Jetzt ist Ilse Aigner an der Reihe. Nach vier Jahren in der Bundesregierung will sie für die CSU wieder zurück auf Landesebene. Für viele ein Sprungbrett – möglicherweise für die Nachfolge Horst Seehofers.
Tegernseer Stimme: Guten Tag, Frau Aigner, warum gehen Sie von der Bundes- wieder zurück auf die Landesebene?
Ilse Aigner: In Oberbayern haben uns bei der letzten Wahl Identifikationsfiguren gefehlt. Ich hoffe, dass wir das Ergebnis in diesem Jahr verbessern können. Und dazu will ich meinen Beitrag leisten.
Tegernseer Stimme: Sie gelten in den Medien oft als Kronprinzessin Horst Seehofers – wollen Sie eines Tages Ministerpräsidentin werden?
Ilse Aigner: Momentan ist für die CSU entscheidend, dass wir in der Regierung bleiben. Ich will immer an der Stelle, an der ich gerade bin, die beste Arbeit leisten.
Tegernseer Stimme: Kennen Sie Ihre Konkurrenten um die Direktstimme persönlich?
Ilse Aigner: Einzelne Kandidaten habe ich bereits bei Veranstaltungen und bei Infoständen kennengelernt. Grundsätzlich ist es bei all dem Wettbewerb immer wichtig, dass alle fair miteinander umgehen. Ich denke, das haben wir alle zusammen auch so gehandhabt.
“Die Turnhalle ist nur eine Notlösung”
Tegernseer Stimme: Seit knapp zwei Wochen sind in der Miesbacher Turnhalle Asylbewerber untergebracht. Haben Sie sich vor Ort schon ein Bild von der Situation gemacht?
Ilse Aigner: Nein, und das wird auch vor der Wahl nicht passieren. Ich will dieses Thema aus dem Wahlkampf raushalten, dafür ist es viel zu wichtig. Wir müssen mit den Flüchtlingen Solidarität zeigen und sie gut in das Umfeld integrieren.
Tegernseer Stimme: Ist die Turnhalle Ihrer Meinung nach die beste aller Lösungen?
Ilse Aigner: Nein, mit Sicherheit nicht. Es gibt momentan eben keine andere Möglichkeit, jetzt ist man dabei, nach anderen und besseren Unterbringungsmöglichkeiten zu suchen.
Tegernseer Stimme: Der Landkreis hat das Ziel, bis 2035 energieautark zu sein. Ist das überhaupt zu schaffen?
Ilse Aigner: Wir arbeiten hier alle zusammen. Zum einen gibt es die Energiewende Oberland, und zum anderen müssen wir auch auf der Bundesebene unsere Hausaufgaben machen und das Gesetz für Erneuerbare Energie neu auflegen. Dann muss man sehen, welche Methoden der Energiegewinnung vor Ort sinnvoll sind.
Tegernseer Stimme: Welche Möglichkeiten fallen Ihnen für das Tegernseer Tal ein?
Ilse Aigner: Natürlich spielen Holz und Biomasse eine große Rolle. Zudem ist die beste Energie diejenige, die erst gar nicht verbraucht wird. Insofern müssen wir noch stärker auf die energetische Sanierung von Gebäuden setzen.
Tegernseer Stimme: Wie kann man die Gemeinden an diesem Punkt noch besser ins Boot holen?
Ilse Aigner: Das Erneuerbare-Energien-Gesetz wird gerade auf Bundesebene verhandelt, auch hier werden schon viele regionale Stimmen gesammelt. Wenn es dann an die konkrete Umsetzung geht, müssen sich die Energiewende Oberland und die einzelnen Gemeinden natürlich so eng wie möglich abstimmen.
Redebedarf in Sachen Tourismusfusion
Tegernseer Stimme: Auch die geplante Fusion von TTT und ATS zu einer gemeinsamen landkreisweiten Tourismusorganisation wird derzeit sehr kontrovers diskutiert. Warum ist ein solcher Zusammenschluss aus Ihrer Sicht sinnvoll?
Ilse Aigner: Es ist sehr sinnvoll, die Kräfte zu bündeln, um gemeinsam eine höhere Schlagkraft zu erreichen. Dabei müssen aber natürlich alle betroffenen Kommunen in den Entscheidungsprozess mit eingebunden werden.
Tegernseer Stimme: Wie fatal wäre ein negatives Votum, beispielsweise durch den Schlierseer Gemeinderat?
Ilse Aigner: Ich denke, hier gibt es noch Redebedarf. Die Verantwortlichen müssen auch die Ängste der Schlierseer ernst nehmen und eine gemeinsame Lösung finden. Ich weiß, dass es schwierig ist, und viele Gemeinden denken, dass sie alleine vielleicht stärker sind. Es ist aber wichtig, dass man sich über die Re
gionen hinweg koordiniert und nicht jeder alles für sich macht.
Tegernseer Stimme: Hätte man die Gemeinderäte nicht schon im Vorfeld besser über die genauen Strukturen der neuen ATS informieren sollen?
Keine Gemeinde wird ihre Wünsche zu 100 Prozent durchsetzen können.
Ilse Aigner: Die grundsätzliche Bereitschaft für eine Fusion ist ja weitgehend vorhanden. Darüber hinaus halte ich es für ganz normal, dass die Gemeinderäte auch das finanzielle Wohl ihrer Kommune im Blick haben. Daher müssen die Verantwortlichen, wenn es um die Detailbeschlüsse geht, ganz klar aufzeigen, wie die Strukturen zukünftig aussehen werden. Die Wahrscheinlichkeit, dass jeder seine Wünsche zu 100 Prozent durchsetzen kann, ist mit Sicherheit unrealistisch. Man muss vielmehr sehen, wo die größten Schnittmengen sind.
Tegernseer Stimme: Der Tegernsee ist eine der teuersten “Wohngegenden” Deutschlands. Was muss passieren, dass die Menschen es sich auch weiterhin leisten können, hier zu wohnen?
Ilse Aigner: Wir haben erfolgreich dafür gekämpft, dass Einheimischenprogramme auch nach europäischem Recht weiterhin zulässig sind. Zudem braucht man natürlich auch einen Baugrund, um ein solches Programm auch umsetzen zu können. Die Rahmenbedingungen dafür muss aber jede Gemeinde für sich schaffen. Ich werde ein Einheimischenprogramm immer unterstützen.
Kundenzufriedenheit als oberstes Gebot der BOB
Tegernseer Stimme: Die Führungsspitze der Bayerischen Oberlandbahn wird nun zum zweiten Mal innerhalb eines Jahres wechseln. Würden Sie sich hier mehr personelle Kontinuität wünschen?
Ilse Aigner: Ich denke, eine Kontinuität ist bei den öffentlichen Verkehrsmitteln immer zu begrüßen. Die Menschen gewöhnen sich an einen Ansprechpartner. Mit Heino Seeger sind wir lange Zeit gut gefahren, er hatte auch das Vertrauen der Kunden. Im Landkreis Miesbach hätten sich wohl die meisten Menschen gewünscht, dass Herr Seeger auch weiterhin an der Spitze der Bayerischen Oberlandbahn geblieben wäre. Man muss aber nun auch dem Nachfolger seines Nachfolgers eine faire Chance geben.
Tegernseer Stimme: Die BOB schneidet in Sachen Kundenzufriedenheit im aktuellen Qualitätsranking relativ schlecht ab. Auch die Preispolitik kommt nicht gut an. Wie beurteilen Sie diese Aussagen der Kunden?
Ilse Aigner: Die Kundennähe ist der grundsätzliche Auftrag, den die Bayerische Oberlandbahn zu erfüllen hat. Daran muss man stetig arbeiten. Die Preiserhöhungen ergeben sich natürlich auch aus den gestiegenen Kosten für Energie und Personal. Daher wird es auch in Zukunft moderate Preiserhöhungen geben müssen.
Der Tegernsee als Rückhaltebecken?
Tegernseer Stimme: Anfang Juni hatten wir im Tegernseer Tal eines der schlimmsten Hochwasser in den letzten 50 Jahren. Was muss passieren, dass wir zukünftig noch besser vor den Auswirkungen einer solchen Flut geschützt werden? Wird der Tegernsee zum Rückhaltebecken?
Ilse Aigner: Ich denke, jede Gemeinde muss ihren Beitrag zum Hochwasserschutz leisten. Ich kann die Befürchtungen der Bürger im Tegernseer Tal verstehen. Der Tegernsee kann nur als Rückhaltebecken fungieren, wenn man das Wasser im Vorfeld im ausreichenden Maße abgesenkt hat. Das wird sicherlich auch nur bei extremen Hochwasserereignissen relevant sein. Hier müssen die Behörden den Bewohnern die Ängste nehmen und ihnen auch die technischen Möglichkeiten noch besser erklären. Gerade da herrscht meines Erachtens noch Nachholbedarf.
Tegernseer Stimme: Lassen Sie uns zum Abschluss noch mal auf die anstehende Landtagswahl blicken. Mit welchem Ergebnis wären Sie ganz persönlich zufrieden?
Ilse Aigner: Wir wollen ein besseres Ergebnis einfahren wie beim letzten Mal. Dazu will auch ich persönlich beitragen. Zahlen zu nennen, ist aber immer auch Kaffeesatzleserei. Am Sonntag gegen 18 Uhr werden wir mehr wissen.
Tegernseer Stimme: Warum sollen die Erstwähler zur Wahl gehen?
Ilse Aigner: Ein Wahlrecht ist keine Selbstverständlichkeit. In vielen Ländern gibt es noch immer keine freien Wahlen. Auch wir Politiker in Deutschland müssen aber versuchen, wieder mehr junge Menschen für Politik zu begeistern, und komplizierte Sachverhalte verständlich wiedergeben. Dann werden sich auch mehr junge Wähler für Politik und Wahlen interessieren.
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