Bürgermeister-Bashing oder unseriöser Feldzug?

Zwei Zweitwohnsitzler fühlen sich von der Stadt Tegernsee ungerecht behandelt. Der Grund sind die hohen Steuern, die sie mittlerweile bezahlen müssen. Sie üben harsche Kritik am Bürgermeister. Doch der lässt sich das nicht gefallen.

Der Tegernseer Bürgermeister wehrt sich gegen die Vorwürfe von Zweitwohnsitzlern

Im vergangenen Jahr war es ein Dauerbrenner. Die Zweitwohnungssteuer am Tegernsee. Zweiwohnsitzler beschweren sich. Doch die Gemeinden am Tegernsee sehen die Notwendigkeit, die Steuer zu erhöhen. 2021 haben deshalb alle Gemeinden rund um den See den Steuersatz auf einheitliche 20 Prozent erhöht. Berechnet wird der Satz nach der Nettokaltmiete, die Mieter für die Nutzung ihrer Wohnung zahlen müssen.

Damit liegt der See noch deutlich unter den Sätzen anderer Regionen, wie beispielsweise Sylt oder am Bodensee. Johannes Hagn, Bürgermeister der Stadt Tegernsee, peilt auch weiterhin eine Erhöhung des Steuersatzes an. Damit will man vor allem ein Ziel erreichen: Die Zahl der Zweitwohnungen am See begrenzen und dadurch neue Möglichkeiten für bezahlbaren Wohnraum für Einheimische schaffen.

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Doch dieser Plan stößt immer wieder auf massive Kritik. Henning Möller (Frankfurt) und Christian Stangl (Künzelsau) wenden sich jetzt mit einem offenen Brief an die Stadt:

Selbst in der „staden Zeit“ schwingen Sie wieder die Steuerkeule gegen die Zweitwohnsitzler und das, obwohl in einem aktuellen Gerichtsverfahren die aktuelle Besteuerung als „gerade noch nicht erdrückend“ bezeichnet wurde – von der Ungültigkeit der Berechnungsgrundlage ganz abgesehen. Aber es ist ja so schön einfach, populistisch die Zweitwohnsitzler zur „Mutter allen Wohnungsmangels“ abzustempeln und abzukassieren.

Als Gelegenheitsbewohner wollen sich die beiden in keinem Fall abtun lassen. “Vielmehr sind wir sehr regelmäßig im Tal; der Einzelhandel, ortsansässige Handwerker, Hausverwalter und insbesondere die Gastronomie im Tal profitieren von unseren zahlreichen Aufenthalten”, betonen sie in ihrem Schreiben. Außerdem zweifeln sie die absolute Zahl der Personen mit Zweitwohnsitz in Tegernsee an. Das sind aktuell 442.

Die Zahl der Zweitwohnsitze müsse ihrer Meinung nach einerseits ins Verhältnis mit den Erstwohnsitzen gesetzt werden und anderseits mit der Entwicklung der Wohneinheiten insgesamt. “Wie viel Zweitwohnsitze wurden echte oder angebliche Erstwohnsitze? Wie viele ausländische Zweitwohnsitzler haben wir in Tegernsee, die – mangels Erstwohnsitz in Deutschland – keine Zweitwohnsitzsteuer zahlen?”

Auch hegen die beiden Männer Zweifel an der Re-Investition der Steuereinnahmen. “Zwei von drei großen Investitionen sind Übernahmen bestehender Alt-Immobilen, bei denen lediglich der Besitzstand gewahrt wurde.” Die Wirtschaftlich- und Sinnhaftigkeit des Objektes Karl-Theodor-Straße könne sich jeder selbst „errechnen“. Beim „Tegernseer Modell“ auf dem ehemaligen Krankenhaus-Areal sponsore die Stadt einen “fragwürdigen und sehr unzuverlässigen Bauträger.” Abschließend heißt es: “Herr Bürgermeister, seien Sie zu sich und vor allem zu Ihren Bürgern ehrlich und beenden sie Ihren unseriösen Feldzug gegen die Zweitwohnsitzler.” Hagn selbst lässt diese Kritik nicht unbeantwortet. Er erklärt:

Da der Großraum München stetig wächst und dadurch auch der Druck auf die Umlandgemeinden ist Wohnraum zum knappen Gut geworden.

Da derzeit kein Wille erkennbar sei, dieses Wachstum einzudämmen, müssen andere Instrumente gefunden werden. Neben der Innenverdichtung, die in Tegernsee kritisch bewertet wird, sei nun einmal die Zweitwohnungssteuer eines dieser Instrumente. Die Stadt habe entschieden, den Außenbereich zu schützen und an Orten wie der Amerikanerwiese am Leeberg keine Bebauung zuzulassen. Dagegen will man viel mehr Bestandsobjekte für bezahlbaren Wohnraum sichern. Durch die Zweitwohnungssteuer werde das erst möglich. Hagn wird am Ende deutlich:

Darum gibt es auch keinen Grund, Zweitwohnungsbesitzer abzuqualifizieren. Im Übrigen ersetzt ein Bürgermeister-Bashing keinen sachlichen Diskurs.

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