Dem Förster liegt die Natur, aber auch die Bürger im Landkreis am Herzen. Zudem fordert er ein Hochwasserschutzkonzept für das Tegernseer Tal sowie mehr Solidarität im Umgang mit Asylbewerbern.
Der 50-jährige Schlierseer arbeitet seit über 20 Jahren als Förster in der Region und ist derzeit Beratungsförster im Landkreis Miesbach. Jetzt will das langjährige Parteimitglied für die Grünen in den Bayerischen Landtag.
Tegernseer Stimme: Guten Tag, Herr Waas, warum wollen Sie eigentlich in den Bayerischen Landtag?
Gerhard Waas: Ich bin Förster und war früher auch in Rottach-Egern als solcher tätig. Seit 1995 wurden 50 Prozent aller Försterstellen in Bayern abgebaut. Im neuen Landtag könnte es keinen einzigen Vertreter aus dieser Berufsgruppe mehr geben. Dabei sind die Förster immerhin für ein Drittel der Landesfläche des Freistaates verantwortlich.
Tegernseer Stimme: Können Sie nochmals kurz beschreiben, wie es zu Ihrer Kandidatur gekommen ist? Im vergangenen Oktober haben Sie sich ja im internen Wettbewerb gegen Wolfgang Rzehak aus Gmund durchgesetzt.
Gerhard Waas: Das war sicher Tagesform. An diesem Tag in Otterfing haben wir beide eine Rede vor den anderen Kreismitgliedern der Grünen gehalten. Am Ende hatte ich die Nase vorne. Ich schätze Wolfgang Rzehak aber weiterhin sehr.
Tegernseer Stimme: Wie betreiben Sie momentan Wahlkampf?
Gerhard Waas: Ich habe früh angefangen, war in meinem Stimmkreis unterwegs und habe mich den Menschen vorgestellt. Zudem war ich in meiner Funktion als Förster relativ oft in der Presse. Diese Tatsache hat mir sicher nicht geschadet. Ich denke, ich bin nun deutlich bekannter als noch vor einem Jahr.
Tegernseer Stimme: Hand aufs Herz: Wie schätzen Sie Ihre Chancen ein, das Direktmandat gegen Ilse Aigner zu gewinnen?
Gerhard Waas: Das wird natürlich sehr schwierig. Allerdings rechne ich mir über die Zweitstimme schon ein paar Chancen aus, in den Landtag zu kommen. Auf der oberbayerischen Liste der Grünen bin ich auf Platz 20. Auch hier ist es möglich, ein paar Plätze zu überspringen. Viele Menschen wählen nach Berufsbild. Es wird spannend sein, zu sehen, ob die Menschen neben Lehrern und Anwälten auch einen Förster wählen.
Die Kommunen mit ins Boot holen
Tegernseer Stimme: Lassen Sie uns auf die Energiewende, also eines der Kernthemen der Grünen, zu sprechen kommen. Der Landkreis Miesbach will bis 2035 energieautark sein. Ist das zu schaffen und – wenn ja – wie?
Gerhard Waas: Ich schätze das schon als machbar ein. So etwas geht aber nur stufenweise. In einem ersten Schritt sollten wir sicherstellen, dass auch die Gemeinden stärker mit in die Planung und Umsetzung der Energiewende mit einbezogen werden. Momentan passiert alles nur zentral.
Tegernseer Stimme: Welche Energieformen kommen für das Tegernseer Tal in Frage?
Gerhard Waas: Das Tegernseer Tal eignet sich genau wie der Schliersee mit Sicherheit nicht für Windenergie. Diese beiden Regionen sind die touristischen Zugpferde des Landkreises. Dafür kann man am Tegernsee aber sicherlich die Fotovoltaik noch besser fördern, als das bisher der Fall ist.
Zudem ist auch das Thema Seewasserwärmepumpe sehr interessant, wenn sich so eine Einrichtung in die Landschaft einfügt. Man muss jede Möglichkeit hier auf den Prüfstand stellen. Auch wir Grünen dürfen nicht in das Fahrwasser kommen, alles nur verhindern zu wollen.
Tegernseer Stimme: Apropos Widerstand: Auch gegen den zunächst geplanten Speicherteich auf dem Wallberg haben die Grünen zu einer Demonstration aufgerufen. Sind Sie froh, dass die Betreiber der Wallbergbahn nun von sich aus Abstand von dem Speicherteich genommen haben?
Gerhard Waas: Das finde ich gut. Ich denke, hier hat man sich im Vorfeld zu wenig Gedanken gemacht, ob die Rottacher oder die Tal-Bewohner einen solchen Speicherteich überhaupt wollen. Auch hätten die Verantwortlichen wohl eher eine Position in Betracht ziehen sollen, die sich besser in die dortige Landschaft einfügt.
“Das Tal braucht ein Hochwasserschutzkonzept”
Tegernseer Stimme: Anfang Juni hatten der Landkreis und das Tegernseer Tal mit einem der schlimmsten Hochwasser der vergangenen 50 Jahre zu kämpfen. Was muss passieren, dass man in Zukunft vor den Folgen einer solchen Katastrophe besser geschützt ist?
Gerhard Waas: Wir brauchen ein Hochwasserkonzept für die Bewohner des Tegernsees und des Schliersees und natürliche Rückhaltebecken für die Rottach oder die Leitzach. Haben wir solche, entzerrt das die gesamte Situation. Hier müssen wieder Auen geschaffen werden. Zudem ist es sicherlich sinnvoll, den Tegernsee präventiv ein paar Zentimeter abzusenken, wenn große Regenfälle angekündigt sind.
Tegernseer Stimme: Sehen Sie den Tegernsee als Rückhaltebecken?
Gerhard Waas: Der Tegernsee eignet sich mit Sicherheit nicht als Rückhaltebecken für Städte wie Rosenheim. Der See ist viel zu weit weg von dem betroffenen Gebiet. Selbst mit dem neuen Wehr macht das nur wenige Zentimeter aus. Das, was man über den Tegernsee zurückhalten kann, dient nur einer Präventivmaßnahme. Für die großen Städte brauchen wir andere Rückhaltebecken, die auf den Punkt geöffnet werden können. Dass die Anwohner mit der Schleuse des Schuhmacher-Wehrs nicht glücklich sind, kann ich verstehen. Ich finde aber, man muss die Ängste der Bürger in dieser Sache ernst nehmen.
Tegernseer Stimme: Wie beurteilen Sie die derzeitige Debatte rund um die geplante Fusion der beiden Tourismusverbände TTT und ATS zu einer gemeinsamen Organisation für den Landkreis?
Gerhard Waas: Eine größere Organisation ist mit Sicherheit schlagkräftiger als zwei kleine. Man muss sich auf den internationalen Wettbewerb einstellen. Ich kann die Bedenken einiger Gemeinden aber nachvollziehen. Offenbar hat es bei der Steuerung des ganzen Prozesses Probleme gegeben, nicht alle Gemeinderäte wurden umfassend informiert.
Tegernseer Stimme: Was muss Ihrer Meinung dann jetzt geschehen?
Gerhard Waas: Aus meiner Sicht sollte man die Differenzen schnellstmöglich beiseiteschieben und auch vonseiten der Verantwortlichen so ehrlich sein und zugeben, dass man in der Planung ein paar Fehler gemacht hat. Was auch geschieht, die Bedenken der Schlierseer müssen aus dem Weg geräumt werden.
Tegernseer Stimme: Wäre ein Scheitern der Fusion auch ein persönliches Scheitern von Landrat Jakob Kreidl?
Gerhard Waas: Ich stehe vielem, was Herr Kreidl macht, kritisch gegenüber. Aber ob man ihm ein mögliches Scheitern der Tourismusfusion anlasten sollte, darüber bin ich mir nicht so sicher.
Tegernseer Stimme: Wie wichtig ist eine zeitnahe Umsetzung der Fusion?
Gerhard Waas: Schon sehr wichtig. Wir brauchen Planungssicherheit, wie wir den Landkreis und die Regionen Tegernsee und Schliersee künftig ausrichten. Solche Konzepte können aber nur gemeinsam entwickelt werden. Daher sollte man die Fusion nicht auf die lange Bank schieben.
Jede Gemeinde soll ihren Beitrag leisten
Tegernseer Stimme: Wie beurteilen Sie das Vorgehen des Landkreises im Umgang mit den Asylbewerbern, die seit einer Woche in der Miesbacher Turnhalle untergebracht worden sind?
Gerhard Waas: Die Verantwortlichen im Landratsamt haben im Vorfeld sicherlich ihr Möglichstes versucht, andere Unterbringungsmöglichkeiten als die Turnhalle zu finden. Wenn von Vornherein nur die Turnhalle in Betracht gezogen worden wäre, wäre das aus meiner Sicht nicht tragbar gewesen. Es wäre schön, wenn mehr Privatpersonen, natürlich gegen Bezahlung durch den Landkreis, eine Unterkunft zur Verfügung stellen würden. Das Thema Flüchtlinge wird uns in den nächsten Jahren noch viel stärker beschäftigen, als das heute der Fall ist.
Tegernseer Stimme: Sollten aus Ihrer Sicht auch die Gemeinden selbst mehr Bereitschaft zeigen, Flüchtlinge aufzunehmen?
Gerhard Waas: Hier wäre es sicher gut, wenn sich alle Gemeinden solidarisch zeigen würden. So könnte man ja zum Beispiel in jeder Gemeinde ein oder zwei Container aufstellen und dort Asylbewerber unterbringen.
Jede Gemeinde müsste sich dann aber auch um die Flüchtlinge angemessen kümmern und sicherstellen, dass diese in der Zeit, die sie bei uns verbringen, gut integriert werden. Hier muss man auch den Bürgern die Angst nehmen und zeigen, dass jegliche Vorurteile unbegründet sind. Wir dürfen die Asylbewerber nicht ghettoisieren.
Tegernseer Stimme: Was wäre das Erste, was Sie in Angriff nähmen, wenn Sie in den Landtag gewählt würden?
Gerhard Waas: Auf jeden Fall etwas für den Wald und die Forstwirtschaft. Hier gehen wir momentan auf dem Zahnfleisch. Wir haben viel zu wenig Förster. Wir müssen jetzt vorbauen, um für die Auswirkungen des Klimawandels gewappnet zu sein. Das muss jetzt passieren. Wollen wir unsere Heimat in dieser Form erhalten, müssen wir jetzt handeln, sonst ist es zu spät.
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