Jedes Jahr aufs Neue müssen sich Ausflügler, vor allem aber Pendler und Gewerbetreibende in den Sommermonaten in Geduld üben. Denn während Schülerinnen und Schüler in den wohlverdienten Ferien sind, wird im Tegernseer Tal üblicherweise mit den ein oder anderen Sanierungsarbeiten und Baustellen begonnen, um den Schulbusverkehr nicht zu beeinträchtigen.
Auch heuer wird wieder gebaggert und gebaut was das Zeug hält. Doch diesmal trifft es vor allem das Tor zum Tegernsee besonders hart. Sowohl die Gmunder Ortsmitte beim Gasthof Maximilian als auch der Ortsteil Finsterwald sind derzeit von Bauarbeiten betroffen. Eine Leserin bringt ihren Frust auf den Punkt:
Kommt man jetzt als Pendler gar nicht mehr heim ins Tal?
Auf ihrem Weg habe der erste Stau bereits an der Kreuzstraße begonnen und reichte bis zur Kapler Alm zurück. „An der Ampel Richtung Waakirchen, Ortsende Hauserdörfl ist dann auch gesperrt.“ Hier werde der Verkehr bereits am Kreisverkehr wegen der Baustelle in Finsterwald umgeleitet.
Weiter beschreibt sie: „Nachdem ich wieder zurück nach Moosrain gefahren bin, gab’s dann Stau von der Bergzeit bis Ende Gmunder Berg. Dürnbach Richtung Finsterwald ist dann ja ebenfalls gesperrt.“ Insgesamt bedeutet das für die Pendlerin aus dem Tal:
Von Holzkirchen nach Weißach brauchte ich 1 Stunde und 15 Minuten.
Doch nicht erst ab der Kreuzstraße beginnt das Chaos. Am Montag bildete sich schon an der Anschlussstelle Holzkirchen auf der A8 ein Rückstau Richtung Tegernsee. Einige Talbewohner fuhren deshalb weiter und wollten die Ausfahrt in Weyarn nutzen. Gar keine gute Idee im Baustellensommer 2022. Denn auch diese Abfahrt war beidseitig wegen einer Baustelle gesperrt. „Also führte mich meine lange Heimfahrt ins Tal am Ende sogar über Irschenberg“, berichtet eine weitere gefrustete Autofahrerin gegenüber der TS.
Gelebte Tal-Solidarität unter Geschäftsleuten
Dabei sollte nicht vergessen werden, dass die Baustellen und Sperrungen nicht nur für Autofahrer und den ÖPNV ein Problem darstellen, sondern vor allem auch die Geschäftsleute im Tal darunter leiden. Wochenlang sind ihre Läden oder Geschäftsräume kaum oder gar nicht mehr durch die Baumaßnahmen zu erreichen. Zuletzt sorgte im April – ebenfalls in Gmund – die Baustelle an der Hauptstraße für großen Ärger bei den Anliegern.
Dass es aber auch anders laufen kann, beweist ein kleiner, neuer Blumenstand in Dürnbach. Eigentlich betreibt Besitzerin Carina Reichhart ihre BlumenBar in Finsterwald. Doch liegt ihr Geschäft in den kommenden anderthalb Monaten sozusagen im Epizentrum der aktuellen Bauarbeiten – direkt an der Kreuzung Dürnbacher/Tölzerstraße.
“Was soll man machen? Die Arbeiten sind notwendig und irgendwann muss es gemacht werden”, berichtet Reichart überraschend gefasst am Telefon. Sie habe aber tolle Unterstützung erfahren in ihrer im wahrsten Sinne “aussichtslosen Lage”. Nach dem Motto – wenn ihr nicht zu mir kommt, komme ich zu euch – hat sie jetzt einen Blumenverkaufsstand im Garten des Palu Stores in Dürnbach. Wie es dazu kam?
Silvia Greiter vom Palu Store hatte die Idee, einfach mit den Blumen vor an die Dürnbacher Straße zu kommen.
Wie Reichhart weiter berichtet, sei dann alles sehr schnell gegangen. Die Gemeinde habe die Pläne unterstützt und eine kleine Hütte zur Verfügung gestellt. Der Eigentümer des Grundstücks hatte auch nichts gegen die Nutzung seines Gartens als Platz für den „PopUp Blumenshop“. Ganz im Gegenteil, wie die Maklerin Regina Beilhack aus Bad Wiessee, die für den Besitzer tätig ist, berichtet: “Das war ein Anruf. Der Eigentümer hat natürlich gern ausgeholfen. Normal in einer Gemeinde, oder?”
Staus sind ärgerlich, aber alternativlos
Apropos Gemeinde. Im Gmunder Rathaus will man derzeit das Wort “Baustelle” gar nicht mehr hören. Zu viel Ärger haben die vielen Baumaßnahmen im Gemeindegebiet in den letzten Monaten mit sich gebracht. Trotzdem reagiert Gemeindechef Ruml auch heute auf Nachfrage gewohnt gelassen:
Ich mag auch keinen Stau. Doch mei – es muss einfach gemacht werden. Wir bitten alle Bürger, Gäste und Talbewohner um Verständnis für die teils gravierenden Beeinträchtigungen rund um die Gemeinde Gmund.
Doch, und das macht Ruml auch unmissverständlich deutlich, eine Alternative zu den Maßnahmen gibt es nicht. “Wir entschärfen in Finsterwald einen Unfallschwerpunkt und ermöglichen mit der Ampel eine sichere Querungsmöglichkeit an der Einmündung zur Dürnbacher Straße.” Auch der Umbau der Bushaltestelle führe zu mehr Sicherheit für alle Verkehrsteilnehmer.
Ruml aber hofft, dass in knapp sechs Wochen die Bauarbeiten in Finsterwald abgeschlossen werden können. Denn am 22. August rückt zusätzlich noch das Staatliche Bauamt Rosenheim an und sperrt die komplette Kaltenbrunner Straße. Bis Oktober heißt es in Gmund also weiter: Geduld haben und genug Zeit einplanen.
Oder wie ein Arbeiter heute Nachmittag auf der Baustelle in Finsterwald pragmatisch feststellte: „Mei, es gibt hoid imma no gnua Leid, de moanan, dass do no durchkeman, weil‘s Navi des sogt. De merkn‘s dann scho, wenn‘s doch umdrahn und si in Stau stelln miassn.“
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