Bis im nächsten Jahr alles wieder genauso läuft. Oder eben auch nicht. Es ist Zeit, die Weichen für die nächsten Jahre zu stellen.
Es wird von Jahr zu Jahr voller auf den Waldfesten im Tal. Das ist erfreulich für die Vereine, spült es doch zusätzliches Geld in die Kassen. Weniger erfreulich war es für den einen oder anderen Besucher, der in langen Schlangen umhergeschoben wurde.
Event-Unternehmer wittern das große Geld
Für die meisten im Tal stehen Waldfeste gleichbedeutend mit Tradition. Seit Jahrzehnten sitzt man an schönen Sommertagen und lauen Nächten zusammen. Dass das nicht nur den Einheimischen gefällt, sondern auch für viele Auswärtige ein schönes Erlebnis ist, haben auch findige Unternehmer längst mitbekommen und flugs die Tradition zum Event-Tourismus gemacht. So heißt es in den Beschreibungen für Shuttle-Busse aus München:
Erlebe die traditionellen Waldfeste am Tegernsee bei München und genieße das bayerische Brauchtum mit feschen Dirndln und strammen Wadeln. Ein besonderer Mix aus Tradition und einer hippen Party für Jung und Alt und Klein und Groß, denn das Wichtigste ist, gemeinsam Spaß und Freude zu erleben.
Die beschriebenen „Highlights“ klingen dann auch wie der Flyer zum Besuch im Freilichtmuseum. Bayerische Tradition und Brauchtum kann man bei uns am See erfahren. Beschwingte Blasmusik und zünftige Schuhplattler garantieren lustige Ausgelassenheit. „Echte Bayern gucken“ inklusive.
Das geht einigen „echten Bayern“ inzwischen gehörig gegen den Strich. Die großen Waldfeste werden teilweise bewusst gemieden. Wegbleiben als Form der Notwehr. Ignorieren als Lösungsansatz.
Weder wegbleiben noch ignorieren kann die Entwicklung die Polizei: Menschenmassen, Bus- und Autokolonnen, Betrunkene auf dunklen Landstraßen. In den Dienstplänen der Ordnungshüter sind die Waldfestwochenenden längst zum Ausnahmezustand geworden.
Die eine Patentlösung gibt es nicht
Die Veranstalter berufen sich darauf, dass ihre Verantwortung am Festgelände endet. Unangenehme Begleiterscheinungen seien es, was außerhalb passiere. Die Polizei solle eben mehr Präsenz zeigen. Man wolle sich in den nächsten Wochen gemeinsam an einen Tisch setzen, um Lösungen zu finden.
Wie die Lösungen aussehen, weiß dagegen noch niemand genau. Eintrittskarten werden ins Gespräch gebracht, um des Ansturms Herr zu werden. Ausgeklügelte Sicherheits-, Park- und Verkehrskonzepte, wie auf anderen Großveranstaltungen, wären eine andere Lösung, um für mehr Sicherheit zu sorgen.
Was in der Diskussion dagegen bisher zu kurz kommt, ist die Überlegung, was die Waldfeste am Tegernsee eigentlich in fünf oder zehn Jahren sein werden. Großveranstaltungen und Festivals mit organisierten Busshuttle und Ordnungsdiensten, die auf Gewinn- und damit auf Besuchermaximierung ausgerichtet sind? Oder traditionelle, lokale Vereinsfeste?
Um diese ganz grundsätzlichen Weichenstellungen wird es an den Tischen der Verantwortlichen auch gehen müssen. Will man den Ansturm der Massen lediglich in geordnete und sichere Bahnen lenken oder grundsätzlich etwas gegen den Ansturm unternehmen?
Mit Mauern kann man Tradition nicht schützen
Es wird nicht möglich sein, Mauern zu errichten, um Besucher von außerhalb fernzuhalten. Man kann Unternehmern auch nicht verbieten, Bustouren an den Tegernsee anzubieten. Man kann aber auf andere Art und Weise gegensteuern: Veränderte Öffnungszeiten, außerhalb liegende Zentralparkplätze oder wirklich den Gedanken der Eintrittskarten im Vorverkauf weiterverfolgen – zumindest übergangsweise. Die eine Patentlösung wird es aber nicht geben.
Nur einer Sache sollte man sich bewusst sein: Wenn sich die Einheimischen immer mehr zum Fernbleiben entscheiden, ist es sehr schnell vorbei mit der Tradition. Ein Waldfest „ohne echte Bayern“ will sich über kurz oder lang vermutlich nicht mal mehr das „G`schwerl“ aus München anschauen.
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