammenzuschließen“, so Ebensperger. Konkrete Überlegungen, wie beispielsweise ein Gegengutachten erstellen zu lassen, sind derzeit allerdings noch nicht spruchreif. „Ich kann dazu noch nichts sagen. Es ist alles noch im Entstehen.“
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