Zusammen mit den Mitgliedern des SV Miesbach und der Politprominenz aus dem Landkreis, haben wir bereits über eine kleine Ewigkeit am Gate ausgeharrt, als sich kurz vor Mitternacht die automatischen Türen des Sicherheitsbereiches öffnen und den Blick auf vierfaches Gold freigeben.
Laut ist der Jubel der etwa hundert Menschen, die sich am späten Samstagabend am Münchener Flughafen versammelt haben. Zwei Reisebusse mit Freunden aus Miesbach und Berchtesgaden hatten sich bereits Stunden zuvor auf den Weg gemacht, die Medaillengewinner der „Trainingsgruppe Sonnenschein“ gebührend zu feiern.
Versöhnung mit der Stadt nach Unstimmigkeiten vergangener Jahre?
In Miesbach startete der Bus um 18:30 Uhr beim SV Miesbach. Dort, wo die meisten der Mitfahrer schon in den Tagen zuvor der 34-jährigen Rodlerin vor dem TV-Gerät die Daumen drückten. Eingeladen zur Abholung der Ausnahmeathletin des Landkreises hatte der SV zusammen mit dem Miesbacher Bürgermeister Dr. Gerhard Braunmiller.
Noch vor vier Jahren kam es im Anschluss an den ebenfalls doppelten Goldgewinn der Rennrodlerin noch zu einem schweren Zerwürfnis zwischen Familie Geisenberger, dem Verein und der Stadt. „Alles nur ein Missverständnis“, wie uns ehemalige Sportreferent und Stadtrat Jochen Holzkamm verrät. Was aber wie immer nur die eine Seite der Medaille ist.
Doch auch Helmut Geisenberger freut sich heute sichtlich über die Aufmerksamkeit, die den Erfolgen seiner Tochter in der Heimatstadt entgegengebracht wird:
Das ist ein super Empfang. Das wird sich die Natalie riesig freuen
Das klingt nicht mehr nach dem Frust von vier Jahren. Die gesamte “Miesbacher Führungsriege” saß gestern geschlossen mit den Freunden und Fans der Gold-Geisi im „Feierbus“.
Zusammenschluss mit den Berchtesgadener Freunden beim Kramerwirt
Erste Station der „Miesbacher Abholdelegation“ war der Kramerwirt in Irschenberg. Stärkung für einen langen Abend war gefragt. Aber nicht nur das. In Irschenberg kam es zum großen Zusammenschluss mit den Offiziellen des Bob- und Schlittenverbandes Deutschland (BSD) und den Rodel-Fans aus Berchtesgaden.
Denn gemeinsam mit Natalie kehrten mit dem Flieger aus Peking auch die Doppel-Olympiasieger im Rodeldoppelsitzer und in der Teamstaffel Tobias Wendl und Tobias Arlt sowie die Überraschungs-Silbermedaillen-Gewinnerin Anna Berreiter heim. Der in China wieder einmal so erfolgreiche Verband lud alle Mitfahrer zu Speis und Trank ein. Dazu spielten Musiker aus beiden Städten auf. Für uns mit dabei war der Musikverein aus Miesbach.
Überraschender Zeremonienmeister der Berchtesgadener Truppe war Alexander Resch, der Olympiasieger im Doppelsitzer von Salt Lake City 2002. Inzwischen ist Resch Leistungssportmanager beim BSD. Gestern Abend aber überzeugte der 41-Jährige jedoch am Akkordeon des Musikquartetts aus dem Berchtesgadener Land. Als ausgemachtes Feierbiest war Resch zudem zuständig für die Getränkeversorgung der Mitreisenden.
Buskonvoi zum Flughafen
Nach der letzten Musikeinlage ging es im Bus-Konvoi zum Münchener Flughafen. Der Bürgermeister verteilte im Bus gut gelaunt Piccolos an die Damen, die das Prickelwasser der Halben vorzogen. Am Airport erwarteten uns schon Vater und Trainer Helmut Geisenberger gemeinsam mit Natalies Hund Bounty, Landrat Olaf von Löwis nebst Gattin und der zahlreich erschienene Medientross.
In Windeseile nahm unser Begrüßungskomitee gegen 22:00 Uhr den Ankunfts-Terminal am Franz-Josef-Strauß-Terminal in Beschlag. Die Jüngsten präsentierten diverse Banner mit den Bildern ihrer Idole. Selbst die deutsche Fahne fand Platz im vorherrschenden Blau und Weiß.
Unsere unglaublich feschen Dirndl aus Miesbach postierten sich mit ihrem riesigen Begrüßungsplakat Plakat für die Geisi gleich mal ganz vorn am Ausgang. Die beiden waren der Hingucker und das Motiv Nummer eins für die vielen TV-Teams und Fotografen in der langen Wartezeit am Gate.
Es herrschte allgemein helle Aufregung. Unbeteiligte Heimkehrer blickten irritiert und staunend in die Szenerie. Wer wird schon am Flughafen vom Miesbacher Musikverein mit einem Ständchen in einem Blumen- und Bannermeer begrüßt?
… das ist der Wahnsinn!
Dann endlich um 23:22 Uhr war es so weit. Die „goldene Trainingsgruppe“ von Peking trat begleitet von Natalies Arbeitskollegen der Bundespolizei aus dem Sicherheitsbereich. Unter lautem Jubel begrüßte die Geisenberger zuerst einmal ihren Hund Bounty und herzte ihn nach Kräften. Danach erst nahm die mit beiden Medaillen Dekorierte breit grinsend und überglücklich die Gratulationen der engsten Freunde an, um anschließend geduldig die vielen Fragen der Medienvertreter zu beantworten. In der Schalte der ARD sagt sie total happy:
Ich habe vermutet, dass ein paar Leute da sind. Aber dass es so viele sind, das ist der Wahnsinn.
Natalie bekommt Unmengen an Blumen, Luftballons und Geschenken überreicht. Die Kollegen der Alpenwelle überreichen ihr einen Kaiserschmarrn, „weil die Nat in China solang darauf verzichten musste“, wie die Reporterin ihrer Hörern erklärt.
Lokalpolitiker genießen positive PR
Die Miesbacher Trachtenträger beweisen sich als äußerst digital bewandert. Nicht nur der Landrat filmt eifrig auch Astrid Güldner, die zweite Bürgermeisterin aus Miesbach und die vielen anderen am Gate halten die Mobilgeräte stets gezückt. Jeder mag die beiden Goldmedaillen mal anfassen und „Natalie“ herzen. Der ganz große FFP2-Bussi-Alarm war angesagt!
Ehemann Markus strahlt ebenfalls über das ganze Gesicht. Er fängt die ganze Aufregung mit seiner Handykamera ein. Momente für die Ewigkeit und für Sohnemann Leo, der heut Abend daheim bleiben musste. Das sind endlich mal positive Schlagzeilen für Stadt und Landkreis nach Zeiten als bundesdeutschen Hyper-Inzidenz Örtlichkeit. Was die anwesenden Herren und Damen aus der Politik sichtlich genossen. Selten sahen wir von Löwis als Landrat so locker und gelöst wie gestern bei den Interviews vor den TV-Kameras:
Sie können mich alles fragen zur Natalie Geisenberger – aber nichts zum Thema Wasser für München, bitte
Kurz haben wir beim Verlassen des Terminals noch dem Hackl Schorsch, dem Deutschen Ur-Rodler, beim granteln in die Kameras des Bayerischen Rundfunks zu hören können. Er sei glücklich über die Erfolge der deutschen Rodler, sagt der wie immer höchst emotional daherkommende Funktionär. Doch Schorsch machte ebenso unmissverständlich deutlich wie total unbegeistert er vom Olympiaevent in China an sich sei.
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