Tourismus-Fusion vor dem Aus

Der politische Druck der letzten Wochen hat am Ende nichts gebracht. Nachdem der Schlierseer Gemeinderat bereits am 16. Juli eine neue touristische Dachorganisation nicht uneingeschränkt befürworten wollte, gab es gestern Abend einen erheblichen Dämpfer für den Zusammenschluss.

Mit einem klaren Votum besiegelten die Räte das vorläufige Aus für das Vorhaben eine “ATS neu” auf den Weg zu bringen. Damit ist Schliersee die einzige der landkreisweit 17 Gemeinden, die die Fusion ablehnt.

Im Schlierseer Rathaus wurde gestern Abend die Fusion der beiden Tourismusorganisationen abgelehnt.
Im Schlierseer Rathaus wurde gestern Abend die Fusion der beiden Tourismusorganisationen abgelehnt.

Diskussions-, aber nicht emotionslos ging es gestern Abend in der Schlierseer Gemeinderatssitzung zu. Rund 15 Minuten brauchte Bürgermeister Franz Schnitzenbaumer, um die knapp dreijährige Geschichte von Beratungen und Beschlüssen im Rahmen der geplanten Fusion der beiden Tourismusorganisationen darzustellen.

Anzeige

Bereits am 14. Dezember 2010, so Schnitzenbaumer, habe man sich im Gemeinderat mit dem Thema zum ersten Mal beschäftigt und ein erweitertes Budget zurückgestellt. Am 16. Juli dieses Jahres dann der erste Rückschlag: zwar stimmte der Gemeinderat für die Zusammenlegung der Marketing- und Vertriebsstrukturen. Über eine Gesamtfusion wollte man jedoch erst nach Prüfung von Alternativen beraten.

Der Schlierseer Sonderweg hätte eine kleinere Lösung oder einen stufenweisen Zusammenschluss zur Folge gehabt. Alles Optionen, über die laut Schnitzenbaumer während der Sommermonate im Hintergrund intensiv diskutiert wurde. Trotzdem sei spätestens nach dem 20. August klar gewesen, dass es keine Alternative zu dem auf den Weg gebrachten Beschluss geben könne. Auch Schliersee musste sich wie alle anderen 16 Gemeinden entscheiden.

Alle Gemeinden müssen Ja sagen

Denn nur wenn sich alle Kommunen im Landkreis für die Fusion aussprechen, ist diese bis zum angepeilten Termin, dem 1. Januar 2014, auch umsetzbar. Die Entscheidung darüber verlief dabei in zwei Stufen: im Juni und Juli standen die Grundsatzbeschlüsse an. In einem zweiten Schritt hätte es dann im Herbst um die Details gehen sollen.

„Nur mit einer gemeinsamen Organisation können wir langfristig unsere Wettbewerbsfähigkeit sichern und gezielt Marketing betreiben“, betonten Georg Overs und Harald Gmeiner regelmäßig.

Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs werben im gesamten Landkreis für die neue Tourismusdachorganisation. Gerade was die Kostenverteilung betrifft, müssen sie besondere Überzeugungsarbeit leisten.
Die Verantwortlichen Cornelius Obier, Harald Gmeiner und Georg Overs warben in den vergangen Monaten im gesamten Landkreis für die neue Tourismusdachorganisation / Quelle: Archiv

Die bereits befragten Gemeinderäte im Landkreis folgten dabei mehrheitlich den Argumenten der Verantwortlichen und sprachen sich im Grundsatz für eine Zusammenführung der touristischen Strukturen aus. Nichtsdestotrotz gab es auch in anderen Orten hitzige Debatten und relativ knappe Ergebnisse. So sah vor allem der Rottacher und der Kreuther Gemeinderat die Kostenverteilung, Ausrichtung und den Zeitplan kritisch – stimmte aber grundsätzlich dafür.

Schliersee entscheidet mit großer Mehrheit

Doch die Schlierseer sehen das anders. Zwar hatte man noch in einer letzten Klausur am vergangenen Donnerstag versucht, offene Fragen auszuräumen, und sich umfassend mit den Chancen einer Zusammenführung auseinandergesetzt. Vor allem das professionell betriebene Onlinemarketing und eine nachhaltige Produktentwicklung nannte Schnitzenbaumer in diesem Zusammenhang.

Doch die Risiken blieben für die Räte übermächtig. Vor allem die horrenden Personalkosten, die bei zukünftig 61 Vollzeitstellen den größten Teil des Marketingbudgets verschlingen, sind es, die die Schlierseer unter anderem beschäftigten. Laut Schnitzenbaumer hätte man sich für die Zukunft eine schlankere Organisation von 10 bis 15 Personen in der Zentrale gewünscht. Und auch die Mehrkosten, die für die Gemeinde bei insgesamt 125.000 Euro pro Jahr liegen sollen, waren ein wichtiges Argument gegen die Fusion.

Ohne Diskussion stimmte der Gemeinderat mit 19 zu 1 Stimmen gegen den Beschlussvorschlag. Laut Schnitzenbaumer eine “schwierige Entscheidung, die Schwieriges nach sich ziehen wird”. Doch es habe einfach Dinge gegeben, die für Schliersee nur schwer kalkulierbar gewesen seien. Der Bürgermeister nannte in diesem Zusammenhang beispielsweise vertragliche Themen bei den touristischen Angestellten der Gemeinde. Einige von ihnen hätten einem neuen Vertrag bei der geplanten GmbH nicht zugestimmt. “Die aus den personellen Fragen resultierenden Risiken konnten wir nicht tragen.”

Kein Plan B

Und auch wenn Schnitzenbaumer in seiner Erklärung betonte, dass sich jeder Schlierseer Gemeinderat schwer getan habe mit der Entscheidung und die Gemeinde immer noch zu einer zentralen Organisation stehe, bedeutet die Abstimmung laut ATS-Geschäftsführer Harald Gmeiner einen herben Rückschlag.

In einer ersten Stellungnahme nach der Sitzung erklärte Gmeiner, der ebenfalls in Schliersee anwesend war, dass man keinen Plan B in der Schublade habe. Man werde nun in der heutigen Vorstandssitzung beraten und dann in den kommenden Wochen über die weitere Vorgehensweise entscheiden. Ob das Nein der Schlierseer gleichzeitig auch das endgültige Aus für die Fusion bedeutet, konnte der ATS-Chef gestern Abend nicht sagen.

Die Enttäuschung und auch eine gewisse Überraschung über den Beschluss waren ihm jedoch anzusehen. “Wir hatten schon gehofft, dass sich der Schlierseer Gemeinderat seiner Verantwortung bewusst ist. Das müssen wir nun erst mal sacken lassen.”

SOCIAL MEDIA SEITEN

Anzeige
Aktuelles Allgemein

Diskutieren Sie mit uns
Melden Sie sich an und teilen Sie
Ihre Meinung.
Wählen Sie dazu unten den Button
„Kommentare anzeigen“ aus

banner