Nicht erst die Pandemie lässt den Hunger nach Freiheit und Individualität auch im Urlaub wachsen. Schon vor Corona war auf dem Markt ein verstärktes Interesse am Urlaub in den „eigenen mobilen Wänden“ zu beobachten – und wurde natürlich auch auf unseren heimischen Straßen und Parkplätzen erlebbar.
Man muss nur einmal am Wochenende die Seeufer im Landkreis Miesbach abfahren. Überall stehen Wohnmobile. Die ganz großen Luxusteile mit allem Schnick-Schnack, aber auch die kleinen bescheidenen Transporter und sogar die hippen zweifarbigen VW-Busse aus alten Zeiten. Alle sind vertreten. Oft tun einem die Insassen schon leid. Eingepfercht zwischen Autos fristen so viele dort mangels Alternativen ein trauriges Dasein.
Auf normalen Parkplätzen ist es kein Urlaub
Denn, wenn man tagelang nur auf Parkplätzen nächtigt und alles und jedes verboten ist, wird der schöne Urlaub gern schon mal zum Stress-Spreader. Immerhin müssen regelmäßig die Batterien aufgeladen, das Wasser nachgefüllt und die Toilette geleert werden. Und bei schönem Wetter im Wohnmobil zu hocken, weil man die Stühle nicht unter die integrierte Markise stellen darf, erhöht auch nicht den Freizeitwert.
Erst neulich haben wir bei den Gemeinden im Tegernseer Tal nämlich eine kleine Umfrage zu diesem Thema gemacht. Allerdings lief es darauf hinaus, dass es nur sehr wenige Stellplätze rund um den Tegernsee gibt, die für die mobilen Reisenden in ihren fahrenden Häusern vorgesehen sind. Auf öffentlichen Parkplätzen dürfen Wohnmobile zwar für kurze Zeit stehen, richtiges Campen ist hier (verständlicherweise) allerdings nicht erlaubt.
Mit Angeboten die Ströme lenken, statt verscheuchen und bestrafen
Außerhalb des Tegernseer Tales scheint man die Notwendigkeit und auch das Potenzial der neuen Reiseklientel erkannt zu haben. Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer (CSU) und sein Bauausschuss in Schliersee haben gerade erst 15 neue Stellplätze an der Taubensteinbahn am Spitzingsee genehmigt.
Für uns ist es wichtig, Angebote zu bieten. Menschen, die mit dem Wohnmobil zu uns kommen, sind gern gesehene Gäste. Lieber haben wir sie auf den ausgewiesenen Stellplätzen, als dass sie mangels Möglichkeiten zu Wildcampern werden.
Schnitzenbaumer reiht sich damit nicht in die Reihe vieler seiner Bürgermeister-Kollegen ein, die die Wohnmobilisten vermutlich am liebsten gar nicht im Ort hätten. Man wolle in Schliersee auch diesen Gästen die Möglichkeit bieten, die See- und Bergwelt der Gemeinde zu genießen. „Auf den ausgewiesenen Stellplätzen wird der Müll entsorgt und die Camper erhalten alles, was sie benötigen“, erklärt der Bürgermeister. Als Gemeinde profitiere Schliersee von den vielen neuen Gäste, die sowohl die Freizeitangebote vor Ort in Anspruch nähmen als auch bei den Gastronomen einkehren würden.
Noch mehr Wohnmobilstellplätze in Ostin geplant
Ähnlich positiv schätzt auch Parteikollege und Landrat Olaf von Löwis (CSU) den Umgang mit der Zahl der stetig wachsenden Wohnmobiltouristen auf Nachfrage ein: „Es erscheint mir sinnvoller, extra Stellplätze zu schaffen, als dass alle wild campen.“ Besonders in Hinblick auf die angestrebte Lenkung der Verkehrsströme im Landkreis schätzt Löwis die Initiative einiger Gemeinden, Unternehmen und Privatanbieter. Man solle nicht nur die negativen Aspekte des neuen Trends diskutieren, sondern Lösungen entwickeln und ergänzt:
Unser Landkreis lebt vom Tourismus.
Auch am Oedberg im Gmunder Ortsteil Ostin gibt es Stellplätze für Wohnmobile und es entstehen gerade noch mehr. In der Ferien– und Freizeitanlage schätzt man die Wohnmobilisten sehr. „Das sind durchweg sehr sympathische, aufgeschlossene und gutgelaunte Menschen“, beschreibt Georg Reisberger seine Gäste.
Die im Moment noch 25 Stellplätze – in den nächsten Wochen werden noch weitere 25 dazukommen – seien fast jeden Abend voll, berichtet Reisberger weiter. „Bei uns ist es ein Kommen und Gehen.“ Reservierungen gibt es auf dem Gebiet am Kletterpark und der Alm nicht. Das sei auch gar nicht gewünscht, erklärt der Geschäftsführer weiter, „Die Menschen, die im Wohnmobil durch die Gegend reisen sind Freigeister, die sich gern spontan entschließen, wo sie die Nacht verbringen.“
Schlierseer wollen keine Störung des Ortsbildes
Schnitzenbaumer, auf dessen Gemeindegebiet, neben dem schon bestehenden und sehr gut frequentierten privat betriebenen Stellplätzen direkt am unteren Ufer des Spitzingssees auch der Campingplatz am Schliersee liegt, hätte auch nichts gegen weitere Stellplätze im Ort.
Was aber nicht dazu führt, dass Weide oder Ackerland umgewidmet werde, macht Schliersees Bürgermeister abschließend deutlich. „Wir suchen Flächen, die schon eine ähnliche Nutzung haben und weder für das Dorfbild und unsere Bürger störend noch für die Wohnmobiltouristen unschön sind.“
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