Ein Kommentar von Nina Häußinger
Banken entscheiden über Millionenbeträge per Onlinekonferenz. Arztpraxen bieten Sprechstunden per Zoom an. Menschen sitzen seit bald 1,5 Jahren im Homeoffice und halten ihre Konferenzen per Slack, Teams oder Zoom ab. Andere – weniger wichtige Menschen – wie ich, nehmen an Online-Yogakursen teil und versuchen ihr Bein hinter den Kopf zu zerren und gleichzeitig in ein Tablet zu starren. Das alles wird gemacht – nicht, weil es schön ist, sondern nötig.
Schüler sitzen monatelang vor Bildschirmen, statt neben ihren Freunden im Unterricht. Wenn sie in die Schule gehen, tragen sie Masken. Halten Abstand. Sie haben es mitgetragen. Nicht weil sie es mögen, weil sie müssen, weil sie sich und andere schützen. Das nennt sich Solidarität.
Der Gemeinderat hat eine Sonderstellung
Gemeinderäte tagen fleißig weiter vor Ort. Tragen beim Reden keine Masken. Nicht weil sie es müssen, weil sie es können. Ihre Entscheidungen sind schließlich weitreichend. Relevant. Wichtig.
Doch das Virus kennt keine Stellung, keine Wichtigkeit und auch keine Dummheit. Getroffen hat es den Gmunder Gemeinderat. Ende April wurde die Sitzung zum Hotspot-Event. Über zehn Räte und zahlreiche Familienmitglieder erkranken. In der Gemeinde werden in der Spitze über 70 aktive Corona-Fälle gemessen. Die meisten hängen mit dem Verhalten des Gemeinderates zusammen. Vielen dieser Menschen geht es schlecht.
Bürger sind wütend, der Landkreis bleibt länger im Lockdown, als alle anderen im Umkreis. Gastronomen können nicht öffnen, Schulen bleiben geschlossen. Menschen fordern den Rücktritt von Bürgermeister und Räten.
Wo ist die Solidarität?
In der ersten Sitzung nach der Quarantäne erwartet man etwas. Irgendetwas. Ein Wort. Eine Erklärung – von einer Entschuldigung will ich gar nicht sprechen.
Aber nichts. Es bleibt still.
Und dann der Paukenschlag. Ein Mix aus Selbstgerechtigkeit, Bockigkeit und unfreiwilliger Komik: Hybridsitzungen werden abgelehnt. Mehr als ein Drittel der anwesenden Räte entscheidet sich gegen die Möglichkeit an Sitzungen online teilzunehmen. Warum? Die Begründungen sind auf Teenagerniveau. Weil was verloren geht. Die Geselligkeit, das Ratschen, das Bier danach. Das erklären nach anderthalb Jahren Pandemie mit vollem Ernst erwachsene Männer und Frauen.
Das trauen sich von den Bürgern gewählte Gemeinderäte öffentlich zu sagen – genau die Räte, die zu einem Corona-Ausbruch aktiv beigetragen haben. Und jetzt frage ich Euch, liebe Gmunder Gemeinderäte: Was ist das für ein Zeichen an EURE Bürger? Was ist das für eine Vorbildfunktion? Wo ist da die Solidarität mit denen, die seit über einem Jahr täglich tun, was ihr nur ein- bis zweimal monatlich tun müsst?
Anstand und Solidarität ist nicht zu viel verlangt. Ich denke, viele Bürger in Gmund und im Tal hätten euch den “Fehltritt” verziehen. Man hätte vielleicht darüber hinweggesehen, dass Entscheidungsträger und Politiker sich nicht der Masse beugen, sondern ihren eigenen Weg gehen. Aber nach diesem Auftritt – wird es nicht gemütlich werden. Im Gegenteil.
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