Hotelprojekt stellt thermische Energienutzung in Bad Wiessee vor
Ist der See unsere Energielösung?

Der Tegernsee als Kraftwerk für alle Anlieger. Eine irre Idee? Am Freitag stellten Macher des Wiesseer Hotelprojekts “Seegut” in Bad Wiessee ihre neuen Ideen zur Energieversorgung vor.

Drei Männer von der Energiequelle. Von Links: Eric Heppt, Vertreter des Projekts „Seegut“, Robert Kühn, BM Bad Wiessee und Wolfgang Spiegl. / Quelle: Martin Calsow

Erich Heppt hat keine leichte Aufgabe. Er ist der Macher des größten Hotelprojekts im Tal: dem Seegut. Die Hotelanlage im hochpreisigen Segment soll mit 25 Einzelgebäuden auf 38.000 Quadratmetern den Baustellenort Bad Wiessee aus dem Kur-Koma katapultieren. 85 Zimmer und Suiten, Dorfladen, Restaurantbetrieb – das übliche Besteck für das hochpreisige Tourismus-Menü. Es wird gigantisch. Allein für den Bau der Tiefgarage veranschlagt Heppt das gesamte Jahr 2024. Fertig will er spätestens 2028 sein. Es soll eine lockere Bebauung werden. Kein Überfahrt-Klotz für Russen, Araber und Autohausbesitzer, der nach Jahren noch immer unangenehm auffällt.

Gewöhnlich ist der Bau aber nicht. Denn Heppt hat Besuch mitgebracht: Wolfgang Spiegl vom gleichnamigen Ingenieursbüro aus München stellte seine Ideen einer innovativen Energieversorgung vor:

Wir entnehmen über lange Rohre Wasser aus dem angrenzenden See, leiten ihn an einem Wärmetauscher und führen danach das Wasser zurück in den See.” Damit kann Wärme und Kälte erzeugt werden.

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Wolfgang Spiegl, Ingenieurbüro Spiegl

Wir kennen das Prinzip von der Luft/Wärme-Pumpe in Privathaushalten. Nur wird hier Wasser statt Außenluft genutzt. Das Element aus dem See wird nicht verschmutzt. Die zugeführte Wärmesteigerung beim Rückfluss in den See ist marginal, Spiegl spricht von maximal drei Grad in den Sommermonaten.

Mehr noch: Bei der Machbarkeitsuntersuchung habe das Ingenieurbüro Spiegl mit Partnern aus der Schweiz die Möglichkeit für eine talweite Energieversorgung durch dieses Prinzip erforscht. Das Ergebnis spricht für sich. Mit entsprechenden Investitionen (Fernwärmeverbindung etc.) ließen sich alle Anlieger im Tal aus dem See versorgen. Vorteile: CO₂-neutral, von seltsamen Gasexporteuren mit Kriegslust unabhängig und langfristig kostengünstiger.

Da leuchten auch die Augen des anwesenden Bürgermeisters Robert Kühn. Der hatte die Herrschaften von Seegut am Abend zuvor schon im nicht-öffentlichen Teil der Gemeinderatssitzung erleben dürfen. Auch dort stieß die Idee auf wohlwollende Zustimmung. “Von dieser zukunftsweisenden Lösung ist unser Gemeinderat begeistert.” Er sei glücklich, “dass eine so innovative Lösung in Deutschland erstmals in unserer Gemeinde umgesetzt wird.” Kühn hatte schon den letzten Monaten auf erneuerbare Energie gesetzt. Die Gemeinde fördert massiv den privaten Ausbau von PV-Anlagen, will möglichst schnell Co2-neutral werden.

Aber wie läuft diese Anlage konkret?

An der nördlichen Seite der Seepromenade wird das Seewasser aus einer Tiefe von rund 38 Meter entnommen. Die Ansaugstelle ist 370 Meter vom Ufer entfernt. Wird der gemeine Hecht oder Hobbytaucher da nicht in Stücke gerissen? Mitnichten, beruhigen die Experten. Die Ansauggeschwindigkeit sei so gering, dass nichts passieren könne. Aber diese Luft/Wärme-Pumpen brummen doch so, nerven gern Nachbarn. Ist das hier auch der Fall? Die Anlage sei leise, habe keinerlei Emissionen. Fauna und Flora werden nicht beeinträchtigt.

In der Schweiz sei das alles schon Alltag, so Experte Schiebelbein, der extra aus dem Nachbarland gekommen ist und seine Erfahrungen mit dem neuen Energieprinzip zu erklären. Ob Genf, Luzern oder Zürich – überall nutzen die Eidgenossen schon seit 20 Jahren dieses Verfahre, um ihren Bürgern günstige und saubere Energie zur Verfügung zu stellen. Meist sind es die lokalen Energieversorger, die diese Anlage bauen lassen und führen. “Warum diese erprobte Technik, für die es in unseren Nachbarländern zwischenzeitlich jahrelange Erfahrungswerte gibt, in Deutschland bisher nicht eingesetzt wird, wissen wir nicht”, sagt Spiegel. Erinnert dann aber an Deutschlands lange Liebe zu fremden Gasversorgern.

Er sagt aber auch, dass die Anfangsinvestitionen hoch sind, sie sich über die Laufzeit und den steigenden Energiekosten aber recht schnell rechnen würden. Der benötigte Strom für die Anlage soll über Photovoltaikanlagen auf den Dächern des Hotels kommen. Sollte die Anlage wegen Wartungsarbeiten oder eines Fehlers ausfallen, habe man noch als Redundanz ein Blockheizkraftwerk. Der Eigentümer geht damit einen kraftvollen und modernen Weg der ökologischen Energieversorgung. Sie könnte für das gesamte Tal eine Alternative sein: kostengünstig und CO₂-neutral. Unsere Energie liegt vor der Haustür. Es ist unser Tegernsee.

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