Gestern Abend fand eine Diskussionsveranstaltung der Kreuther Freien Wähler statt. Geladen waren dazu auch Mitglieder des Vereins „Rettet den Tegernsee“, um mit den Anwesenden über die umstrittenen Planungen zum Hochwasserschutz zu diskutieren, denn ein Wehr und das damit verbundene Aufstauen des Tegernsees könnte viel zerstören und wenig helfen, so die Befürchtung der Initiatoren.
Über 100 Mitglieder hat die vor drei Wochen gegründete Initiative bereits hinter sich geschart. Nun will man mit sachlichen Argumenten und Expertenmeinungen die Pläne des Wasserwirtschaftsamts, die ein neues Wehr in Gmund vorsehen, auf den Prüfstand stellen.
Sorge um den Schilfbestand
„Wir haben Angst“, bringt Christoph Ebensperger die Motivation zur Gründung des Vereins auf den Punkt. Man habe die große Befürchtung, dass der Tegernsee als Rückhaltebecken genutzt werden soll und dadurch gravierende, negative Auswirkungen für die Talbevölkerung entstehen, ist der Gmunder überzeugt.
So könnte laut den Wehr-Gegnern durch das mögliche Zurückstauen des Tegernsees beispielsweise ein Schilfrückgang in Gang gesetzt werden.
Die Nutzung des Tegernsees als Stausee würde das Aus für die Röhrichtvegetation bedeuten. Schilf ist ein wichtiger Lebensraum und Rückzugsgebiet für Vögel. Zusätzlich stellt es einen Entwicklungs- und Lebensraum für Libellenarten dar und ist Nahrungs- und Reproduktionsgebiet für Fischarten.
Die Initiatoren erklären den Einfluss so: Ist Schilf etwa zwei Tage überschwemmt, beginnen Absterbevorgänge. Geht das Wasser anschließend zurück, ist das Schilf tot. Eine natürliche Regeneration würde dagegen sehr lange dauern oder im Fall von zunehmend stärkeren Überschwemmungen unmöglich werden.
„Chance vertan“
Auslöser für die vielen Bedenken sei eigentlich die Informationsveranstaltung des Wasserwirtschaftsamtes vor rund drei Wochen gewesen, bei der die Ängste der Anwohner eher verschlimmert anstatt ausgeräumt wurden. „Hier wurde eindeutig eine Chance vertan“, stimmt auch der ebenfalls anwesende Zweite Rottacher Bürgermeister Hermann Ulbricht zu.
Die Kritik richtet sich dabei in erster Linie an die Verantwortlichen aus Rosenheim, die nicht in der Lage waren, die Planungen in verständlichen Worten zu erklären. „Wir als Laien haben das nicht verstanden“, so Ebensperger. Ein Kritikpunkt, den der Zweite Bürgermeister von Gmund, Georg Rabl, gut nachvollziehen kann. Dennoch kritisierte er die teilweise polemische Argumentation der Wehr-Gegner. „Das bringt keinen weiter“, so Rabl.
Gutachten und Experten
Grundsätzlich sei er für das Wehr, da aus seiner Sicht das Wasserwirtschaftsamt schlüssig erklärt habe, dass der Neubau zusammen mit der Vertiefung der Mangfall eine Verbesserung darstelle. Denn eines sei klar: Wenn man gar nichts mache, passiere bald wieder dasselbe wie vor zwei Monaten bei der letzten großen Flut. „Sie können aber versichert sein, dass wir die Punkte, die uns derzeit noch stören, beim Wasserwirtschaftsamt noch durchdrücken werden“, kündigt Rabl an. Ein Versprechen, auf das man sich im Verein aber nicht verlassen will.
Trotzdem wollen die Initiatoren die Gespräche wieder auf eine sachlichere Ebene bringen. „Uns liegt nichts an Panikmache“, erklärt Vorstand Andreas Scherzer. Daher habe man sich nun die fachliche Meinung geholt, die ihnen selber fehle.
So sei beispielsweise derzeit Professor Dr. Arnulf Melzer, ein führender Wissenschaftler auf dem Gebiet, dabei, ein ökologisches Gutachten zu erstellen. Mit weiteren Experten sei man im Gespräch. Zudem habe man eine „Arbeitsgemeinschaft Hochwasser“ gegründet.
Diese besteht aus Wasser- und Wehrbauspezialisten, die die Pläne des Wasserwirtschaftsamts überprüfen sollen und anschließend Alternativen vorschlagen werden, welche auch die Zuflüsse des Tegernsee miteinbeziehen, erklärt Scherzer. „Das sind Experten, die sich mit dem Wasserwirtschaftsamt auf Augenhöhe unterhalten können.“
Für diese Herangehensweise habe man bereits einige Unterstützer gewonnen. Darunter das Hotel Überfahrt und die Egerner Höfe, das Bräustüberl sowie einige anerkannte Wehrbaufirmen. Man wolle jedenfalls nicht als bloße Nein-Sager dastehen, sondern ausschließlich die Tatsachen hinterfragen. „Wenn dabei herauskommt, dass die jetzigen Planungen sinnvoll sind, sind wir die Letzten die dagegen wären“, so Vereinsmitglied Peter Kathan.
SOCIAL MEDIA SEITEN