Die Bilder aus dem abgebrannten Flüchtlingslager Moria in Griechenland und die damit verbundene politische Diskussion bestimmen derzeit die Nachrichten. In vielen deutschen Städten gab es Demonstrationen, so auch in Miesbach, bei der unter anderem Wiessees Bürgermeister Robert Kühn (SPD) teilgenommen hat.
Gestern Abend kam das Thema im Rottacher Gemeinderat auf. Gegen Ende der Sitzung ergriff Thomas Tomaschek (Grüne) das Wort, aus „aktuellem, traurigen Anlass“. Die Grünen-Fraktion stelle den Antrag, „dass sich die Gemeinde Rottach-Egern solidarisch zeigt und aktiv bei der Bewältigung der Flüchtlingskrise im Lager Moria mithilft.“ Stöhnen und Augenverdrehen der anderen Gemeinderäte folgten prompt.
Eine einzige Familie aufnehmen
Tomaschek führte weiter aus: „Das heißt konkret für uns, dass Rottach-Egern der Staatsregierung anbietet, eine einzige Familie von Asylsuchenden aufzunehmen, ich rede also von vier bis fünf Leuten.“ Jeder habe die Nachrichten gesehen, als das Lager mit 13.000 Menschen, das ursprünglich nur für 3.000 ausgelegt war, abgebrannt ist. „Seit Jahren wurde dort nichts getan und nur zugesehen.“
Die Flüchtlinge aus Moria, die derzeit verteilt werden, haben laut Tomaschek einen bewilligten Asylantrag und sind somit nicht von Abschiebung gefährdet, wenn man sie aufnimmt. „Wir haben Erfahrungen mit Asylsuchenden. 2016 hatten wir eine Traglufthallte mit 100 Flüchtlingen, einen großen Helferkreis und auch die Gemeinde hat enorm mitgeholfen.“ Tomaschek betont:
Wir konnten 100 Menschen helfen, dann können wir jetzt auch vier bis fünf Personen helfen. Das müsste doch zu schaffen sein.
Es sei eine einmalige Notsituation. „Es haben sich mittlerweile über 170 deutsche Städte und Kommunen dazu bereit erklärt, Menschen aufzunehmen.“ Diesen will sich Tomaschek nun anschließen. Es gehe hier vor allem um ein positives Signal, „wenn Rottach-Egern sich durchringen könnte, anzubieten, eine einzige Familie unterzubringen.“
Katholische und evangelische Kirche im Tal wollen helfen
Tomaschek sei sich bewusst, dass man eine angespannte Wohnungslage habe. „Doch wir haben die finanziellen Mittel und auch eine gewisse Verantwortung. Zudem hat auch die katholische Kirche beziehungsweise Monsignore Walter Waldschütz angeboten, zu helfen, wo er kann. Er würde dieses Signal ausdrücklich begrüßen. Auch die evangelische Kirche würde bei der Betreuung und Sprachkursen helfen“, so der Grünen-Sprecher. Die Gemeinde habe es in der Hand, dieses Angebot zu machen oder nicht:
Damit zeigen wir Hilfsbereitschaft und Menschlichkeit und können unsere christlichen Werte unter Beweis stellen.
Sichtlich genervt von dem spontanen Antrag konterte Bürgermeister Christian Köck (CSU): „Wir sind ein kommunales Gremium, wir haben uns mit kommunalen Angelegenheiten zu befassen. Alles, was darüber hinausgeht, entscheiden die übergeordneten Behörden.“ Die Gemeinde Rottach-Egern habe seinerzeit ihren Beitrag geleistet. Aktuell sei man aber in einer Situation, wo die Wohnungsnot groß ist. „Wir haben selten Leerstände und eine lange Warteliste.“
Köck gehe es um das Signal. Er verstehe zwar die Argumentation mit der Menschlichkeit, „aber wir müssen die Kirche im Dorf lassen.“ Die Gemeinde habe auf gewisse Entscheidungen nur bedingt Einfluss und dessen sollte man sich bewusst sein. „Deshalb verstehe ich nicht, warum das Thema in der heutigen Sitzung auf uns zukommt.“ Er sehe die Gemeinde nicht als die Verantwortliche.
Kommunales Thema oder nicht?
Tomaschek sah das anders, schließlich haben schon viele andere Gemeinden Hilfe angeboten, sodass dies durchaus ein kommunales Thema sei. „Des mog ja sei“, würgte Köck den Grünen-Sprecher ab. Danach ergriff Gabriele Schultes-Jaskolla (FWG) das Wort, die beim Helferkreis und der Rottacher Traglufthalle intensiv beteiligt war. „Ich habe bewiesen, dass ich absolut nichts gegen Flüchtlinge habe und natürlich hätte ich kein Problem damit, eine Familie hierher zu holen.“
Dennoch dürfe man nicht den Fehler machen, das zu tun, ohne zu wissen, wo diese Menschen wohnen oder in den Kindergarten und die Schule gehen sollen. „Solange wir diese konkrete Organisation nicht haben, würden wir wieder Menschen herholen und nicht wissen, wohin damit“, so die dritte Bürgermeisterin.
Nach vielem Getuschel, wütendem Schnauben und genervten Gesichtern bei den Gemeinderäten, stimmte man über den Antrag ab. Mit nur vier Gegenstimmen von Tomaschek, Alexander von Schoeler (Grüne), Alexandra Kolmansberger-Walleitner (BLITZ) und Andreas Erlacher (FWG) wurde der Antrag abgelehnt. Für Tomaschek eine bittere Pille: „Das ist sehr traurig und ich schäme mich für diese Entscheidung.“ Prompt kam die Antowrt von Bürgermeister Köck: „Solltest dir halt vorher überlegen, welche Anträge du wann stellst.“
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